Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufung, Kaufpreis, Sittenwidrigkeit, Untersagung, Annahmeverzug, Fahrzeug, Feststellung, Umwelt, Laufleistung, Software, Zustimmung, Erstattung, Zahlung, Revision, vorgerichtlicher Anwaltskosten, nicht ausreichend, Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten

 

Verfahrensgang

LG Weiden i.d.OPf. (Urteil vom 11.12.2020; Aktenzeichen 15 O 165/20)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 21.03.2022; Aktenzeichen VIa ZR 334/21)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Weiden i.d. OPf. vom 11.12.2020, Az. 15 O 165/20, abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klagepartei hat die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klagepartei kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision gegen dieses Urteil beim Bundesgerichtshof wird zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 19.661,56 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klagepartei fordert von der beklagten Partei Schadenersatz wegen der Motorsteuerung des Dieselmotors ihres Kraftfahrzeugs.

Sie kaufte am 20.05.2016 den von der Beklagten hergestellten Personenkraftwagen VW Passat, FIN: ...61, bei der Autohaus B. GmbH in M. zu einem Kaufpreis von 26.950,00 EUR (damalige Laufleistung: 100 km). In dem Fahrzeug ist ein Dieselmotor Typ EA 288 Euro 6 verbaut, der ebenfalls von der Beklagten hergestellt wurde.

Die Klagepartei ist der Auffassung, dass auch in dem EA 189-Nachfolgemotor EA 288 eine unzulässige Abschalteinrichtung vorhanden sei. Nur auf dem Prüfstand erfolge der Schadstoffausstoß in der gesetzlich vorgeschriebenen Form. Denn der auf dem Prüfstand generierte Emissionswert erfolge infolge einer Veränderung der Betriebsweise losgelöst vom Stickoxidausstoß.

Erstinstanzlich hat die Klagepartei deshalb die Rückerstattung des Kaufpreises unter Abzug einer mit einer Gesamtlaufleistung von 350.000 km kalkulierten Nutzungsentschädigung geltend gemacht (20.713,20 EUR). Weiter begehrte sie die Feststellung von Annahmeverzug, die Zahlung von Deliktszinsen und die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten (1.171,67 EUR).

Das Landgericht hat der Klage weitgehend stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung von 19.661,56 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 4 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.05.2020 zu zahlen Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs. Darüber hinaus wurden das Vorliegen von Annahmeverzug festgestellt und die Beklagte zur Zahlung von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 1.171,67 EUR verurteilt. Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.

Die Beklagte hat hiergegen Berufung eingelegt und beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klagepartei beantragt die Zurückweisung der Berufung.

Hinsichtlich des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze und das erstinstanzliche Sitzungsprotokoll Bezug genommen.

Am 07.06.2021 hat der Senat die Klagepartei auf die fehlenden Erfolgsaussichten der Klage förmlich hingewiesen.

Mit Beschluss vom 27.07.2021 hat der Senat mit Zustimmung der Parteien eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 ZPO) angeordnet.

II. Die zulässige Berufung der Beklagten ist in vollem Umfang begründet. Die Klagepartei hat die Voraussetzungen eines Schadenersatzanspruchs nicht ausreichend dargelegt.

1. Ein Anspruch gemäß § 826 BGB steht der Klagepartei nicht zu. Nach dieser Vorschrift ist jeder, der in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, diesem zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

Sittenwidrig ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde eine Pflicht verletzt und einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann. Schon zur Feststellung der objektiven Sittenwidrigkeit kann es daher auf Kenntnisse, Absichten und Beweggründe des Handelnden ankommen, die die Bewertung seines Verhaltens als verwerflich rechtfertigen. Die Verwerflichkeit kann sich auch aus einer bewussten Täuschung ergeben. Insbesondere bei mittelbaren Schädigungen kommt es ferner darauf an, dass den Schädiger das Unwerturteil, sittenwidrig gehandelt zu haben, gerade auch in Bezug auf die Schäden desjenigen trifft, der Ansprüche aus § 826 BGB geltend macht (vgl. BGH, Beschluss vom 19.01.2021 - VI ZR 433/19, ZIP 2021, 297, ju...

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