Entscheidungsstichwort (Thema)
Angabe eines Modelljahres als Beschaffenheitsangabe
Leitsatz (amtlich)
1. Bei dem Kauf eines gebrauchten Pkw liegt in der vertraglich festgehaltenen Angabe eines bestimmten Modelljahres die Vereinbarung einer Beschaffenheit gem. § 434 Abs. 1 BGB.
2. Stammt das Fahrzeug aus einem vorangegangenen Modelljahr, ist der Käufer zum Rücktritt vom Vertrag berechtigt, ohne dass es einer Fristsetzung bedarf.
3. Wegen der wertbildenden Bedeutung der Angabe zum Modelljahr kann sich der Verkäufer nicht auf die Unerheblichkeit der Pflichtverletzung berufen.
Normenkette
BGB § 323 Abs. 5, §§ 434, 437 Nr. 2, § 440
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 07.06.2004; Aktenzeichen 2 O 11146/03) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des LG Nürnberg-Fürth vom 7.6.2004 abgeändert:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 31.838,14 EUR abzgl. eines Betrages, der sich wie folgt errechnet:
0,093 EUR × (Kilometer gem. Tachostand im Zeitpunkt der Rückgabe - 1.500 km), nebst Zinsen aus dem gem. vorstehender Rechnung sich ergebenden Betrag i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 19.11.2003 zu bezahlen Zug um Zug gegen Rückgabe des Pkw Volvo V70 2,4 T, Fahrzeug-Ident.-Nr. ... .
2. Es wird festgestellt, dass sich der Beklagte mit der Rücknahme des in Ziff. 1 bezeichneten Pkw Volvo V70 2,4 T in Annahmeverzug befindet.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
III. Die Kosten des Rechtsstreites trägt der Beklagte.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Beschluss:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 29.745,64 EUR.
Gründe
I. Der Kläger macht Ansprüche aus einem Kaufvertrag über einen gebrauchten Pkw Volvo geltend.
Am 1./2.9.2003 schlossen die Parteien einen schriftlichen Kaufvertrag über einen Pkw Volvo V70 2,4 T zu einem Kaufpreis von 20.000 EUR zzgl. 16 % Mehrwertsteuer, insgesamt also 23.200 EUR. Unter anderem ist angegeben, dass es sich bei dem durch die Fahrzeug-Ident.-Nr. ... genau bezeichneten Fahrzeug um ein "Modelljahr 2002" handelt. Entsprechend einer Vereinbarung vom 11.9.2003 wurde der Wagen am 12.9.2003 für eine Lieferpauschale von 100 EUR an den Kläger geliefert und dem Kläger übergeben, wobei allerdings nur ein Schlüssel nebst Fernbedienung mit übergeben wurde, obwohl zu dem Fahrzeug 2 Schlüssel, 2 Fernbedienungen und ein sog. Werkstattschlüssel gehören. Der Kläger bezahlte bei Lieferung den Gesamtbetrag von 23.300 EUR. In der Folge übersandte der Beklagte (nach dem 19.9.2003) Schlüssel und Fernbedienung an den Kläger, der jedoch feststellte, dass der Schlüssel das Fahrzeug nicht startete und die Fernbedienung funktionsuntüchtig war, da es sich nicht um das Originalzubehör des Kfz handelte. Der Kläger kümmerte sich dann selber um den Verbleib der Originalschlüssel und Fernbedienung und erhielt diese am 2.10.2003 vom Vorbesitzer übersandt. In der Zeit zwischen dem 12.9.2003 und dem 2.10.2003 befand sich das Fahrzeug überwiegend in einer Garage eines dem Beklagten unbekannten Grundstücks. An 15 Tagen dieser Zeit benutzte der Kläger das Fahrzeug nicht, da er befürchtete, dass es unter Verwendung der fehlenden Originalschlüssel entwendet werden könnte.
Es stellte sich heraus, dass das streitgegenständliche Fahrzeug nicht Modelljahr 2002, sondern Modelljahr 2001 ist. Erstmals mit Schreiben vom 23.9.2003 verlangte der Kläger Nachlieferung eines vertragsgemäßen Pkw Zug um Zug gegen Rückgabe des gelieferten Fahrzeuges. Nachdem der Beklagte hierauf nicht reagierte, verlangte der Kläger mit Schreiben vom 15.10.2003 Leistung von Schadensersatz Zug um Zug gegen Rückgabe des Pkw und setzte hierfür eine Frist bis 27.10.2003. Der Beklagte ging auf das Verlangen des Klägers nicht ein.
Der Kläger begehrt mit der Klage Bezahlung der für ein vergleichbares Fahrzeug anfallenden Kosten, Nutzungsausfall für 15 Tage, Ersatz der aufgewendeten Anmeldekosten und Erstattung eines eingetretenen Zinsausfallschadens.
Die Parteien streiten darüber, ob das streitgegenständliche Fahrzeug mangelhaft ist, da es nicht zu dem Modelljahr 2002 gehört, sondern zum Modelljahr 2001, und ob hierwegen der Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt werden kann.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrages der Parteien in erster Instanz wird auf die Feststellungen des LG in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Das LG hat die Klage abgewiesen, obwohl es das abweichende Modelljahr als Mangel angesehen hat; denn es hält den Rücktritt für ausgeschlossen, weil die Pflichtverletzung i.S.v. § 323 Abs. 5 S. 2 BGB unerheblich sei. Darüber hinaus sieht es in dem Rücktrittsverlangen des Klägers eine unzulässige Rechtsausübung i.S.v. § 242 BGB.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Berufung des Klägers, mit ...