Leitsatz (amtlich)

Die einstweilige Verfügung nach §§ 935, 940 ZPO in Unterhaltssachen (sog. Leistungsverfügung) ist auf Grund der Neuregelung in § 644 ZPO auf Fälle beschränkt, in welchen das gleichzeitige Anhängigmachen der Hauptsache nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Der Antrag auf einstweilige Verfügung muß daher Ausführungen dazu enthalten, warum die Hauptsache noch nicht geltend gemacht werden kann.

 

Normenkette

ZPO §§ 935, 940, 644

 

Verfahrensgang

AG Regensburg (Beschluss vom 02.07.1998; Aktenzeichen 4 F 730/98)

 

Tenor

I. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts – Familiengericht – Regensburg vom 2.7.1998 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Rechtsmittels.

III. Der Beschwerdewert beträgt 7.878,– DM.

 

Tatbestand

I.

Die Parteien sind seit 1.1.1998 getrenntlebende Eheleute. Die Antragstellerin ist mit dem am … geborenen gemeinschaftlichen Kind J. aus der Ehewohnung ausgezogen und hat eine bis dahin ausgeübte Teilzeitbeschäftigung aufgegeben. Sie hat nun kein Einkommen.

Die Antragstellerin begehrt im Wege der einstweiligen Verfügung Unterhalt. Ihre Arbeit habe sie wegen der Betreuung des Kindes, welche während des Zusammenlebens die im selben Haus wohnenden Eltern des Antragsgegners übernommen hätten, aufgegeben. Der Ehemann habe laut vorgerichtlich erteilter Auskunft ein Nettoeinkommen von 3.200,– DM. Kindesunterhalt habe der Ehemann in Höhe von 239,– DM anerkannt, die Zahlung von Ehegattenunterhalt jedoch verweigert.

Da sie über keinerlei Einkünfte aus Vermögen verfüge und ihr Antrag auf Bezug von Sozialhilfe wegen angeblicher Nichtbeibringung von Unterlagen abgelehnt worden sei, begehrte die Antragstellerin im Wege der einstweiligen Verfügung einen Trennungsunterhalt von 1.313,– DM ab 1.7.1998 für die Dauer von sechs Monaten.

Das Amtsgericht – Familiengericht – Regensburg hat mit Beschluß vom 2.7.1998 den Antrag der Antragstellerin auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen und die für diesen Antrag begehrte Prozeßkostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussicht verweigert.

Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, ein Verfügungsgrund sei nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Durch die Beibringung der vom Sozialamt geforderten Unterlagen könne die Antragstellerin Sozialhilfe erhalten und damit ihre Notlage abwenden.

Gegen diesen Beschluß wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde vom 13.7.1998 mit dem Antrag, die beantragte Prozeßkostenhilfe zu bewilligen und die beantragte einstweilige Verfügung zu erlassen.

Die Antragstellerin begründet das Rechtsmittel damit, daß das Amtsgericht den Verfügungsgrund zu Unrecht verneint habe. Entscheidend sei, daß die Antragstellerin Sozialhilfe nicht erhalten habe. Im übrigen wird auf den Beschwerdeschriftsatz vom 13.7.1998 verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die gegen die Versagung von Prozeßkostenhilfe und die ablehnende Entscheidung über die beantragte einstweilige Verfügung gerichteten Rechtsbehelfe sind als Beschwerde gemäß §§ 127 Abs. 2 Satz 2 und gemäß § 567 ZPO zulässig. Die Beschwerde ist jedoch in der Sache nicht begründet.

Da der Antragstellerin Sozialhilfe verweigert wurde, konnte die Zulässigkeit der einstweiligen Verfügung wegen Fehlens eines Verfügungsgrundes gemäß §§ 935, 940 ZPO nicht verneint werden (vgl. OLG Nürnberg, FamRZ 1995, S. 184; OLG Bamberg, FamRZ 1995, S, 623 m.w.Nachw.; Zöller-Vollkommer, ZPO, 20. Auflage, § 940 Rdnr. 8 Unterhaltsrechts c)). Auch konnte der Erlaß der einstweiligen Verfügung nicht mit der vom Amtsgericht gewählten Begründung versagt werden, daß die Antragstellerin die Möglichkeit habe, durch ein Nachreichen der von der Sozialbehörde geforderten Angaben Sozialhilfe zu erhalten und deshalb ein Verfügungsgrund fehle. Ob die Antragstellerin letztendlich Sozialhilfe erhält, ist in dem Unterhaltsverfahren nicht überprüfbar. Der Verfügungsgrund der Notlage besteht jedoch, wenn der Unterhaltsbedarf nicht gesichert ist. Der Verfügungsgrund kann daher, zumal Sozialhilfe nur subsidiär gewährt wird, wenn materiellrechtliche Unterhaltsansprüche nicht bestehen oder beigetrieben werden können, nicht verneint werden, solange der Notbedarf nicht gedeckt ist.

Die einstweilige Verfügung ist jedoch infolge der Neuregelung des Kindschaftsreformgesetzes ab 1.7.1998 nicht mehr zulässig. Dieses geänderte Verfahrensrecht ist auch auf den wenige Tage vor Inkrafttreten des Gesetzes gestellten Antrag anzuwenden (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, 20. Auflage, § 300 Rn. 3). § 644 ZPO eröffnet eine einfachere Form des einstweiligen Rechtsschutzes, wenn das Anhängigmachen der Hauptsache möglich und zumutbar ist. In diesen Fällen entfällt die Berechtigung für die sog. Leistungsverfügung des § 940 ZPO, welche eine Vorwegnahme der Hauptsache beinhaltet und daher auf Ausnahmefälle zu beschränken ist (vgl. Knittel, Das neue Kindesunterhaltsrecht, Der Amtsvormund 1998, S. 191, ferner Schumacher-Grün, Das neue Unterhaltsrecht minderjähriger Kinder, FamRZ 1998, S. 795). Der Antrag nach §§ 935, 94...

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