Verfahrensgang

LG Regensburg (Entscheidung vom 26.10.2006; Aktenzeichen 1 HKO 1284/06)

 

Tenor

  • I.

    Die Berufung des Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts Regensburg vom 26.10.2006 wird zurückgewiesen.

  • II.

    Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

  • III.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

A.

Die Klägerin macht gegen den Beklagten einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch geltend.

Der Beklagte ist als Rechtsanwalt Mitglied der Klägerin, der Rechtsanwaltskammer in Nürnberg. Er führt die Fachanwaltsbezeichnung "Fachanwalt für Arbeitsrecht" und "Fachanwalt für Strafrecht".

Im Branchentelefonbuch "Gelbe Seiten" 2006/2007 war folgender Eintrag vorhanden:

N.N.

Versicherungsrechtsspezialist*

*geprüfter Absolvent des Fachanwaltslehrganges für Versicherungsrecht d. Instituts für angewandtes Recht

Auch auf seinem anwaltlichen Briefkopf bezeichnet sich der Beklagte als "Versicherungsrechtsspezialist" mit dem gleich lautenden Sternchenzusatz wie in den "Gelben Seiten".

Die Klägerin hat in erster Instanz den Standpunkt vertreten, dass diese Bezeichnung aus drei Gründen irreführend sei:

Es bestehe Verwechslungsgefahr zwischen der in der BORA ausdrücklich vorgesehenen Bezeichnung "Fachanwalt für Versicherungsrecht" und der vom Beklagten selbst entwickelten Bezeichnung "Versicherungsrechtsspezialist". Bereits die Tatsache, dass der Beklagte zwei Fachanwaltschaftsqualifizierungen erworben habe, schließe es aus, dass er zusätzlich auch noch die Qualifikation als Spezialisten auf dem Gebiet des Versicherungsrechts erwerben könne. Ein echter Versicherungsrechtsspezialist müsse zudem über eine deutlich höhere Qualifikation als ein Fachanwalt für Versicherungsrecht verfügen. Eine solche habe der Beklagte jedoch nicht nachweisen können. Die im Sternchenzusatz genannte erfolgreiche Absolvierung des dort genannten Fachanwaltschaftslehrganges genüge dafür nicht.

Der Beklagte vertritt die Ansicht, aufgrund der Entscheidung des BVerfG vom 28.7.04, Az.: 1 BvR 159/04 wäre es verfassungswidrig, ihm das Recht abzusprechen, mit der Bezeichnung "Versicherungsspezialist" zu werben. Auch genüge zur Führung dieser Bezeichnung, eine geringere Qualifikation als die für die Bezeichnung eines Fachanwalts für Versicherungsrecht. Im Übrigen sehe § 7 Abs. 1 Satz 2 BORA nach ihrem Wortlaut die Bezeichnung "Spezialist" vor. Danach müssten zur Legitimierung dieses qualifizierenden Zusatzes theoretische Kenntnisse sowie eine praktische Tätigkeit im erheblichen Umfang vorliegen. Aus § 56 Abs. 1 S. 1 BRAO i.V.m. § 24 Abs. 2 BORA ergebe sich, dass es der Klägerin obliege, die entsprechenden qualifizierten Nachweise in theoretischer und praktischer Hinsicht zu benennen und dann von ihm anzufordern. Dies sei jedoch nicht erfolgt.

Das Erstgericht hat dem Klageantrag stattgegeben und sich im Wesentlichen der Argumentation der Klägerin angeschlossen: Aus der Entscheidung des BVerfG ergebe sich, dass es nicht möglich sei, sich wie der Beklagte als Versicherungsspezialist und zugleich als Fachanwalt für Strafrecht und Verkehrsrecht anzubieten. Im Übrigen liege auch in der Sache kein Spezialistentum vor, da die Angaben des Beklagten über seinen Tätigkeitsbereich keineswegs alle Fragen des Versicherungsrechts abdeckten. Wegen der weiteren Einzelheiten der Urteilsbegründung, der in erster Instanz gestellten Anträge sowie des genauen Verfahrensablaufs einschließlich des Erlasses des Versäumnisurteils wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Ersturteils Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat der Beklagte Berufung eingelegt. Er begründet diese wie folgt:

In erster Instanz hätte mangels wirksamer Zustellung der Klage gegen ihn niemals ein Versäumnisurteil ergehen dürfen.

Soweit das Landgericht unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BVerfG ausführe, dass Spezialistentum neben einer zweifachen Fachanwaltschaft ausscheide, sei diese Rechtsauffassung mittlerweile von der Rechtswirklichkeit, nämlich die Neufassung des § 7 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 BORA überholt. Mit dem Inkrafttreten des neuen § 7 BORA werde weit über die vom BVerfG in seiner Entscheidung dargestellten und vorgegebenen verfassungsrechtlichen Standards sowie dem damaligen Status quo hinausgegangen.

Das Landgericht wende das bestehende Recht auch falsch an, wenn es ausführe, dass in der Sache kein Spezialistentum vorliege. Es verkenne, dass es der Klägerin oblegen hätte, nach §§ 56 BRAO i.V.m. § 24 Abs. 2 BORA von ihm (Beklagten) Auskunft über seine theoretischen und praktischen Kenntnisse für das behauptete Spezialistentum zu verlangen. Auf diese Argumentation sei das Gericht überhaupt nicht eingegangen. Bis heute sei die Klägerin auch nicht ihrer Pflicht nachgekommen, darzulegen, welche Voraussetzungen tatsächlich erfüllt sein müssten, um sich ihrer Meinung nach berechtigter Weise als Spezialist zu bezeichnen. Auch in der Berufungserwiderung der Klägerin sei dies nicht erfolgt. Das Gericht hätte auch, bevor es davon ausgegangen sei, dass in der Sache kein Spezialistentum vorliege, i...

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