Leitsatz (amtlich)

Wird ein Rechtsanwalt in einer Beratungshilfeangelegenheit für mehrere Auftraggeber tätig, so erhöht sich die nach RVG-VV Nr. 2603 (jetzt 2503) entstehende Geschäftsgebühr entsprechend RVG-VV Nr. 1008.

 

Verfahrensgang

LG Oldenburg (Beschluss vom 14.10.2005; Aktenzeichen 8 T 886/05)

AG Nordenham (Aktenzeichen 3-II 163/05)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde der Landeskasse gegen den Beschluss der 8. Zivilkammer des LG Oldenburg vom 14.10.2005 wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Die weitere Beschwerde ist aufgrund der Zulassung durch das LG gemäß §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 6 RVG zulässig. Der Senat hat in voller Besetzung über das Rechtsmittel der Landeskasse zu befinden, weil das LG ebenfalls als Kammer über die Beschwerde der Antragsteller entschieden hat, §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 8 S. 1 RVG.

II. Das LG hat mit zutreffender Begründung die Erhöhungsgebühr nach § 7 RVG, Nr. 1008 RVG-VV bei der Festsetzung der Vergütung nach § 55 RVG zugunsten der Antragsteller berücksichtigt, weil die Antragsteller in der Beratungshilfeangelegenheit für mehrere Auftraggeber tätig geworden sind.

1. Nach Nr. 2603 RVG-VV steht dem Anwalt im Rahmen der Beratungshilfe für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information oder die Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrages eine Geschäftsgebühr zu. Bei dieser Geschäftsgebühr handelt es sich um eine Festgebühr (70 EUR): Der Anwalt erhält also für seine Anwaltstätigkeit einen festen Geldbetrag unabhängig davon, welchen Umfang die Tätigkeit hat (Riedel/Sußbauer-Fraunholz, RVG, 9.Aufl., § 13 Rz. 3).

2. Sind - wie unstreitig hier - in derselben Angelegenheit mehrere Personen Auftraggeber, erhöht sich die Verfahrens-oder Geschäftsgebühr nach § 7 RVG, Nr. 1008 RVG-VV um 0,3 oder 30 % bei Festgebühren, bei Betragsrahmengebühren erhöhen sich der Mindest-und Höchstbetrag um 30 %. Diese Bestimmung findet schon dem eindeutigen Wortlaut nach auf alle Geschäfts- oder Verfahrensgebühren Anwendung, die im Vergütungsverzeichnis als solche bezeichnet werden (Riedel/Sußbauer/Fraunholz, RVG, 9. Aufl., § 7 Rz. 37). Die Regelung erfasst mithin auch die Geschäftsgebühr nach Nr. 2603 RVG-VV, wobei nach dem Wortlaut von Nr. 1008 RVG-VV unerheblich ist, dass diese Geschäftsgebühr als Festgebühr ausgestaltet ist.

3. Nichts anderes gilt im Hinblick auf die Vorbemerkung 2.6., wonach im Rahmen der Beratungshilfe Gebühren ausschließlich nach diesem Abschnitt entstehen. Denn Nr. 1008 RVG-VV regelt nicht das Entstehen einer Gebühr, gewährt also dem Rechtsanwalt keine zusätzliche Gebühr, die neben die unter Teil II Abschnitt 6 festgelegten Gebühren tritt. Vielmehr enthält Nr. 1008 RVG-VV eine Regelung zur Gebührenhöhe in Form von Zuschlägen (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 35. Aufl., RVG-VV 1008 Rz. 1; Riedel/Sußbauer/Fraunholz, RVG, 9. Aufl., §7 Rz. 4 f.; Bischof/Jungbauer/Podleck/Trappmann/Podleck/Trappmann, RVG, § 7 Rz. 27), die von Vorbemerkung 2.6 nicht erfasst wird (i.E. ebenso Kalthoener/Büttner/Wrobel/Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 4. Aufl., Rz. 1008; Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert/Müller/Rabe/Madert, RVG, 16. Aufl., 2600-1608 RVG-VV Rz. 76; Riedel/Sußbauer/Fraunholz, RVG, 9. Aufl., RVG-VV Teil 2 Rz. 38; Göttlich/Mümmler, RVG, "Beratungshilfe", Ziff. 7.7 a.E.; Schneider, MDR 2004, 494 [495]).

4. Umstände, die eine andere Beurteilung geboten erscheinen ließen, sind nicht ersichtlich. Die Gesetzesbegründung verhält sich zu der Erhöhung der Geschäftsgebühr in Angelegenheiten der Beratungshilfe nicht (BT-Drucks. 15/1971, 188, 205, 208). Es liegen auch keine Gründe dafür vor, dem Rechtsanwalt die Erhöhung der Geschäftsgebühr nach Nr. 2603 RVG-VV zu versagen, wenn er im Rahmen der Beratungshilfe für mehrere Auftraggeber tätig wird. Denn die Gebührenerhöhung beruht auf dem Grundsatz, dass eine Vertretung mehrerer Auftraggeber eine höhere Belastung für den Rechtsanwalt mit sich bringt (Riedel/Sußbauer/Fraunholz, RVG, 9. Aufl., § 7 Rz. 2).

III. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 56 Abs. 2 S. 2, 3 RVG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1630258

NJW-RR 2007, 431

JurBüro 2007, 140

ZAP 2006, 1202

AGS 2007, 45

RENOpraxis 2007, 25

RVGreport 2006, 465

OLGR-Nord 2007, 164

www.judicialis.de 2006

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?