Leitsatz (amtlich)
Ein nach einem mit Alkoholmissbrauch verbundenen Verkehrsdelikt zur Eignung des Kraftfahrzeugführers vorgelegtes Gutachten ist zur Entkräftung der Regelvermutung des § 69 Abs. 2 StGB jedenfalls dann nicht geeignet, wenn es vor Ablauf der in den Beurteilungsrichtlinien zur Kraftfahreignung vorgesehenen Mindestfrist von 6 Monaten erstellt worden ist.
Normenkette
StGB § 69 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Oldenburg (Entscheidung vom 22.10.2018; Aktenzeichen 13 Ns 310/18) |
Tenor
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der 13. kleinen Strafkammer des Landgerichts Oldenburg vom 22. Oktober 2018 wird auf seine Kosten als unbegründet verworfen.
Gründe
Die zulässige Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg.
Das angefochtene Urteil weist keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Insoweit nimmt der Senat zunächst auf die Ausführungen der Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme vom 12. Dezember 2018 Bezug.
Das Verteidigervorbringen im Schriftsatz vom 19. Dezember 2018 rechtfertigt keine abweichende Entscheidung. Die verfahrensgegenständliche Tat hatte der Angeklagte am 6. Januar 2018 begangen. Das vorgelegte Gutachten der Begutachtungsstelle für Fahreignung "L... Service" datiert vom 5. Juni 2018. Soweit das Landgericht ausführt, dass das Gutachten angesichts des zwischen der Tat und dem Begutachtungszeitpunkt liegenden Zeitraums von lediglich fünf Monaten im Falle einer Anordnung einer MPU durch die Verwaltungsbehörde bereits aus Fristgründen obsolet wäre, da insoweit mindestens sechs Monate zwischen Tat und Begutachtung liegen müssten, bringt es damit lediglich einen in den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung (Bundesanstalt für Straßenwesen, Bergisch Gladbach, Stand 24. Mai 2018) unter Nummer 3. 13.1 (Missbrauch von Alkohol) niedergelegten Leitsatz zur Geltung. Danach können die Voraussetzungen zum Führen von Kraftfahrzeugen unter anderem nur dann als wiederhergestellt gelten, wenn die vollzogene Änderung im Umgang mit Alkohol stabil und motivational gefestigt ist. Das ist neben weiteren Umständen nur dann anzunehmen, wenn die Änderung nach genügend langer Erprobung und Erfahrungsbildung bereits in das Gesamtverhalten integriert ist. Als "genügend lange Erprobung" verlangen die Leitsätze einen Zeitraum von in der Regel einem Jahr, mindestens jedoch sechs Monaten. Da es schon an dem erforderlichen Zeitraum fehlt, hat es die Strafkammer zu Recht abgelehnt, das vorgelegte Gutachten - unabhängig davon, ob ein solches angesichts der gesetzlichen Regelvermutung der Ungeeignetheit überhaupt ein Absehen von der Fahrerlaubnisentziehung herbeizuführen geeignet wäre (dagegen Geiger, DAR 2013, 231) - als einer verwaltungsbehördlich angeordneten MPU gleichstehend anzusehen (vgl. auch Hillmann, DAR 2012, 231, 232: "Im Falle eines stattgegebenen Beweisantrages der Verteidigung kann die MPU erst nach Ablauf besagter sechs Monate stattfinden. Der Verteidiger muss somit darauf achten, dass der MPU-Termin nicht zu früh anberaumt wird.").
Soweit das Landgericht unter Berücksichtigung der tatsächlichen Umstände die Regelvermutung des § 69 Abs. 2 Nummer 2 StGB als nicht widerlegt angesehen hat, ist auch dies revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.
Fundstellen
Haufe-Index 12847847 |
DAR 2019, 216 |