Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahrenskostenhilfe: Erforderlichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts in einem Vaterschaftsfeststellungsverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Frage der Anwaltsbeiordnung im Amstammungsverfahren.

 

Normenkette

FamFG § 78 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Bersenbrück (Aktenzeichen 12 F 299/10 AB)

 

Tenor

1. Das Verfahren wird gem. § 568 Abs. 1 S. 2 ZPO dem Senat zur Entscheidung übertragen.

2. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des AG - Familiengerichts - Bersenbrück, durch den die Beiordnung eines Rechtsanwalts abgelehnt worden ist, wird aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückgewiesen.

3. Die Antragstellerin hat die nicht ermäßigte Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren zu tragen. außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§§ 97 Abs. 1, 127 Abs. 4 ZPO i.V.m. Nr. 1912 KV zum FamGKG).

 

Gründe

I. Die Antragstellerin begehrt die Feststellung, dass der Antragsgegner ihr Vater sei. Der Antragsgegner behauptet, in der Empfängniszeit keinen Geschlechtsverkehr mit der Mutter der Antragstellerin gehabt zu haben.

Das AG hat sowohl der Antragstellerin als auch dem Antragsgegner auf ihre Anträge Verfahrenskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt. Die Beiordnung eines Rechtsanwalts hat es abgelehnt. Die Voraussetzungen einer Anwaltsbeiordnung gem. § 78 Abs. 2 FamFG lägen nicht vor, da aus Sicht des um die Anwaltsbeiordnung nachsuchenden Beteiligten eine aus objektiven oder subjektiven Gründen schwierige Sach und Rechtslage nicht vorliege.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin, die sie damit begründet, dass zumindest aus subjektiver Sicht besondere Schwierigkeiten vorlägen. Die Mutter der Antragstellerin als gesetzliche Vertreterin sei der deutschen Sprache nicht in hinreichendem Maße mächtig und nicht in der Lage sich mündlich oder schriftlich adäquat auszudrücken. Zudem müsse berücksichtigt werden, dass aufgrund des streitigen Vortrages eine förmliche Beweisaufnahme stattfinden müsse.

II. Die gem. §§ 76 Abs. 2 FamFG, 127 Abs. 2 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

Gemäß § 78 I FamFG ist ein Rechtsanwalt beizuordnen, wenn die anwaltliche Vertretung gesetzlich vorgeschrieben ist. Dies ist in Abstammungsverfahren nicht der Fall.

Ist eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben, ist dem Beteiligten im Rahmen der bewilligten Verfahrenskostenhilfe ein Rechtsanwalt beizuordnen, wenn dies wegen der Schwierigkeit der Sach und Rechtslage erforderlich ist. Entscheidend ist dabei, ob ein bemittelter Rechtssuchender in der Lage des Unbemittelten vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hätte. Das Verfahren kann sich dabei für einen Beteiligten auch allein wegen einer schwierigen Sachlage oder allein wegen einer schwierigen Rechtslage so kompliziert darstellen, dass auch ein bemittelter Beteiligter einen Rechtsanwalt hinzuziehen würde. Jeder der genannten Umstände kann also die Beiordnung eines Rechtsanwalts erforderlich machen. Schließlich beurteilt sich die Erforderlichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts auch nach den subjektiven Fähigkeiten des betroffenen Beteiligten (BGH Beschluss vom 23.6.2010, FamRZ 2010, 1427).

Aufgrund der Schwierigkeit der Sach und Rechtslage ist vorliegend eine Beiordnung nicht erforderlich. Zu entscheiden ist hier allein über die Frage, ob der Antragsgegner der Vater der Antragstellerin ist und ob die Kindesmutter in der gesetzlichen Empfängniszeit Geschlechtsverkehr mit dem Antragsgegner hatte. Dabei spielt es keine Rolle, dass der Antragsgegner in Abrede stellt, mit der Antragstellerin während der gesetzlichen Empfängniszeit überhaupt Geschlechtsverkehr gehabt zu haben, da die Frage der Abstammung stets durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens positiv oder negativ zu entscheiden ist. Auf ggf. übereinstimmende jedoch unsichere Angaben der Beteiligten und evtl. Zeugen kann eine Entscheidung über die Abstammung in der Regel nicht gestützt werden. Vielmehr ist eine DNAUntersuchung unerlässlich (BayObLG FamRZ 1999, 1363). Die Angaben der Beteiligten und evtl. von Zeugen sind im Feststellungsverfahren nur erforderlich, um die gesetzliche Vermutung gem. § 1600d Abs. 2 BGB zu begründen, die Voraussetzunge für die Einholung des Abstammungsgutachtens ist.

Die Einholung eines Sachverständigengutachtens im Vaterschaftsfeststellungsverfahren begründet nach Auffassung des Senats für sich genommen regelmäßig nicht die besondere Schwierigkeit der Sach und Rechtslage (anders OLG Hamm FamRZ 2010, 1363). Zum einen verbietet die gebotene einzelfallbezogene Prüfung eine Herausbildung von Regeln, nach denen der mittellosen Partei für bestimmte Verfahren immer oder grundsätzlich ein Rechtsanwalt beizuordnen ist (vgl. BGH, a.a.O.). Zum anderen erweist sich gerade das in Abstammungsverfahren einzuholende Sachverständigengutachten als auch für den juristischen Laien verständlich und nachvollziehbar und ist nic...

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