Leitsatz (amtlich)
1. Im Falle einer Klagerücknahme wegen (vermeintlicher) Erledigung nach Anhängigkeit und vor Rechtshängigkeit ist eine Entscheidung über die Kosten nach billigem Ermessen gemäß § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO nur dann zulässig, wenn der Anlass zur Einreichung der Klage tatsächlich vor Rechtshängigkeit weggefallen ist. Dagegen hängt die Wirksamkeit der Klagerücknahme als Prozesshandlung nicht von dieser Voraussetzung ab.
2. Auch im Kostenbeschwerdeverfahren gilt das Verschlechterungsverbot.
Normenkette
ZPO § 269
Verfahrensgang
LG Osnabrück (Aktenzeichen 2 O 603/18) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück vom 30.05.2018 in der Fassung des Teilabhilfebeschlusses vom 09.10.2018 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Der Beschwerdewert wird auf bis zu 1.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klageschrift, welche dem vorliegenden Verfahren zugrunde liegt, ist am 15.03.2018 bei dem Landgericht Osnabrück eingegangen. Darin hat der Kläger den Antrag angekündigt, die Beklagte zu verurteilen, die Dokumentation seiner Rehabilitationsbehandlung im Haus der Beklagten für den Zeitraum vom 03.01.2018 bis 24.01.2018 herauszugeben und "ggf. die Vollständigkeit an Eides statt zu versichern". Bevor die Klage zugestellt worden war, hat der Kläger dem Landgericht mit Schriftsatz vom 27.03.2018 mitgeteilt, dass die Beklagte seine Patientendokumentation unter dem 20.03.2018 übermittelt habe. Angesichts dessen hat er "den Rechtsstreit für erledigt" erklärt und beantragt, der Beklagten die Kosten aufzuerlegen. Mit Verfügung vom 12.04.2018 hat die Kammervorsitzende darauf hingewiesen, dass nach herrschender Meinung eine Feststellung der Erledigung ausscheide, wenn das erledigende Ereignis - wie hier - vor Rechtshängigkeit liege. Weiter hat sie ausgeführt, dass § 269 Abs. 3 ZPO dem Kläger die Möglichkeit eröffne, die Klage zurückzunehmen und "in einem an § 91 a ZPO angelehnten Verfahren eine Kostenentscheidung nach billigem Ermessen zu erwirken". Daraufhin hat der Kläger mitgeteilt, seine Erledigungserklärung solle als Klagerücknahme interpretiert werden. Ferner hat er beantragt, der Beklagten "in entsprechender Anwendung von § 91 a ZPO" die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.
Die Beklagte hat den Standpunkt eingenommen, sie habe keine Kosten zu tragen, weil sie keinen Anlass zur Einreichung der Klage geliefert habe. Der Vortrag des Klägers, wonach dieser sie mit Anwaltsschreiben vom 29.01.2018 unter Beifügung einer Vollmacht und einer Schweigepflichtentbindungserklärung hat auffordern lassen, seinem Rechtsanwalt die Behandlungsdokumentation bis zum 12.02.2018 zur Verfügung zu stellen, sei unzutreffend. Das angebliche Schreiben vom 29.01.2018 habe sie nicht erhalten. Von dem Begehren des Klägers habe sie erst durch die unter dem 12.02.2018 verfasste Erinnerung seines Rechtsanwaltes Kenntnis erlangt. Auf diesen Eingang hin habe sich der bei ihr beschäftigte Anästhesist Dr. S ... telefonisch mit dem Sekretariat des vom Kläger beauftragten Rechtsanwaltes in Verbindung gesetzt. Dr. S ... habe in dem Telefonat verdeutlicht, dass das Vorhaben des Klägers, das Klinikum O... wegen einer angeblich fehlerhaften Operation auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen, aus seiner Sicht nicht erfolgversprechend sei und es deshalb keinen Sinn ergebe, die gesamten Unterlagen der Rehabilitationsbehandlung zu fotokopieren. Letztlich sei Herr Dr. S... mit der Sekretariatsmitarbeiterin so verblieben, dass sie die geäußerten Bedenken an den Rechtsanwalt des Klägers weiterleiten werde. Eine Rückmeldung habe sie bis zur Klageerhebung nicht erhalten. Am 19.03.2018 habe sie den einschlägigen Entlassungsbericht in die Post gegeben. Der Bericht sei bereits am 24.01.2018 diktiert und am 30.01.2018 geschrieben worden; seine Versendung habe sich aber "wegen mehrerer Korrekturschleifen" verzögert. Sie habe den Bericht sowohl an den Hausarzt als auch an den Rechtsanwalt des Klägers übermittelt. Einem Entlassungsbericht füge sie regelmäßig die Laborwerte sowie Informationen über die während des Rehabilitationsaufenthaltes durchgeführten Konsile und ambulanten Vorstellungen in Akutkrankenhäusern bei. Dies sei auch im Fall des Klägers geschehen. Mit versandt worden seien Berichte über das urologische Konsil vom 12.01.2018 in B... I... und über die ambulante Vorstellung in der Klinik für Neurologie des Klinikums O ... am 16.01.2018. Diverse andere Unterlagen, die üblicherweise zu einer vollständigen Behandlungsdokumentation gehörten (Aufzeichnungen über jede Anamnese, jede Visite und jede diagnostische Untersuchung, das Therapieheft etc.), habe sie dem Rechtsanwalt des Klägers dagegen nicht übermittelt. Insoweit sei sie davon ausgegangen, dass sich die Angelegenheit durch den besagten Anruf ihres Mitarbeiters Dr. S ... erledigt habe. Dass keine vollständige Behandlungsdokumentation herausgegeben worden sei, habe der Rechtsanwalt des Klägers ohne weiteres erk...