Verfahrensgang
LG Amberg (Aktenzeichen 41 HK O 497/16) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Amberg vom 29.07.2016, Az. 41 HK O 497/16, wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1. genannte Urteil des Landgerichts Amberg ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 25.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
A
Die Beklagte, ein bundesweit agierender Discounter, vertreibt im Rahmen ihres Lebensmittelsortiments ein Getränk mit der Bezeichnung "X, Himbeer-Rhabarber". Auf dem Etikett der Flasche ist auf der Schauseite "Himbeer-Rhabarber" in großer Schrift drucktechnisch hervorgehoben, darunter befindet sich in deutlich kleinerer Schrift der Zusatz "Mehrfrucht-Rhabarbergetränk mit Himbeer-Geschmack" und darunter die rot unterlegte Angabe "30 % Saftgehalt aus Frucht- und Gemüsesaft Konzentraten". Weiter sind auf dem Etikett, teilweise von der Beschriftung überlagert, die Abbildungen einiger Stangen Rhabarber, einiger Himbeeren und eines Apfels erkennbar. Seitlich enthält die Etikettierung nochmals die Angabe "Mehrfrucht-Rhabarbergetränk mit Himbeergeschmack, aus Frucht- und Gemüsesaftkonzentraten". Darunter ist die Zutatenliste aufgeführt, aus der sich ergibt, dass das Getränk aus natürlichem Mineralwasser, 28,5 % Apfelsaft aus Apfelsaftkonzentrat, Fruktosesirup, 1,3 % Holunderbeersaft aus Holunderbeersaftkonzentrat, Kohlensäure, natürlichem Aroma, Säuerungsmittel: Citronensäure; 0,1 % Himbeersaft aus Himbeersaftkonzentrat, 0,1 % Rhabarbersaft aus Rhabarbersaftkonzentrat besteht. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die im Tenor des angefochtenen Urteils abgebildete Aufmachung sowie das übergebene Originalprodukt Bezug genommen.
Der Kläger, der in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragene B............, hält die Angaben gemäß §§ 3a, 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG i.V.m. Art. 7 Abs. 1 LMIV für unlauter und nimmt die Beklagte deswegen auf Unterlassung sowie Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch. Die Werbung sei irreführend, denn beim Anblick der Verpackung erwarte der Verbraucher ein Getränk, das einen bedeutenden Anteil von Himbeer- und Rhabarbersaft enthalte. Dies sei bei einem Anteil von jeweils nur 0,1 % Himbeer- und Rhabarbersaft nicht der Fall. Der tatsächliche Inhalt stimme nicht mit den angepriesenen Zutaten überein.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes sowie der gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Dem Kläger stehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1 UWG i.V.m. §§ 5 Abs. 1 Nr. 1, 3a UWG i.V.m. Art. 7 Abs. 1 LMIV zu. Die Bezeichnung des streitgegenständlichen Getränks als "Himbeer-Rhabarber" sei sowohl im Sinne des Artikel 7 Abs. 1 LMIV als auch im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG irreführend. Durch die Bezeichnung "Himbeer-Rhabarber" erwarte der angesprochene durchschnittliche Verbraucher einen erheblichen Anteil von Himbeer- und Rhabarbersaft in dem Getränk, der aber bei einem Anteil von jeweils nur 1 Promille tatsächlich nicht enthalten sei. Diese Erwartung werde durch die gut erkennbare Abbildung von Himbeeren und Rhabarberstangen und die Angabe "30 % Saftgehalt" verstärkt. Angesichts dessen und der an prominenter Stelle deutlich hervorgehobenen Bezeichnung "Himbeer-Rhabarber" werde der Eindruck eines erheblichen Anteils von Himbeer- und Rhabarbersaft durch die Angabe des tatsächlichen Anteils in der Zutatenliste nicht zerstreut.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit der sie unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen weiterhin die Abweisung der Klage erstrebt. Sie meint, das Landgericht habe ein falsches Verbraucherleitbild zugrunde gelegt, weil es von einem flüchtigen Betrachter ausgegangen sei. Tatsächlich müsse aber nach der Definition des EuGH von der Vorstellung eines durchschnittlich informierten aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers ausgegangen werden. Bei diesem Verbraucherbild scheide eine Irreführungsgefahr aus. Der Adressat werde nämlich die Bezeichnung "Himbeer-Rhabarber" primär als eine solche des Geschmacks ansehen, da er erkenne, dass es sich um ein aus 70 % Mineralwasser bestehendes Erfrischungsgetränk handele. Nach der Rechtsprechung des EuGH werde der Verbraucher die Zutatenliste lesen und daher über die Zusammensetzung des Getränks informiert sein. Auch aufgrund der Gestaltungsmerkmale der Aufmachung erwarte er nicht, dass in dem Getränk ein erheblicher Anteil von Himbeer- und Rhabarberfruchtsaft enthal...