Leitsatz (amtlich)
In den Verfahren in Landwirtschaftssachen nach den §§ 9 ff. LwVG entsteht keine Terminsgebühr nach Nr. 3104 Abs. 1 Satz 1 RVG wenn weder das Gericht von Amts wegen eine mündliche Verhandlung angeordnet hat noch die Beteiligten nach § 15 Abs. 1 LwVG einen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt haben.
Verfahrensgang
AG Meppen (Beschluss vom 19.02.2008; Aktenzeichen 28 Lw 93/06) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss des Rechtspflegers des AG - Landwirtschaftsgericht - Meppen vom 19.2.2008 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligte zu 2 trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Beschwerdewert von bis 3.000 EUR; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Das nach § 11 Abs. 2 Satz 3 RVG i.V.m. § 104 Abs. 3 ZPO und § 11 Abs. 1 RPflG statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Der Rechtspfleger hat mit zutreffender Begründung die Ansetzung einer Terminsgebühr abgelehnt.
Die Terminsgebühr soll ihrem ursprünglichen Sinn nach die Aufwendungen des Rechtsanwalts für die Vorbereitung einer mündlichen Verhandlung, die Beteiligung an der Verhandlung und deren Nachbereitung abgelten. Ohne eine mündliche Verhandlung entfallen die dafür üblicherweise zusätzlich zu der allgemeinen anwaltlichen Fallbearbeitung zu erledigenden Arbeiten.
Daraus lässt sich zunächst zwanglos der Schluss ziehen, dass grundsätzlich keine zusätzliche "Termins"-Gebühr gerechtfertigt ist, wenn ein solcher Termin nicht stattgefunden hat. Andererseits ist es wiederum gewollt, auch verständlich und sinnvoll, dass dem Anwalt bei an sich obligatorischer mündlicher Verhandlung, die im einverständlichen Verzicht der Verfahrensbeteiligten entfällt, die bei "normalem" Verlauf der Dinge sichere Terminsgebühr nicht "genommen" werden soll. Dafür sorgt die Anmerkung des Gesetzgebers zu Abs. 1 Satz 1 der Nr. 3104 RVG-VV.
2. Der in Nr. 3104 Abs. 1 Satz 1 RVG-VV beschriebene Ausnahmetatbestand der Zuerkennung einer Terminsgebühr ohne mündliche Verhandlung nach Verzicht der Parteien auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung liegt bei Verfahren in Landwirtschaftssachen nach den Regeln der §§ 9 ff. LwVG nicht vor (Müller/Rabe in Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, RVG, 17. Aufl., VV 3104 Rz. 32; Hartmann, Kostengesetze, 37. Aufl., RVG-VV 3104 Rz. 18; a.A. Schneider RdL 2007, 312 f.; Schons AGS 2007, 490 ff.; i.E. ebenso ohne Begründung: Göttlich/Mümmler/Rehberg/Xanke, RVG, 2. Aufl., "Landwirtschaftssachen" Rz. 1,2;).
a) Der Streitfall betraf in der Hauptsache ein Landwirtschaftsverfahren, in dem in der Regel schriftlich und nur (ausnahmsweise) nach § 15 Abs. 1 LwVG auf Antrag eines Beteiligten oder kraft einer besonderen verfahrensgestaltenden Entscheidung des Gerichts mündlich verhandelt wird. Hier war weder ein Antrag gestellt, noch hat das Landwirtschaftsgericht eine mündliche Verhandlung für notwendig erachtet, noch musste es über das Ergebnis einer Beweisaufnahme nach § 15 Abs. 5 LwVG verhandeln.
Der Senat vermag sich auch nicht der Ansicht des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin anzuschließen, wonach die unterlassene Antragstellung nach § 15 Abs. 1 LwVG als ein "Einverständnis" mit einer Entscheidung "ohne mündliche Verhandlung" i.S.d. Nr. 3104 Abs. 1 Satz 1 RVG-VV zu interpretieren sei (Schneider RdL 2007, 312 f.).
Richtig ist, dass in beiden Fällen im Ergebnis nicht mündlich verhandelt werden muss. Der maßgebliche gebührenrechtliche Unterschied liegt jedoch darin, dass in Verfahren mit obligatorischer mündlicher Verhandlung stets ein sachlicher Grund für die Vergütung der Aufwendungen zur Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung einer mündlichen Verhandlung besteht, während ein vergleichbarer Grund für die Zuerkennung eines Vergütungsanspruchs bei grundsätzlich schriftlichen Verfahren erst durch Antragstellung oder besonderen Verfahrensgestaltungsakt des Gerichts geschaffen werden muss.
b) Die vorbeschriebene Regelung in Abs. 1 Satz 1 der Nr. 3104 RVG lässt sich nicht beliebig auf andere Fallkonstellationen ausweiten. Denn die Gebührenordnung ist auch dazu da, die Kosten der Rechtsverfolgung sachgerecht einzugrenzen und bedarf daher für den potentiellen Kostenschuldner einer gewissen Verlässlichkeit. Das mag entsprechende Anwendungen auf sachlich gleich gelagerte Fallgestaltungen zulassen.
Ausgeschlossen ist dagegen die Interpretation der Gebührenvorschrift mit dem Ergebnis, dass eine zusätzliche Zahlungspflicht des Mandanten bei einer Verfahrensgestaltung besteht, für die nach dem eindeutigen Wortlaut der gesetzlichen gesetzlichen Regelung genau das Gegenteil gelten soll, nämlich, dass auch in Verfahren in denen mündliche Verhandlungen nicht als Regel "vorgeschrieben" sind, eine Terminsgebühr geschuldet wird.
c) Die vorstehende Interpretation der Nr. 3104 Abs. 1 Satz 1 RVG-VV wird durch die Entstehungsgeschichte der Regelung eher bestätigt als in Frage gestellt.
Denn nach der "Vorgänger"-Regelung des § 63 Abs. 4 Satz...