Leitsatz (amtlich)
1. Eine Terminsgebühr gem. Nr. 3105 RVG-VV entsteht nicht, wenn im schriftlichen Vorverfahren ein Versäumnisurteil verfahrensfehlerhaft ohne Antrag ergangen ist.
2. Eine Kürzung der Verfahrensgebühr im Prozesskostenhilfeverfahren kommt nicht in Betracht, wenn wegen eines unbedingten Klageauftrags eine Geschäftsgebühr nicht entstanden ist.
Verfahrensgang
AG Bad Iburg (Beschluss vom 31.01.2008; Aktenzeichen 5 F 527/07 UK) |
AG Bad Iburg (Beschluss vom 28.01.2008; Aktenzeichen 5 F 527/07 UK) |
Tenor
Die Beschlüsse des AG Bad Iburg vom 28.1.2008 und 31.1.2008 werden aufgehoben. Die an den beigeordneten Rechtsanwalt zu zahlende Prozesskostenhilfe-Vergütung wird auf 272,87 EUR festgesetzt.
Beschwerdewert: 220,33 EUR.
Gründe
I. Der Kläger hat von dem Beklagten, seinem Vater, Kindesunterhalt verlangt und ihn vorprozessual durch Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 13.7.2007 zur Auskunft über erzieltes Arbeitseinkommen aufgefordert. Nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Zustellung der Klage, die einen Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils gem. § 331 Abs. 3 ZPO nicht enthielt, ist im schriftlichen Vorverfahren ein rechtskräftiges Versäumnisurteil ergangen. Der beigeordnete Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragte die Festsetzung einer 1,3 Verfahrensgebühr und einer 0,5 Terminsgebühr nach dem gerichtlich festgesetzten Streitwert von 2.352 EUR nebst Auslagenpauschale und Mwst., insgesamt eine Vergütung von 368,66 EUR. Mit Beschluss vom 13.12.2007 setzte der Kostenbeamte die Kosten auf 148,33 EUR fest, weil er eine Terminsgebühr als nicht entstanden ansah und wegen einer vorprozessual entstandenen Geschäftsgebühr die Verfahrensgebühr auf 0,65 kürzte. Auf die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers entschied das AG Bad Iburg am 28.1.2008, dass eine Geschäftgebühr nicht anzurechnen sei. Durch ergänzenden Beschluss vom 31.1.2008 wies es den Kostenbeamten weiter an, die Terminsgebühr festzusetzen. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Bezirksrevisorin vom 13.2.2008. Durch Beschluss der Einzelrichterin vom 20.3.2008 ist die Sache dem Senat zur Entscheidung übertragen worden.
II. Die gem. §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 1 RVG statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde ist teilweise erfolgreich. Eine Terminsgebühr ist nicht anzusetzen (hierzu unter 1.). Dagegen hat die Anrechnung einer hälftigen Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr hier zu unterbleiben (hierzu unter 2.). Damit war die Vergütung in der aus dem Tenor ersichtlichen Höhe festzusetzen (Verfahrensgebühr: 209,30 zzgl. 20 Pauschale zzgl. 43,58 Mwst. = 272,87 EUR).
1. Die Terminsgebühr ist nicht entstanden, weil es an dem erforderlichen Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils fehlt. Entgegen der Auffassung des AG ist ein solcher Antrag nicht konkludent gestellt worden. § 331 Abs. 3 ZPO setzt neben dem Sachantrag einen zusätzlichen Prozessantrag des Klägers voraus. Diese klare gesetzliche Regelung würde umgangen, wenn der Sachantrag stets einen konkludenten Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils enthielte.
Der Vorschrift der Nr. 3105 RVG-VV zu Folge fällt die Terminsgebühr u.a. dann i.H.v. 0,5 an, wenn ein Termin wahrgenommen wird, in dem eine Partei nicht erschienen oder nicht ordnungsgemäß vertreten ist und lediglich ein Antrag auf Versäumnisurteil gestellt wird. Gemäß Anm. 1 Ziff. 2 zu Nr. 3105 RVG-VV entsteht die Gebühr auch dann, wenn "eine Entscheidung gem. § 331 Abs. 3 ZPO ergeht". Die Frage, ob dies auch dann gilt, wenn der Antrag fehlte, das Versäumnisurteil also verfahrensfehlerhaft erging, wird uneinheitlich beantwortet. Teils wird die Entstehung der Terminsgebühr unter Hinweis darauf befürwortet, dass der Gesetzeswortlaut allein auf das Ergehen der Entscheidung abstelle und nicht zu überprüfen sei, ob diese in prozesswidriger Weise ergangen sei. Überdies müsse der Kläger gem. § 139 ZPO auf das Fehlen des Antrags hingewiesen werden und der Beklagte werde durch die Festsetzung der Gebühr nicht beschwert (OLG Jena MDR 2006, 1196; OLG München, JurBüro 2007, 589). Nach anderer Auffassung ist der Antrag Voraussetzung für die Entstehung der Gebühr (OLG Düsseldorf MDR 1984, 950 zu § 35 BRAGO; Hartmann, Kostengesetze, 38. Aufl. 2008, VV 3105 Rz. 7; Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, 17. Aufl. 2006, 3105 VV Rz. 23).
Der Senat schließt sich der letzteren Ansicht an. Der Gesetzeswortlaut wird unzulässig verkürzt, wenn nur auf Anm. 1 Ziff. 2 zu VV 3105 RVG abgestellt wird, da Nr. 3105 RVG-VV ausdrücklich an die Stellung eines Antrags auf Versäumnisurteil anknüpft. In der Anm. 1 Ziff. 2 wird lediglich klargestellt, dass dies auch gilt, wenn eine Entscheidung im schriftlichen Vorverfahren gem. § 331 Abs. 3 ZPO ergeht, ohne damit auf das Erfordernis eines Antrags zu verzichten. Dies wäre auch nicht sachgerecht, denn mit der Gebühr wird die anwaltliche Tätigkeit vergütet, die im Fall des § 331 Abs. 3 ZPO neben der durch die Verfahrensgebühr bereits a...