Leitsatz (amtlich)
Zur Möglichkeit der horizontalen Beschränkung des Einspruchs gegen einen Bußgeldbescheid.
Normenkette
OWiG § 67 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Delmenhorst (Entscheidung vom 30.11.2015) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Delmenhorst vom 30.11.2015 wird auf seine Kosten mit der Maßgabe als offensichtlich unbegründet verworfen, dass der Betroffene wegen der fahrlässig begangenen Verkehrsordnungswidrigkeit der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften von 50 km/h um 56 km/h zu einer Geldbuße von 240,00 € verurteilt wird und dem Betroffenen für die Dauer eines Monats verboten wird, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeglicher Art zu führen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Delmenhorst hat den Betroffenen wegen vorsätzlichen Überschreitens der Höchstgeschwindigkeit (56 km/h außerorts) zu einer Geldbuße von 480,00 Euro verurteilt und ein einmonatiges Fahrverbot ausgesprochen, nachdem die Stadt Delmenhorst in ihrem Bußgeldbescheid unter Bezugnahme u.a. auf Ziffer 11.3.8. BKat eine Geldbuße von 240,00 € verhängt und ein einmonatiges Fahrverbot angeordnet hatte.
Nach den getroffenen Feststellungen befuhr der Betroffene am 05.08.2015 mit einem Krad ............, amtl. Kennzeichen .................., die ...... bzw. ................... in stadteinwärtige Richtung mit einer Geschwindigkeit von 106 km/h, obwohl die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf 50 km/h beschränkt war. Dabei handelte er vorsätzlich.
Mit seiner Rechtsbeschwerde erhebt der Betroffene die Sachrüge sowie die Rüge formellen Rechts. Er begehrt die Aufhebung des Urteils und die Zurückverweisung an eine andere Abteilung des Amtsgerichts. Insbesondere macht er geltend, den Einspruch nach der Beweisaufnahme auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt zu haben, so dass eine Verurteilung wegen vorsätzlicher Begehung nicht mehr habe erfolgen dürfen. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Rechtsbeschwerde mit der Maßgabe als offensichtlich unbegründet zu verwerfen, dass der Betroffene wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 240,00 € verurteilt wird und das Fahrverbot aufrecht erhalten bleibt.
II.
Die statthafte (§ 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 OWiG) Rechtsbeschwerde ist frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden (§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG i.V.m. §§ 341, 344, 345 StPO), mithin zulässig.
Das Rechtsmittel führt zur Abänderung des amtsgerichtlichen Urteils auf der Rechtsfolgenseite.
Der Betroffene hat den Einspruch entgegen der Auffassung des Amtsgerichts wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt.
Die sog. horizontale Beschränkung ist nach der Neufassung des § 67 Abs. 2 OWiG vom 26.01.1998 grundsätzlich zulässig. Insbesondere ist auch eine Beschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch in seiner Gesamtheit möglich, sofern der Bußgeldbescheid den gesetzlichen Anforderungen des § 66 Abs. 1 OWiG entspricht (allg. Meinung - vgl. statt vieler sowie m.w.N. OLG Bamberg NStZ-RR 2008, 119; KG NZV 2002, 466; BayObLG NZV 2000, 50/51;). Ist dies der Fall, steht der Wirksamkeit der Beschränkung nicht entgegen, dass der Bußgeldbescheid lediglich keine Angaben zur Schuldform enthält, sofern die Verfolgungsbehörde ihrer Tatahndung offensichtlich die Regelsätze der Bußgeldkatalog-Verordnung (BKatV) zugrunde gelegt hat. Denn die Beträge des Bußgeldkatalogs, an den die Behörde grundsätzlich gebunden ist, gehen von fahrlässiger Begehung und gewöhnlichen Tatumständen aus (vgl. § 1 Abs. 2 BKatV). Setzt die Verwaltungsbehörde für einen dem Katalog entsprechenden Tatbestand ohne Weiteres die dort vorgesehene Regelgeldbuße fest oder legt sie diese bei der Verwirklichung mehrerer Tatbestände ihrer Entscheidung zugrunde, gibt sie damit zu erkennen, dass sie dem Betroffenen (lediglich) fahrlässiges Handeln zur Last legt. Auch das Amtsgericht hat daher in den Fällen der Beschränkung des Einspruchs auf den Rechtsfolgenausspruch von fahrlässiger Begehungsweise auszugehen und nur noch zu prüfen, welche Ahndung für das fahrlässige Verhalten tat- und schuldangemessen ist (vgl. OLG Bamberg a.a.O.; OLG Rostock, Beschluss vom 16. August 2001 - 2 Ss (OWi) 158/01 I 110/01 -, juris Rn.22 m.w.N.).
Im vorliegenden Fall hat die Verwaltungsbehörde sich auf Ziffer 11.3.8. BKat bezogen. Die Regelbuße für die fahrlässige Begehungsform liegt bei 240,00 €. Weil der Bescheid im Übrigen den Anforderungen des § 66 Abs.1 OWiG gerecht wird, war nach den aufgezeigten Grundsätzen eine horizontale Beschränkung des Einspruchs mit der Konsequenz möglich, dass das Amtsgericht von einer fahrlässigen Begehung auszugehen hatte.
Soweit das Amtsgericht davon ausgegangen ist, dass die Möglichkeit der Einspruchsbeschränkung dadurch eingeschränkt ist, dass die Beweisaufnahme zu den tatsächlichen Feststellungen im Zeitpunkt der Einspruchsbeschränkung bereits abgeschlossen war und auf Grund deren Ergebnis eine Verurteilung wegen eines vorsätzlichen Verstoßes geboten gewesen wäre, ist die...