Verfahrensgang
LG Oldenburg (Aktenzeichen 17 O 1965/19) |
Tenor
Die Berufung des Klägers vom 17.06.2020 gegen das am 13.05.2020 verkündete Urteil des Landgerichts Oldenburg (Aktenzeichen: 17 O 1965/19) wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Streitwert für die Berufungsinstanz beträgt 80.000 Euro.
Gründe
I. Die Parteien streiten um Schadenersatz wegen des Kaufs eines PKW mit einem Dieselmotor. Der Kläger erwarb mit Kaufvertrag vom 30.04.2014 einen gebrauchten PKW der Marke Pkw1, mit der Fahrzeugidentifikationsnummer (...) bei dem CC Händler DD GmbH & Co. KG, in Ort4 (Bl. 15 Bd. I) zu einem Preis von 88.000 EUR brutto. Die Erstzulassung des Fahrzeugs erfolgte am 01.10.2013 (Bl. 16 Bd. I). Der Kläger überwies den Kaufpreis vollständig an den Verkäufer. Bei Übergabe des Fahrzeugs an den Kläger betrug die Laufleistung des streitgegenständlichen PKWs 12.700 km. In dem streitgegenständlichen Fahrzeug ist ein Dieselmotor verbaut. Laut Angaben der Beklagten zu 2) als Fahrzeughersteller ist in dem Fahrzeug Typ Pkw1 ein Dieselmotor des Typs1 verbaut (Bl. 74 und 20 Bd. II). Das Fahrzeug hat ausweislich der Zulassungsbescheinigung Teil I die Schadstoffklasse Euro 5 (Bl. 16 Bd. I).
Die Schadstoffklasse Euro 5 ist erfüllt, wenn der Stickoxidgrenzwert von 180 mg/km eingehalten wird. Die Einhaltung wurde im Rahmen des Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) ermittelt. Auf dem Rollenprüfstand des NEFZ wird folgender Strecke-Zeit-Korridor abgefahren: Unmittelbar nach dem Motorstart werden vier hintereinander liegende, identische Fahrkurven von jeweils 195 Sekunden, die jeweils pro Abschnitt aus drei unterschiedlichen, nachzufahrenden auf- und abbauenden Geschwindigkeiten bestehen (15, 30 und 50 km/h) auf einer Wegstrecke von 4,052 Kilometer sowie anschließend, nach einer definierten Pause, 400 Sekunden lang eine Fahrlinie mit einem erneut vorgegebenen Geschwindigkeitsauf- und -abbau zwischen ca. 70, 50, 70, 100 und 120 km/h auf einer Wegstrecke von insgesamt exakt 6,955 km (Bl. 51 Bd. I). Die Durchschnittsgeschwindigkeit von 33,6 km/h auf dem Rollenprüfstand des NEFZ entspricht nicht der Lebenswirklichkeit eines Fahrzeuges mit einer Leistung von 250 PS (Bl. 52 Bd. I).
Mit vorgerichtlichem Anwaltsschreiben vom 07.08.2019 forderte der Kläger die Beklagte zu 1) unter Fristsetzung bis zum 21.08.2019 auf, den gesamten Kaufpreis Zug-um-Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs nebst deliktischer Zinsen in Höhe von 4 % ab dem 30.04.2019 zu zahlen. Gezogene Nutzungen brachte er nicht in Abzug. Zudem begehrte er von der Beklagten zu 1) die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten i.H.v. 2.348,94 EUR. Die gesetzte Frist verstrich fruchtlos. Der Kläger berief sich in diesem Schreiben darauf, dass der PKW mit einem Typ2-Motor ausgestattet und mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehen sei.
Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) hat bis heute keinen verpflichtenden Rückruf aller Fahrzeuge des EE-Konzerns mit den Typ2 Motoren, zu der der streitgegenständliche PKW ausweislich der Herstellerangaben gehört, angeordnet.
Vom 29.11.2019 bis September 2020 führte das KBA ein sog. Anhörungsverfahren bzgl. der Fahrzeuge des Typs Pkw1 wegen deren Emissionsverhaltens durch. Im Zuge dieses Anhörungsverfahrens stellte das KBA nach einer von ihr erteilten amtlichen Auskunft vom 11.09.2020 (Anlage B 24, Bl. 361-363 Bd. II) fest, dass in den Motoren der Fahrzeuge Typ Pkw1 keine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut und dementsprechend kein amtlicher Rückruf angeordnet worden sei. Eine Unzulässigkeit für die festgestellten emissionsbezogenen Abschaltstrategien sei nicht festgestellt worden, da umfangreiche Unterlagen des Herstellers zu spezifischen Feldausfällen, verbunden mit entsprechenden Nachweistests, deren Notwendigkeit zur Gewährleistung des Motorschutzes belegten. Damit sei ein Fall des Art. 5 Abs. 2 Satz 2 Buchstabe a der Verordnung (EU) 715/2007 gegeben. Es sei keine Nebenbestimmung gem. § 25 Abs. 2 EG-FGV erlassen worden, die ein unzulässiges Emissionsverhalten der Fahrzeuge betreffe. Jedoch sei die vom Hersteller im Rahmen des Nationalen Forums Diesel vorgeschlagene freiwillige Serviceaktion zur Emissionsverbesserung durch die Motorsteuerungssoftware akzeptiert und entschieden worden, dass diese im Verlauf auf der Grundlage von § 25 Abs. 2 EG-FGV überwacht werde (Bl. 361ff Bd. II).
Bzgl. der sog. Thermofenster erklärte das KBA in seiner amtlichen Auskunft vom 11.09.2020, dass die Problematik von umgebungstemperaturgeführten Regelungen dem KBA bei der Zulassung bekannt war. Es sei bereits in einer Kommissionsmitteilung (2008/C 182/08) unter Nr. 8 festgestellt worden, dass Dieselfahrzeu...