Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungsausgleich: Berücksichtigung von auf der steuerbegünstigen Anlage ererbten Kapitals beruhenden Rentenanwartschaften
Leitsatz (amtlich)
Rentenanwartschaften, die auf der steuerbegünstigten Anlage eines ererbten Kapitals beruhen, unterliegen nicht dem Versorgungsgleich.
Normenkette
BGB § 1587 Abs. 1, 3
Verfahrensgang
AG Nordenham (Beschluss vom 14.11.2007; Aktenzeichen 4 F 165/06 VA) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der am 14.11.2007 verkündete Beschluss des AG - FamG - Nordenham geändert und der Betrag der zu übertragenden Rentenanwartschaften auf 305,17 EUR festgesetzt.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nach einem Streitwert von 2.000 EUR gegeneinander aufgehoben.
Gründe
Durch den angefochtenen Beschluss hat das FamG den im Scheidungsverbund abgetrennten Versorgungsausgleich unter Einbeziehung der in der vom 1.1.1981 bis zum 31.5.2006 währenden Ehezeit von den Parteien in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie vom Ehemann als Betriebsrente und von der Ehefrau aus einer Lebensversicherung erworbenen Rentenanwartschaften dahin geregelt, dass vom Rentenkonto des Ehemanns monatliche Rentenanwartschaften i.H.v. 196,72 EUR auf das Rentenkonto der Ehefrau übertragen worden sind. Gegen diese Entscheidung wendet sich die Antragsgegnerin wegen der Berücksichtigung der ihrer Meinung nach als Vermögensanlage zu behandelnden Leistungen aus der Lebensversicherung bei der A. Lebensversicherungs AG.
Sie beantragt, den Versorgungsausgleich neu zu regeln und zu ihren Gunsten weitere 108,45 EUR, insgesamt also 305,17 EUR, zu übertragen.
Der Antragsteller beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Das Rechtsmittel ist zulässig (§§ 629a Abs. 2, 621e Abs. 3, Abs. 1, 621 Abs. 1 Nr. 6 ZPO) und begründet.
Da die einzelnen Versorgungsanwartschaften unstrittig und jeweils richtig berechnet sind, geht es nur um die Frage, ob die aus der Lebensversicherung der Antragsgegnerin bei der A ... zu erwartenden Leistungen dem Versorgungsausgleich oder dem Zugewinnausgleich unterliegen. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BGH (NJW-RR 2007, 865) und der hier gegebenen Umstände kann nicht davon ausgegangen werden, dass das (noch) auf Rentenzahlung gerichtete Anrecht "gerade der Versorgung wegen Alters" dienen soll und der vom Gesetz für die Zuordnung zum Versorgungsausgleich geforderte Altersbezug hier "speziell" und nicht nur "auch" gegeben ist. Dem vom FamG als ausschlaggebendes Indiz herausgestellten Alter der Antragsgegnerin bei Rentenbeginn von 55 Jahren kann eigentlich schon nicht entnommen werden, dass "die zugesagte Versorgungsleistung im Anschluss an die Beendigung des aktiven Berufslebens gewährt wird und das bisherige Erwerbseinkommen ersetzen soll", denn die garantierte Rentenhöhe von 263,50 EUR ist dazu auch für jemanden, der seinen Lebensunterhalt mit Zeitungsaustragen und dem Reinigen von Ferienhäusern verdient, nicht hinreichend. Es kommt aber hinzu, dass sich diese Versorgungsleistung gerade im 55. Lebensjahr ergibt, weil für den steuerfreien Bezug der Zinsen und der Überschussbeteiligung eine wie hier gewählte 12-jährige Dauer des Versicherungsvertrags erforderlich ist (vgl. § 20 Nr. 6 EstG). Der Vertrag begann am 1.4.2002 und endet am 31.3.2014. Im Jahr 2002 aber war der Antragsgegnerin die Erbschaft angefallen und sie konnte und musste Vermögensverfügungen treffen, was z.B. durch die Ablösungen der Hausdarlehen und die Aufwendungen für den Umbau des Hauses geschehen ist. Wenn sie dann 100.000 EUR steuerbegünstigt anlegt, indem sie für sich und ihren Ehemann jeweils Lebensversicherungen als Rentenversicherungen abschließt, deren Steuerbegünstigung aber auch davon abhängt, dass das Kapitalwahlrecht frühestens fünf Monate vor dem vereinbarten Rentenzahlungsbeginn ausgeübt werden kann (vgl. § 2 Nr. 1 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen), dann zeigt das eindeutig Anhaltspunkte für eine Vermögensanlage und nicht "speziell" für eine Altersversorgung auf. Dass der Antragsteller seine Lebensversicherung kurz vor Zustellung des Scheidungsantrags gekündigt und das ausgezahlte Kapital für sich verwertet hat, mag ein zusätzliches Indiz gegen eine Einstufung der Lebensversicherungen als "Altersversorgung" sein.
Wenn aber die Rente aus der Lebensversicherung nicht in den Versorgungsausgleich fällt, stehen den Anwartschaften des Antragstellers von (799,75+40,05 =) 839,80 EUR die Anwartschaften der Antragsgegnerin in der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. 229,46 EUR gegenüber. Die Differenz von 610,34 EUR ist durch Übertragung von Rentenanwartschaften i.H.v. monatlich 305,17 EUR auszugleichen (§§ 1587a Abs. 1, 1587b Abs. 1 BGB).
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 13a Abs. 1 FGG, 93a ZPO, 49 GKG.
Fundstellen
Haufe-Index 2083003 |
FamRZ 2008, 2038 |