Leitsatz (amtlich)
1. Soweit keine abweichende Beschaffenheitsvereinbarung getroffen wird, ist für die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik deren Stand zum Zeitpunkt der Abnahme oder - sofern eine solche noch nicht erfolgt ist - des Schlusses der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz maßgeblich. Dies gilt unabhängig davon, ob sich die Anforderungen nach dem Stand der Technik ggü. dem Zeltpunkt des Abschlusses des Werkvertrags erhöht oder verringert haben. (Rz. 53-56)
2. Hat sich der Werkuntemehmer im Vertrag verpflichtet, das Werk mit einem über den Stand der Technik hinausgehenden Standard herzustellen, so kann er die Nachbesserung nicht allein deswegen als unverhältnismäßig (i.S.d. § 633 Abs. 2 Satz 3 BGB a.F., § 275 Abs. 2 BGB n.F.) verweigern, weil nach allgemeinem Erfahrungswissen, auf welchem der Stand der Technik beruht, die Gefahr eines mangelbedingten Schadens am Bauwerk gering ist. Andernfalls wäre die Ausführung des vereinbarten höheren Standards regelmäßig nicht durchsetzbar, die Vereinbarung würde leerlaufen. Das berechtigte Interesse des Bestellers am vertragsgemäßen Werk muss erst dann zurückstehen, wenn auch langfristig eine auf die Schlechterfüllung zurückzuführende Schadensentstehung ausgeschlossen ist.(Rz. 92-107)
Normenkette
BGB a.F. § 633 Abs. 1, 2 S. 3
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 18.12.2007; Aktenzeichen 1 O 7895/03) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten werden das Endurteil des LG Nürn-berg-Fürth vom 18.12.2007 und das zugehörige Ergänzungsurteil vom 21.2.2008 abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 4.902,01 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit 10.5.2007 und aus 4.298,56 EUR vom 10.9.2003 bis 9.5.2007 zu bezahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. II. Die Berufung der Kläger wird zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Nebenintervention tragen die Kläger als Gesamtschuldner 70 % und die Beklagte 30 %.
Von den außergerichtlichen Kosten der Streithelferin zu 1) (Fa. MBH) im Berufungsverfahren tragen die Kläger 56 %, im Übrigen trägt die Streithelferin zu 1) ihre Kosten im Berufungsverfahren selbst.
Die außergerichtlichen Kosten der Streithelferin zu 2) (Fa. GHH) - im Berufungsverfahren tragen die Kläger.
Von den Kosten der ersten Instanz mit Ausnahme der Kosten der Nebenintervention tragen die Kläger als Gesamtschuldner 86 % und die Beklagte 14 %.
Von den außergerichtlichen Kosten der Streithelferin zu 1) in erster Instanz tragen die Kläger 86 %, im Übrigen trägt die Streithelferin zu 1) ihre Kosten in erster Instanz selbst.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss:
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 31.688,50 EUR bis 14.8.2008, danach auf 28.188,50 EUR bis zur unmittelbar nach Aufruf der Sache im Termin vom 23.9.2010 erfolgten weiteren Berufungsbeschränkung, danach für die Verhandlung im Termin vom 23.9.2010 auf 9.885,30 EUR festgesetzt.
Der Streitwert für die Beteiligung der Streithelferin zu 1) wird auf 9.978,50 EUR bis zur unmittelbar nach Aufruf der Sache im Termin vom 23.9.2010 erfolgten weiteren Beruf ungsbeschränkung, danach für die Verhandlung im Termin vom 23.9.2010 auf 8.385,34 EUR festgesetzt.
Der Streitwert für die Beteiligung der Streithelferin zu 2) wird auf 3.000 EUR bis 14.8.2008, danach auf 1.500 EUR festgesetzt (bis zur unmittelbar nach Aufruf der Sache im Termin vom 23.9.2010 erfolgten Berufungsrücknahme hinsichtlich des Streitgegenstands, welcher die Streithelferin zu 2) betraf).
Gründe
I. Die Kläger haben mit einer als "Kaufvertrag" betitelten notariellen Vereinbarung vom 27.11.1997 von der Beklagten eine 4-Zimmer-Eigentumswohnung erworben. Diese befindet sich in einer in den 1950er-Jahren errichteten Wohnanlage, welche bis zum Abzug der US-Streitkräfte im Jahre 1994 von US-Angehörigen genutzt wurde. Die Beklagte übernahm die gesamte Wohnanlage mit 1234 Wohnungen, welche sie in der Folgezeit zum größeren Teil in Form von Wohnungseigentum unter Bildung von Wohnungseigentümergemeinschaften veräußerte.
Kern der Auseinandersetzung im Berufungsverfahren ist die Frage, welche Ersatzansprüche wegen nicht vertragsgemäßer Abdichtung des Bades in der von den Klägern erworbenen Wohnung bestehen.
Im "Kaufvertrag" vom 27.11.1997 war vereinbart, dass die Beklagte das Vertragsobjekt gemäß den Festlegungen in einem dem Vertrag beigefügten Begehungsprotokoll Schlüssel- und bezugsfertig renoviert. Für das Bad war dort u.a. festgelegt, dass dessen Fußboden mit neuer Abdichtung gefliest wird und dessen Wände raumhoch gefliest werden.
Die Beklagte hat im Bad der streitgegenständlichen Wohnung zur Abdichtung die elastische, flüssige Dichtfolie auf Dispersionsbasis "Superflex 1" der Firma DHHH einbringen lassen, welche am Boden eine Stärke von 0,4 mm hatte, an der Wand eine solche von 0,2 mm.
Die Kläger machen geltend, die Abdichtung sei mangelhaft, weil sie nicht die nach den Herstellerrichtlinien und amtlichen Prüfzeugnissen erforderliche...