Entscheidungsstichwort (Thema)
Schmerzensgeldbemessung
Normenkette
BGB § 253 Abs. 2, § 288 Abs. 1 S. 2, §§ 291, 187 Abs. 1; ZPO § 92 Abs. 2, § 543 Abs. 2 S. 1
Verfahrensgang
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 28.02.2019 abgeändert und wie folgt gefasst:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.000,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 02.12.2016 zu bezahlen.
2. Der Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 218,72 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 12.09.2017 zu bezahlen.
3. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist dem Kläger jedweden weiteren materiellen und immateriellen Schaden, letzteren, soweit nach der letzten mündlichen Verhandlung entstehen, zu ersetzen, der dem Kläger aus der Behandlung des Beklagten im Jahr 2013 entstanden ist oder noch entsteht, soweit nicht Schadensersatzansprüche des Klägers auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder noch übergehen.
4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 1/3 und der Beklagte 2/3. Von den Kosten des Verfahrens in erster Instanz tragen der Kläger 1/7 und der Beklagte 6/7.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 3.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 Satz 1, 544 Abs. 2 Nr. 1 n.F. ZPO abgesehen.
II. Die Berufung des Klägers gegen das der Klage nur teilweise stattgebende Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth ist zulässig und hat überwiegend Erfolg.
1. Nach Auffassung des Senats ist vorliegend ein Schmerzensgeld in Höhe von 4.000 EUR angemessen.
a) Allgemein ist zum Schmerzensgeld auszuführen: Für die Bestimmung der "billigen Entschädigung in Geld" (Schmerzensgeldbemessung) sind vom Gericht im jeweiligen Einzelfall alle für die Bemessung maßgeblichen Umständen heranzuziehen. Soweit nicht im Einzelfall, insbesondere bei Verletzungen durch Vorsatztaten, die Genugtuungsfunktion besondere Bedeutung erlangt, orientiert sich die Schmerzensgeldbemessung in erster Linie an der Ausgleichsfunktion der Zahlung. Dieser sind allerdings von vorneherein allein deshalb Grenzen gesetzt, weil die Folgen einer körperlichen Verletzung mit Geld - anders als bei materiellen Schäden - regelmäßig nicht zu beseitigen sind.
Der Schmerzensgeldanspruch des § 253 Abs. 2 BGB ist daher seinem Inhalt nach nicht mit einem Schadensersatzanspruch, welcher den Ersatz von Sach- und Vermögensschäden ermöglichen soll, gleichzusetzen. Die Wiederherstellungsfunktion lässt sich hier nicht wie bei der Naturalherstellung von Vermögensschäden durchführen. Es gibt insoweit keine wirkliche Wiedergutmachung. Es soll zwar auch ein Ausgleich vorgenommen werden, dieser ist aber rechnerisch nicht streng festlegbar. Das alleinige Abstellen auf den Ausgleichsgedanken ist unmöglich, weil immaterielle Schäden sich nie und Ausgleichsmöglichkeiten nur beschränkt in Geld ausdrücken lassen (grundlegend BGHZ 18, 149-168). Der Ausgleichszweck gibt, je größer der immaterielle Schaden ist, für die Bemessung der Entschädigung nur einen recht groben Anhalt.
Da immaterielle Schäden in Geld überhaupt nicht unmittelbar messbar sind, müssen die durch Übereinkunft der Rechtsprechung bisher gewonnenen Maßstäbe in der Regel den Ausgangspunkt für die tatrichterlichen Erwägungen zur Schmerzensgeldbemessung bilden (BGH VersR 1970, 134). In Schmerzensgeldtabellen erfasste "Vergleichsfälle" sind dabei im Rahmen des zu beachtenden Gleichheitsgrundsatzes als Orientierungsrahmen zu berücksichtigen, ohne dabei verbindliche Präjudizien zu sein (OLG München, Urteil vom 24. November 2017, Az. 10 U 952/17, juris Rn. 8, m.w.N.).
b) Unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze der Schmerzensgeldbemessung bewertet der Senat ein Schmerzensgeld in Höhe von 4.000 EUR als für den vorliegenden Fall zutreffende billige Entschädigung in Geld im Sinne des § 253 Abs. 2 BGB.
Nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts war die ärztliche Behandlung durch den Beklagten medizinisch nicht nachvollziehbar, erfolgte ohne Indikation und sogar trotz Vorliegens einer Kontraindikation. Bei sämtlichen Sklerosierungsbehandlungen durch den Beklagten fehlte eine wirksame Einwilligung des Klägers, da zu keinem Zeitpunkt eine hinreichende Aufklärung des Klägers erfolgt war. Die Sklerosierungsbehandlung am 20.12.2013 führte zur Entstehung eines Abszesses, dessen Ausbildung mit starken Schmerzen verbunden war. Dies bestätigte der Kläger bei seiner informatorischen Befragung in der mündlichen Verhandlung vom 22.11.2019. Er führte aus, er habe bis zur Operation am 24.12.2013 ständig Schmerz...