Entscheidungsstichwort (Thema)

Verpflichtung des Unterhaltsschuldners zur Nebentätigkeit. Kindesunterhalt

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Sicherstellung des Regelbedarfs minderjähriger unverheirateter Kinder kann der Unterhaltsschuldner im Einzelfall auch verpflichtet sein, neben einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit eine zumindest geringfügige Nebentätigkeit auszuüben.

2. Ein Schuldner, der minderjährigen Kindern Barunterhalt leisten muss, ist auch im Mangelfall nicht verpflichtet, ein Verbraucherinsolvenzverfahren einzuleiten, wenn der Betrag der Drittschulden relativ niedrig ist, und der betreuende Elternteil als Gesamtschuldner mithaftet.

3. Auch im Mangelfall kann nach Nr. 10.2.1 SüdL bei Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte eine Pauschale von 5 % des Nettoeinkommens für berufsbedingte Aufwendungen angesetzt werden.

4. Eine Ermäßigung des notwendigen Selbstbehalts um ca. 25 % kommt im Mangelfall auch beim Zusammenleben des Unterhaltsschuldners in einer nichtehelichen Partnerschaft in Betracht. Dabei kann es erforderlich sein, zwischen den Wohnkosten und den sonstigen allgemeinen Lebenshaltungskosten zu differenzieren.

 

Normenkette

BGB § 1603 Abs. 2 S. 1; InsO §§ 304-305; SüdL Nr. 10.2.1; InsO § 304 ff.

 

Verfahrensgang

AG Nürnberg (Urteil vom 18.12.2003; Aktenzeichen 111 F 878/03)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Endurteil des AG - FamG - Nürnberg vom 18.12.2003 (Az.: 111 F 878/03) wie folgt abgeändert:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für das Kind P.D., geboren am ... 1989, vom 1.7.2004 bis 1.2.2007 über den durch Urkunde des Jugendamtes der Stadt N. vom 5.3.2003 - UR-Nr. .../2003 - titulierten Unterhalt hinaus weiteren Kindesunterhalt bis 30.9.2004 bis zur Höhe von 70,4 % und ab 1.10.2004 bis zur Höhe von 88,5 % des Regelbetrages nach § 1 der Regelbetrag-Verordnung für ein Kind der Altersstufe III monatlich, monatlich im Voraus zu bezahlen.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für das Kind T.D., geboren am ... 1997, über den durch Urkunde des Jugendamtes der Stadt N.vom 5.3.2003 - Ur.-Nr. .../2003 - titulierten Unterhalt hinaus ab 2.7.2004 bis 3.7.2009 einen weiteren monatlichen, monatlich vorauszahlbaren Kindesunterhalt bis 30.9.2004 bis zu 70,4 % und ab 1.10.2004 bis zu 88,5 % des Regelbetrages gem. § 1 der Regelbetrag-Verordnung für ein Kind der Altersstufe II und ab 4.7.2009 bis 3.7.2015 für ein Kind der Altersstufe III zu bezahlen.

3. Nicht anrechenbar nach § 1612b Abs. 5 BGB ist jeweils (Ziff. 1. und 2.) der Kindergeldanteil in der Höhe, in der der geschuldete Unterhalt 135 % des Regelbetrages unterschreitet.

4. Der Beklagte hat an die Klägerin einen Unterhaltsrückstand für die Zeit vom 1.2.2003 bis 30.6.2004 für das Kind P.D. i.H.v. 1.403 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 1.9.2003 aus 903 Euro zu bezahlen.

5. Der Beklagte hat an die Klägerin einen Unterhaltsrückstand für die Zeit vom 1.2.2003 bis 30.6.2004 für das Kind T.D. i.H.v. 727 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 1.9.2003 aus 494 Euro zu bezahlen.

II. Im Übrigen wird die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen werden gegeneinander aufgehoben, mit Ausnahme derjenigen, die durch die Wiedereinsetzung entstanden sind; diese hat der Beklagte zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 3.182,04 Euro.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über Kindesunterhalt.

Die Parteien haben am 5.8.1988 die Ehe geschlossen, aus der die Kinder P.D., geboren am ... 1989, und T.D., geboren 1997, hervorgegangen sind.

Die Parteien leben seit 12.2.2003 getrennt. Zu diesem Zeitpunkt ist der Beklagte aus der Ehewohnung ausgezogen. Die Kinder leben seitdem bei der Mutter, die wegen der Betreuung und Versorgung der Kinder derzeit nur in Teilzeit erwerbstätig ist.

Der Beklagte ist gelernter Schreiner. Er war vom 16.11.2002 bis 12.10.2003 arbeitslos. In dieser Zeit bezog er Arbeitslosengeld i.H.v. wöchentlich 268,94 Euro (bis 28.2.2003) bzw. 221,79 Euro (seit 1.3.2003). Seit 13.10.2003 ist der Beklagte als "Schreiner/Mechaniker" bei der Firma für Alarm- und Schließsysteme beschäftigt. Der Beklagte verdient bei einem Stundenlohn von 12 Euro brutto und einer Arbeitszeit von 40 Stunden pro Woche im Monat durchschnittlich 1.300,48 Euro netto.

Einen während des Zusammenlebens aufgenommenen Kredit tilgen beide Parteien derzeit mit einer monatlichen Rate von 65,30 Euro bzw. 65,31 Euro.

Der Beklagte hat sich durch Jugendamtsurkunden vom 5.3.2003 (UR-Nr. .../2003 und .../2003) verpflichtet, an die beiden Kinder zu Händen des jeweiligen gesetzlichen Vertreters monatlichen Unterhalt i.H.v. jeweils 100 Euro ab 1.3.2003 zu zahlen.

Der Beklagte hat für die Zeit von April bis Juni 2003 monatlich 220 Euro, für die Zeit von Juli 2003 bis Januar 2004 jeweils 240 Euro und seit Februar 2004 monatlich jeweils 320 Euro an Kindesunterhalt bezahlt. Der Beklagte hat ferner am 3.3.2003 einen Betrag i.H...

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