Leitsatz (amtlich)
›1. Der Kläger ist beschwert, wenn zwar im Ersturteil auf ein Schmerzensgeld in der Höhe seiner Vorstellungen erkannt worden ist, aber nach Verkündung dieses Urteils infolge einer Änderung der Rechtsprechung des BGH (VersR 1993, 327 = NJW 1993, 781) neue Beurteilungskriterien ein höheres Schmerzensgeld begründen können.
2. Ein Schmerzensgeld von 250000 DM und eine monatliche Schmerzensgeldrente von 600 DM sind gerechtfertigt, wenn infolge einer unfallbedingten hochgradigen Hirnschädigung die Persönlichkeit des 27jährigen Verletzten nahezu völlig zerstört, jedoch ein Minimum an gezielter Reaktionsfähigkeit vorhanden geblieben ist.
3. Zu den Anforderungen an einen Veranstalter von Fallschirmsprungausbildungen und den damit befaßten Sprunglehrer bei einem Erstsprung nach vierstündiger, unmittelbar vorhergehender theoretischer Unterweisung (Windverhältnisse, Landepunkt bei Gewässern im Absprungbereich, Rettungsvorkehrungen).‹
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger nimmt die Beklagten auf Schadensersatz und Schmerzensgeld in Anspruch. Er behauptet, diese hätten die Gesundheitsschäden und deren Folgen zu verantworten, die er anläßlich eines Fallschirmabsprungs am 22. September 1984 erlitten hat.
Die Beklagten bestreiten diese Verpflichtung.
Bezüglich des unstreitigen Sachverhalts, des Vortrags beider Parteien in erster Instanz und der dort gestellten Anträge wird auf die Seiten 5 mit 17 der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen (§ 543 Abs. 1 ZPO).
In Ergänzung zu Seite 9 des angefochtenen Urteils lautet Teil C des Bescheids der Regierung von Mittelfranken vom 20. Februar 1984 gegenüber dem Beklagten zu 2), bezüglich des Bereiches des Flugplatzes H.:
"Besondere Auflagen für den Sprungbetrieb auf dem Verkehrslandeplatz H.:
1. Der Sprungbetrieb für Schüler ist sofort einzustellen, wenn bei Winden in Richtung der Wasserflächen (M. und Baggerseen) 3 m/sek. Wind überschritten werden. Bei anderen Windrichtungen ist Schulbetrieb bis 5 m/sek. Wind zulässig. Der Wind ist am Boden in der Nähe des Landepunktes mittels eines Windmessers festzustellen.
2. Vor Beginn des Schulungsbetriebes ist aus einer Höhe von 700 m/Gnd eine bunte Windfahne zur Ermittlung der Windstärke und der Windrichtung in der Höhe über dem Landepunkt abzuwerfen. Wird der Schulungsbetrieb länger als 90 Minuten unterbrochen und sind am Boden andere Windverhältnisse als zuvor feststellbar, muß vor dem nächsten Absprung wieder eine Windfahne gesetzt werden. In jeder Absetzmaschine müssen vor dem Start mindestens 2 Windfahnen vorrätig sein.
3. Der Landepunkt für Sprungschüler ist ab sofort ca. 100 m nördlich des bisherigen Zielkreises anzulegen und mit einem roten Landekreis gut kenntlich zu machen. Ein Windsack nach den Richtlinien des Code Sportif muß in der Nähe des Landekreuzes aufgestellt werden. 2 rote Rauchpatronen müssen in der Nähe des Zielkreises deponiert werden, um im Falle einer Notsituation sofort den in der Luft befindlichen Springern und Piloten Sichtzeichen geben zu können.
4. Sprungschüler am geöffneten Fallschirm müssen bei Steuerfehlern durch ein Megaphon oder gut sichtbare optische Zeichen Steuerkorrekturen erhalten. Diese Korrekturen dürfen nur von Sprunglehrern oder ganz besonders erfahrenen Springern vorgenommen werden, die schriftlich vom Ausbildungsleiter und dem 1. Vorsitzenden dazu ermächtigt wurden.
5. Alle Anflüge zum Absetzen von Schülern sind über den Landepunkt gegen den Wind durchzuführen. Sprungschüler dürfen nur von Sprunglehrern oder sehr erfahrenen Springern abgesetzt werden, die vom Ausbildungsleiter und dem 1. Vorsitzenden des Vereins für diese Aufgabe freigegeben worden sind. Diese Freigabe muß im Sprungbuch des Absetzers eingetragen sein.
6. Befindet sich der Absetzpunkt aufgrund der Wetter- bzw. Windverhältnisse in der Nähe der Wasserflächen (M. u. Baggerseen), so ist dieser so zu bestimmen, daß im Falle einer Funktionsstörung des Hauptfallschirmes eine unbeabsichtigte Landung auf den Wasserflächen auszuschließen ist.
7. Während des Sprungbetriebes für Schüler müssen 2 Rettungsmannschaften bereitstehen. In jeder Mannschaft muß ein aktiver Springer sein. Je Mannschaft muß folgende Ausrüstung zur Verfügung stehen:
1 Motorfahrzeug (Pkw oder Bus)
1 aufgeblasenes Schlauchboot mit Zubehör
1 Rettungsring mit einer 15 m langen Leine
1 Rettungshaken an einer 15 m Leine
1 Verbandskasten mit vollständigen Inhalt für die erste Hilfe
Den Mitgliedern der Rettungsmannschaften müssen funktionsfähige Schwimmwesten zur Verfügung stehen, deren Handhabung ihnen bekannt ist.
Sämtliche Rettungseinrichtungen sind vor Aufnahme des Sprungbetriebes auf ihre Funktionsfähigkeit hin zu überprüfen.
8. Die Rettungsfahrzeuge müssen vor Aufnahme des Sprungbetriebes so aufgestellt werden, daß im Falle einer Notsituation diese auf dem kürzesten und schnellsten Weg an die Unfallstelle gelangen können.
9. Mindestens 1/4-Jährlich ist eine überraschende Rettungsübung durchzuführen. Datum und Ablauf dieser Übung ist schriftlich festzuhalte...