Verfahrensgang
AG Delmenhorst (Beschluss vom 18.02.2015; Aktenzeichen 22 F 14/15 AB) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Delmenhorst vom 18.2.2015 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Der Antragsgegner wird vom Antragsteller auf Feststellung der Vaterschaft gerichtlich mit der Behauptung in Anspruch genommen, der Antragsgegner habe seiner Mutter innerhalb der gesetzlichen Empfängniszeit beigewohnt. Diesem Antrag tritt der Antragsgegner entgegen und beantragt Verfahrenskostenhilfe unter gleichzeitiger Beiordnung einer Rechtsanwältin.
Das AG - Familiengericht - Delmenhorst hat dem Antragsgegner durch Beschluss vom 18.2.2015 Verfahrenskostenhilfe bewilligt und den Antrag auf Beiordnung einer Rechtsanwältin zurückgewiesen. Wegen der Begründung des Familiengerichts wird auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen.
Diesen Beschluss greift der Antragsgegner mit seiner rechtzeitig eingelegten und sogleich begründeten sofortigen Beschwerde an. Das Familiengericht habe die rechtlichen Voraussetzungen für die Beiordnung eines Rechtsanwalts in Abstammungssachen verkannt. Wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage sei eine anwaltliche Beiordnung erforderlich.
II. Die nach § 76 Abs. 2 FamFG, § 127 Abs. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Der Senat entscheidet über die Beschwerde in der Besetzung nach § 122 Abs. 1 GVG, nachdem das Verfahren mit Beschluss von heute wegen der grundsätzlichen Bedeutung auf den Senat übertragen worden ist.
Das AG hat den Antrag des Antragsgegners auf Beiordnung seiner Verfahrensbevollmächtigten zu Recht abgelehnt. Die Voraussetzungen, unter denen die Beiordnung eines Rechtsanwalts zu erfolgen hat, liegen nicht vor. Gemäß § 78 Abs. 2 FamFG ist in Verfahren, in denen eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben ist, ein Rechtsanwalt nur dann beizuordnen, wenn wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint.
1. Der Gesetzgeber hat im FamFG die Voraussetzungen für die Beiordnung von Rechtsanwälten in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit bewusst abweichend von den Regeln der Zivilprozessordnung gestaltet. Nach der Begründung des Gesetzes soll eine Anwaltsbeiordnung nur unter engen Voraussetzungen erfolgen. Die Erforderlichkeit der Beiordnung soll ausschließlich anhand objektiver Kriterien beurteilt werden, wobei allein die Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage das entscheidende Kriterium bildet. Die Schwere des Eingriffs und die anwaltliche Vertretung der übrigen Beteiligten soll die Beiordnung eines Rechtsanwalts gerade nicht rechtfertigen. Zur Begründung ist ausgeführt, dass die Rechte der Betroffenen regelmäßig hinreichend durch Verfahrensbeistände sowie den Amtsermittlungsgrundsatz und die Fürsorgepflicht des Gerichts gewahrt sein werden (vgl. BT-Drucks. 16/6308, 213/214). Der BGH hat die Regelung des § 78 Abs. 2 FamFG dahingehend verfassungskonform ausgelegt, dass im Einzelfall auch die schwierige Gestaltung der Sach- oder Rechtslage sowie die subjektiven Fähigkeiten des betroffenen Beteiligten die Anwaltsbeiordnung erforderlich erscheinen lassen können, wobei die gebotene einzelfallbezogene Prüfung eine Herausbildung von Regeln regelmäßig nicht zulasse (BGH, Beschl. v. 23.6.2010 - XII ZB 232/09, FamRZ 2010, 1427-1430).
2. Unterschiedlich beurteilt die Rechtsprechung die Frage, ob sich die Sach- oder Rechtslage in Abstammungssachen aufgrund ihrer existentiellen Bedeutung für die Betroffenen oder der besonderen Anforderungen des Verfahrens als schwierig darstellt, so dass dem betroffenen Beteiligten in Abstammungssachen regelmäßig ein Rechtsanwalt beizuordnen ist.
Der BGH hat zumindest für Vaterschaftsanfechtungsverfahren die Anwaltsbeiordnung für die antragstellenden Beteiligten aufgrund der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage für erforderlich gehalten. Die Verwertbarkeit des regelmäßig einzuholenden Sachverständigengutachtens sei aus verfahrensrechtlicher Sicht nur von einem Rechtsanwalt zu beurteilen. Zudem sei der in Anfechtungsverfahren nur eingeschränkt geltende Amtsermittlungsgrundsatz (§ 177 Abs. 1 FamFG) nicht geeignet, die Interessen der Beteiligten angemessen zu wahren (BGH, Beschl. v 13.06 2012 - XII ZB 218/11, FamRZ 2012, 1290-1292).
Ein Teil der OLG halten die Beiordnung eines Rechtsanwalts in Vaterschaftsfeststellungsverfahren bereits dann für erforderlich, wenn die Beteiligten gegenläufige Interessen verfolgen (OLG Dresden, Beschl. v. 30.06, 2010 - 24 WF 558/10, FamRZ 2010, 2007-2009; OLG Brandenburg, Beschl. v. 31.1.2012 - 13 WF 186/10, NJW-RR 2012, 708-709; Beschl. v. 10.10.2013 - 3 WF 116/13, FamRZ 2014, 586-587; OLG Celle, Beschl. v. 17.11.2011 - 15 WF 230/11, FamRZ 2012, 467-468). Das OLG Frankfurt ist der Auffassung, bereits die existentielle Bedeutung der Abstammungsverfahren für die Beteiligten rechtfertige die Anwaltsbeiordnung im ...