Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Aktenzeichen 12 O 3426/16) |
Gründe
Hinweis gemäß § 522 Abs. 2 ZPO
Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 12.04.2017, Az. 12 O 3426/16, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Nimmt der Mandant den von ihm beauftragten Rechtsanwalt wegen Pflichtverletzung des Anwaltsvertrags auf Schadenersatz in Anspruch, hat er die Pflichtverletzung, den Schaden sowie den zwischen beiden bestehenden Kausal- und - grundsätzlich auch - den Zurechnungszusammenhang darzulegen und zu beweisen (vgl. D. Fischer in BeckOK/BGB, 48. Ed. 01.11.2018, § 675 Rn. 41 m.w.N.). Nichts anderes gilt für die Rechtsschutzversicherung des Mandanten, die einen auf sie gemäß § 86 VVG übergegangenen Anspruch gegen den Anwalt geltend macht.
Die Klägerin hat den Anspruch auf Schadenersatz in Höhe der von ihr aufgewendeten zweitinstanzlichen Verfahrenskosten im Verfahren vor dem OLG Nürnberg, Az.: 13 U 372/14 (fortan: Vorprozess), auf die Pflichtverletzung der nicht fristgerecht eingereichten Berufungsbegründung gestützt (1). Ergänzend hat sie vorgetragen, dass auch in der Einlegung der Berufung in Kenntnis ihrer Aussichtslosigkeit einen Anwaltsfehler liegt. Die Mandantin des Beklagten und Versicherungsnehmerin der Klägerin hätte die Berufung nicht eingelegt, hätte der Beklagte sie über die Aussichtslosigkeit der Berufung und den Umfang ihres Versicherungsschutzes aufgeklärt (2).
1. Der Beklagte hat, indem er im Vorprozess am letzten Tag der Berufungsbegründungsfrist die Berufungsbegründung nicht beim OLG Nürnberg, sondern beim LG Nürnberg- Fürth vorlegte, fahrlässig eine Pflicht aus dem Anwaltsvertrag verletzt. Die Weiterleitung des Schriftsatzes vom Landgericht an das Oberlandesgericht wahrte die Frist nicht mehr. Infolgedessen wurde die Berufung vom OLG Nürnberg als unzulässig verworfen.
Hierdurch wurde adäquat kausal der Schaden der Klägerin verursacht, der in der Tragung der eingeklagten zweitinstanzlichen Verfahrenskosten i.H.v. 12.288,91 EUR bestand.
Der Schaden wird dem Rechtsanwalt zugerechnet, wenn er bei pflichtgemäßer Erfüllung des Anwaltsvertrags ausgeblieben wäre, oder anders gewendet, der Schaden ist dem Anwalt nicht zurechenbar, wenn die Berufungsinstanz auch bei fristgerechter Einlegung der Berufungsbegründung aus anderen Gründen verloren gegangen wäre. Denn bei wertender Betrachtung kann der durch Anwaltsverschulden verursachte Verlust eines Rechtsstreits nicht als Schaden im Rechtssinne angesehen werden, wenn sich im Anwaltshaftungsprozess heraussteilt, dass die unterlegene Partei den Vorprozess materiell-rechtlich zu Recht verloren hat (vgl. BGH, Urteil vorn 02.07.1987 - IX ZR 94/86 -, NJW 1987, 3255); andernfalls stünde der im Vorprozess Unterlegene ungerechtfertigt besser als bei pflichtgemäßer Prozessführung (vgl. Fischer in Handbuch der Anwaltshaftung, 4. Aufl., § 5 Rn. 75 m.w.N.).
Insofern war, wie das Erstgericht zutreffend ausgeführt hat, der erstinstanzliche Beklagtenvortrag (Klageerwiderung, S. 10/11), nicht geeignet, eine wirkungsvolle Verteidigung gegen den Klageanspruch zu stützen. Denn gemäß diesem Vortrag, wie er durch die Berufungsbegründung (B6) und den Antrag auf Deckungszusage (B3) im Vorprozess näher belegt wurde, rechnete sich der Beklagte eine gewisse Chance auf den Sieg in der Berufungsinstanz aus; dazu hätte das Berufungsgericht, der Argumentation des Beklagten folgend, die Aussagen der erstinstanzlichen Zeugen anders würdigen müssen. Damit gab der Beklagte erstinstanzlich zu erkennen, dass er ein zusprechendes Berufungsurteil des OLG Nürnberg für möglich hielt. Das Erstgericht hat diesen Vortrag zu Recht als Argument gegen den Beklagten und für dessen antragsgemäße Verurteilung herangezogen.
Erstmals in der Berufungsbegründung (S. 4/5) hat der Beklagte argumentiert, dass ihm in der Berufungsinstanz des Vorprozesses keine weiteren Beweismittel zur Verfügung standen als diejenigen, die bereits in der ersten Instanz vorgebracht wurden. Demgemäß hatte er keine neuen Angriffsmittel gegen die erstinstanzliche Beweiswürdigung zur Hand. Dieser Vortrag ist, obwohl neu, in der Berufungsinstanz zu beachten, weil er unstreitig ist (vgl. Zöller/Heßler, ZPO, 32. Aufl., § 531 Rn. 20 m.w.N.). Der Senat versteht diese Ausführungen in der Berufungsbegründung dahin, dass auch der Beklagte nunmehr behaupten will, die Berufung sei von vornherein aussichtslos gewesen (wäre das nicht der Fall, wäre das Ersturteil schon nach dem Beklagtenvortrag richtig).
Damit läge auf der Grundlage des geänderten Vortrags nicht mehr die Konstellation vor, die dem erstinstanzlich herangezogenen...