Leitsatz (amtlich)
1. Eine Haftung des Notars kommt in Betracht, wenn er bei der Beurkundung der Übertragung eines Fondsanteils im Rahmen einer Scheidungsvereinbarung nicht ausdrücklich auf die Risiken einer noch nicht vollständig eingezahlten Komman-diteinlage hinweist.
2. Die Notarhaftung ist subsidiär ggü. der Haftung eines Steuerberaters und Rechtsbeistands, der die Vereinbarung vorbereitend entworfen hat, ohne seinerseits auf die Risiken hinzuweisen. Die Unentgeltlich keit dieser Tätigkeit schließt die Haftung nicht aus.
Normenkette
BNotO § 14 Abs. 1, § 19 Abs. 1 S. 2; BeurkG § 17 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 27.09.2007; Aktenzeichen 4 O 11496/06) |
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des LG Nürnberg-Fürth vom 27.9.2007 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch den Beklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht der Beklagte Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 49.103,14 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin macht gegen den beklagten Notar Schadensersatzansprüche wegen unzureichender Belehrung bei einer Beurkundung geltend.
Im Frühjahr 1992 trennten sich die Klägerin und ihr früherer Ehemann ... . Die Eheleute wollten sich einvernehmlich scheiden lassen und suchten zusammen mit dem Steuerberater und Rechtsbeistand ..., einem Freund der Familie, nach einer Lösung für einen Zugewinnausgleich der Klägerin. Das Ergebnis fasste der Steuerberater und Rechtsbeistand in den "Grundlagen für den - vor einem Notar - abzuschließenden Vergleich" (Anlage K2) zusammen. Darin ist festgehalten, dass der Ehemann der Klägerin dieser 300.000 DM zahlen sowie "seinen Kommanditanteil i.H.v. 200.000,00
DM (hiervon sind 100.000 DM eingezahlt) an der. KG Wert-Konzept Beteiligungs- und Verwaltungs GmbH & Co. "..." zum 1.1.1995" übertragen sollte. Diese "Vergleichsgrundlagen" wurden dem Beklagten vom Steuerberater und Rechtsbeistand am 26.10.1994 übergeben und von beiden gemeinsam besprochen. Mit Anschreiben vom 10.11.1994 (Anlage K5) übersandte der Beklagte den Entwurf der geplanten Scheidungsvereinbarung (Anlage K6) an die Eheleute ..., wobei er darauf hinwies, dass der Steuerberater eine Ablichtung des Schreibens samt Entwurf mit der Bitte um gefällige Kenntnisnahme und Durchsicht erhalte.
Am 23.11.1994 schlössen die Parteien vor dem Beklagten einen "Ehevertrag, Scheidungsvereinbarung und Überlassung". In Absatz XI des Vertrages verpflichtete sich gegenüber der Klägerin als Ausgleich für den etwa bestehenden Zugewinnausgleichsanspruch, den Verzicht auf Versorgungsausgleich, den Unterhaltsverzicht, die Übertragung des ½-Miteigentumsanteils am gemeinsamen Grundbesitz und die Übertragung eines - geringen - Guthabenanteils an einem Konto als Gegenleistungen - neben der Übernahme aller gemeinsamen Darlehensverbindlichkeiten - an die Klägerin einen baren Geldbetrag i.H.v. insgesamt 300.000 DM zu zahlen; gleichzeitig übertrug unter Nr. XI 3. an die Klägerin "zum Alleineigentum, seinen Kommanditanteil i.H.v. nominal 200.000 DM - zweihunderttausend Deutsche Mark -, hierauf eingezahlt 100.000 DM, an der Kommanditgesellschaft in Firma KG Wert-Konzept Beteiligungs- und Verwaltungs GmbH & Co. '... ' und zwar mit Wirkung zum 1.1.1995"; die Klägerin nahm diese Übertragung an.
Am 30.8.2005 wurde vom AG die vorläufige Insolvenzverwaltung über das Vermögen der Beteiligungsgesellschaft angeordnet (Anlage K9). Bereits mit Schreiben vom 16.8.2005 (Anlage K10) war die Klägerin von der bank AG - nach Abtretung der Ansprüche der Beteiligungsgesellschaft - aufgefordert worden, die restliche Kommanditeinlage i.H.v. 48.080,56 EUR einzuzahlen. Dieser Aufforderung kam die Klägerin genauso nach wie der Aufforderung vom 11.7.2006 (Anlage K13), Ausschüttungen i.H.v. insgesamt 1.022,58 EUR zurückzuführen.
Die Klägerin trägt vor, dass es der Beklagte pflichtwidrig versäumt habe, sie auf die Verpflichtung und das Risiko der Einzahlung der noch offenen Kommanditeinlage i.H.v. 100.000 DM (= 48.080,56 EUR) insbesondere auch im Fall einer Krise der Gesellschaft hinzuweisen. Ihr sei allenfalls die Gefahr bewusst gewesen, die bereits eingezahlten 100.000 DM zu verlieren. Wäre sie aufgeklärt worden, hätte sie mit ihrem damaligen Ehemann Vereinbarungen getroffen - wie die Bestellung von Sicherheiten oder Freistellungen, um sich vor dem Risiko zu schützen. Im Übrigen sei sie davon ausgegangen, dass die noch offene Einlage i.H.v. 100.000 DM durch entsprechende Gewinnausschüttungen nach und nach hätte erbracht werden können.
Schadensersatzansprüche gegen den Steuerberater und Rechtsbeistand hätten nie bestanden oder seien jedenfalls nicht durchsetzbar gewesen.
Dieser habe lediglich aus Gefälligkeit und ohne Auftrag zwischen ihr und ihre...