Leitsatz

Gegenstand des Verfahrens war die Frage, ob die Beiordnung eines Rechtsanwalts in einem Vaterschaftsfeststellungsverfahren erforderlich ist.

 

Sachverhalt

Die Antragstellerin begehrte die Feststellung, dass der Antragsgegner ihr Vater sei. Dieser wiederum behauptete, in der Empfängniszeit keinen Geschlechtsverkehr mit der Mutter der Antragstellerin gehabt zu haben.

Das AG hat sowohl der Antragstellerin als auch dem Antragsgegner auf ihre Anträge Verfahrenskostenhilfe ohne Ratenzahlungsanordnung bewilligt. Die Beiordnung eines Rechtsanwalts wurde jedoch abgelehnt. Die Voraussetzungen einer Anwaltsbeiordnung gemäß § 78 Abs. 2 FamFG lägen nicht vor, da aus Sicht des um die Anwaltsbeiordnung nachsuchenden Beteiligten eine aus objektiven oder subjektiven Gründen schwierige Sach- und Rechtslage nicht vorliege.

Hiergegen wandte sich die Antragstellerin mit der Beschwerde, die sie damit begründete, dass zumindest aus objektiver Sicht besondere Schwierigkeiten vorlägen. Die Mutter der Antragstellerin als gesetzliche Vertreterin sei der deutschen Sprache nicht hinlänglich mächtig und nicht in der Lage, sich mündlich oder schriftlich adäquat auszudrücken. Zumindest müsse berücksichtigt werden, dass aufgrund des streitigen Vortrages eine förmliche Beweisaufnahme stattfinden müsse.

Das Rechtsmittel blieb ohne Erfolg.

 

Entscheidung

Das OLG wies zunächst darauf hin, dass gemäß § 78 Abs. 1 FamFG ein Rechtsanwalt dann beizuordnen sei, wenn die anwaltliche Vertretung gesetzlich vorgeschrieben sei. Dies treffe für Abstammungsverfahren nicht zu.

Bei Notwendigkeit anwaltlicher Vertretung sei den Beteiligten im Rahmen der bewilligten Verfahrenskostenhilfe ein Rechtsanwalt beizuordnen, wenn dies wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage erforderlich sei. Entscheidend dabei sei, ob ein bemittelter Rechtssuchender in der Lage des Unbemittelten vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hätte. Die Erforderlichkeit der Beiordnung eines Anwalts beurteile sich schließlich auch nach den subjektiven Fähigkeiten des betroffenen Beteiligten (BGH Beschluss vom 23.6.2010, FamRZ 2010, 1427).

Die Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage gebiete im vorliegenden Fall eine Beiordnung nicht. Zu entscheiden sei hier allein über die Frage, ob der Antragsgegner der Vater der Antragstellerin sei und ob die Kindesmutter in der gesetzlichen Empfängniszeit Geschlechtsverkehr mit dem Antragsgegner gehabt habe. Dabei spiele es keine Rolle, dass der Antragsgegner dies in Abrede stelle, da die Frage der Abstammung stets durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens positiv oder negativ zu entscheiden sei.

Die Einholung eines Sachverständigengutachtens begründe für sich genommen regelmäßig nicht die besondere Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage. Die Gutachten in Abstammungsverfahren seien von überschaubarer Länge und in ihrem strukturellen Aufbau auch für den juristischen Laien ohne weitere Vorkenntnisse verständlich und nachvollziehbar aufgebaut. Das Ergebnis des Abstammungsgutachtens, auf das es entscheidend ankomme, sei klar formuliert und auch für den Laien sofort zu erfassen.

Auch aus subjektiver Sicht sei die Sach- oder Rechtslage nicht als schwierig anzusehen. Die sprachlichen Schwierigkeiten der Mutter der Antragstellerin rechtfertigten allenfalls die Hinzuziehung eines Dolmetschers. Eine darüber hinausgehende fehlende Möglichkeit, sich adäquat mündlich und schriftlich auszudrücken, sei nicht belegt.

 

Link zur Entscheidung

OLG Oldenburg (Oldenburg), Beschluss vom 05.01.2011, 11 WF 342/10

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