Leitsatz (amtlich)

Wird der Prozessbevollmächtigte erstmals nach Erlass eines Vollstreckungsbescheids im Mahnverfahren mit der Sache befasst und beantragt er in dem im nachfolgenden streitigen Verfahren anberaumten Einspruchstermin den Erlass eines zweiten Versäumnisurteils, so fällt hierfür nur eine 0,5-Terminsgebühr nach Nr. 3105 RVG-VV an.

 

Normenkette

RVG § 2 Abs. 2 Satz. 1; RVG-VV Nrn. 3104-3105

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 08.04.2008; Aktenzeichen 3 O 445/08)

 

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 8.4.2008 (Az.: 3 O 445/03) wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 288,40 EUR festgestellt.

 

Gründe

I. Die - in diesem Verfahrensstadium anwaltlich noch nicht vertretene - Klägerin hatte am 2.1.2008 einen Vollstreckungsbescheid gegen den Beklagten erwirkt. Nachdem dieser hiergegen Einspruch eingelegt hatte, das Verfahren an das LG Nürnberg-Fürth als Streitgericht abgegeben worden war und die Klägerin einen Rechtsanwalt mandatiert hatte, fand am 31.3.2008 Termin zur mündlichen Verhandlung statt. In diesem Termin erging ein - rechtskräftig gewordenes - zweites Versäumnisurteil, durch das der Einspruch des Beklagten verworfen und ihm die weiteren Kosten des Rechtsstreits auferlegt wurden.

Mit Antrag vom 1.4.2008, berichtigt mit Schriftsatz vom 8.4.2008, begehrte die Klägerin Kostenfestsetzung. Unter anderem wurde hierbei die Festsetzung einer 1,2-Terminsgebühr gem. Nr. 3104 RVG-VV beantragt.

Der Rechtspfleger des LG Nürnberg-Fürth hat mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 8.4.2008 diesem Antrag insoweit nicht entsprochen, als lediglich eine 0,5-Terminsgebühr gem. Nr. 3105 RVG-VV festgesetzt wurde. Gegen diesen, der Klagepartei am 16.4.2008 zugestellten Beschluss richtet sich die am 29.4.2008 bei Gericht eingegangene Beschwerde.

Mit Beschluss vom 29.5.2008 hat das LG Nürnberg-Fürth der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.1. Die sofortige Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss ist statthaft (§ 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO) und auch sonst zulässig. Der Beschwerdewert gem. § 567 Abs. 2 ZPO ist erreicht, die Beschwerdefrist von 2 Wochen (§ 569 Abs. 1 ZPO) ist gewahrt.

2. Die sofortige Beschwerde hat indes in der Sache keinen Erfolg.

a) Die Beschwerde rügt, ausgehend von der BGH-Rechtsprechung (Beschl. v. 7.6.2006 - VIII ZB 108/05, NJW 2006, 3430) sei die anwaltliche Terminsgebühr für die Vertretung der Klägerin im Termin vom 31.3.2008 mit einem Satz von 1,2 nach Nr. 3104 RVG-VV festzusetzen.

b) Mit der von der Beschwerde zitierten Entscheidung hat der BGH die Streitfrage, ob - wenn nach Erlass eines Versäumnisurteils und nach Einspruch durch den Gegner dieser im daraufhin anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung weder erschienen noch ordnungsgemäß vertreten ist und deshalb zweites Versäumnisurteil ergeht - gleichwohl die ermäßigte Terminsgebühr nach Nr. 3105 RVG-VV zu berechnen ist, auch wenn derselbe Prozessbevollmächtigte bereits das erste Versäumnisurteil erwirkt hat, oder ob hierfür die Terminsgebühr Nr. 3104 RVG-VV einschlägig ist, also ein Gebührensatz von 1,2 festzusetzen ist, in letzterem Sinne entschieden. Zwar sei der Wortlaut der Nr. 3105 RVG-VV insoweit nicht eindeutig. Dennoch spreche eine daran anknüpfende Auslegung für den Ansatz einer 1,2-Terminsgebühr; das Wort "nur" in Nr. 3105 RVG-VV wäre überflüssig und könnte gestrichen werden, wenn die Norm auch bei mehrmaligen Terminen einschlägig wäre. Auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift weise eher in diese Richtung. Zudem stelle die Gesetzesbegründung ausdrücklich fest, die verminderte Terminsgebühr nach Nr. 3105 trage dem in der Regel geringeren Aufwand des Rechtsanwalts in diesen Fallkonstellationen Rechnung. Die Vorbereitung und Präsenz in einem zweiten Termin zur mündlichen Verhandlung übersteige aber deutlich den von Nr. 3105 RVG-VV jedenfalls typischerweise unterstellten Arbeitsaufwand des Rechtsanwalts.

An dieser Rechtsprechung hat der BGH auch in der Folge festgehalten (Beschl. v. 18.7.2006 - XI ZB 41/05, NJW 2006, 2927; Beschl. v. 26.9.2006 - XI ZB 19/06, FamRZ 2006, 1836; Beschl. v. 24.1.2007 - IV ZB 21/06, NJW 2007, 1692).

c) Der streitgegenständliche Sachverhalt ist bereits deshalb nicht mit der Fallkonstellation vergleichbar, die der zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung zugrunde lag, da eine anwaltliche Vertretung der Klägerin im Mahnverfahren gerade nicht stattgefunden hat, die Klägerin vielmehr erst nach Erlass eines Vollstreckungsbescheids und Einspruchseinlegung des Beklagten hiergegen einen Anwalt mandatiert hat. Der anwaltliche Vertreter der Klägerin hat deshalb "nur" einen Termin wahrgenommen, nämlich denjenigen, in welchem zweites Versäumnisurteil erging.

Ein Vollstreckungsbescheid kann einem ersten Versäumnisurteil zudem auch aus einem weiteren Grund gebührenrechtlich nicht gleichgestellt werden, denn er gehört zu einer anderen Angelegenheit,...

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