Leitsatz (amtlich)
1. Ist bei der Durchführung des Versorgungsausgleichs nach altem Recht ein Anrecht unberücksichtigt geblieben, kann der Ausgleich nicht nachträglich durch den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich nach neuem Recht durchgeführt werden. Die §§ 20 - 26 VersAusglG sind keine Auffangregelungen, die einen nachträglichen Ausgleich von vergessenen Anrechten ermöglichen.
2. Ein Anspruch auf Schadensersatz wegen bei der Auskunft verschwiegener Auskünfte kann als Familienstreitsache nicht im Änderungsverfahren zum Versorgungsausgleich durchgeführt werden.
Normenkette
VersAusglG §§ 20, § 20 ff., §§ 21-26
Verfahrensgang
AG W. (Beschluss vom 16.04.2012) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird unter gleichzeitiger Zurückweisung seines weiter gehenden Rechtsmittels der am 16.4.2012 verkündete Beschluss des AG - Familiengericht - W. geändert und wie folgt neu gefasst:
a) Der Antrag der Antragstellerin auf Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs wird abgewiesen.
b) Der Hilfsantrag der Antragstellerin auf Zahlung eines Schadenersatzes wird als unzulässig verworfen.
c) Der Widerantrag des Antragsgegners wird abgewiesen.
2. Die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Verfahrens tragen zu 2/3 die Antragstellerin und zu 1/3 der Antragsgegner.
4. Das Beschwerdewert wird auf bis zu 10.000 EUR festgesetzt, davon für den Widerantrag des Antragsgegners auf bis zu 3.000 EUR.
Gründe
I. Die im Jahre 1963 geschlossene Ehe der Beteiligten wurde durch Urteil des AG - Familiengericht - S. vom 9.5.1985 geschieden. Gleichzeitig wurde der Versorgungausgleich geregelt und vom Versicherungskonto des Ehemannes bei der B. auf das Versicherungskonto der Ehefrau bei der L. H. Rentenanwartschaften i.H.v. monatlich 422,35 DM übertragen (4 F 232/84 AG S.).
Im vorliegenden Verfahren hat die Antragstellerin am 9.12.2010 die Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs begehrt mit dem Ziel der nachträglichen Einbeziehung einer vom Antragsgegner nach ihrer Behauptung während der Ehezeit erworbenen betrieblichen Altersversorgung. Im Scheidungsverbundverfahren habe der Antragsgegner seine damals schon bestehende Anwartschaft auf Zahlung einer betrieblichen Altersversorgung schuldhaft nicht offengelegt. Nur deshalb sei dieses Anrecht im Versorgungsausgleich nicht berücksichtigt worden. Hilfsweise stehe ihr ein Anspruch auf Zahlung eines Schadenersatzes nach Deliktsrecht zu Seite.
Die Antragstellerin hat beantragt, den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich insoweit durchzuführen, als dem Antragsgegner von der D. T. OHG eine betriebliche Altersversorgung gezahlt wird.
Hilfsweise hat die Antragstellerin beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, ab Februar 2012 monatlich 159,05 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz auf den jeweils fälligen Betrag und für die Zeit von Juli 2008 bis einschließlich Januar 2012 einen Rückstand von 6.339,15 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Antragsgegner hat beantragt, den Antrag und den Hilfsantrag der Antragstellerin abzuweisen.
Mit seinem Widerantrag hat der Antragsgegner beantragt, das Urteil des AG - Familiengericht S. vom 9.5.1986 (4 F 232/84 AG S..) im Ausspruch zum Versorgungsausgleich dahin zu ändern, das ein Versorgungsausgleich bezogen auf die Zeit seit dem 30.4.1984, hilfsweise ab Antragste llung unterbleibt.
Die Antragstellerin hat beantragt,den Widerantrag abzuweisen.
Der Antragsgegner hat zum Widerantrag vorgetragen, eine Kürzung seiner Altersversorgung sei 25 Jahre nach der Scheidung nicht mehr hinzunehmen. Die zum Zeitpunkt der Scheidung 47-jährige Antragstellerin habe bis zum Eintritt in die Altersversorgung die Möglichkeit zur eigenen Vorsorge gehabt. Versäumnisse in diesem Bereich dürften nicht zu seinen Lasten ausgeglichen werden. Hinzukomme, dass er aufgrund einer nichtigen Scheidungsfolgenvereinbarung vom 5.7.1984 ohne Rechtsgrund Unterhalt gezahlt habe.
Das AG - Familiengericht - W. hat mit Beschluss vom 16.4.2012 den Antrag der Antragstellerin auf Durchführung eines schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs abgewiesen und auf ihren Hilfsantrag hin den Antragsgegner verpflichtet, den verlangten Schadenersatzes nebst Zinsen zu zahlen. Den Widerantrag des Antragsgegners hat das Familiengericht abgewiesen. Zur Begründung hat das Familiengericht ausgeführt, der Antrag auf Durchführung eines schuldrechtlichen Versorgungsausgleich sei unbegründet. Zwar sei die betriebliche Anwartschaft des Antragsgegners im Scheidungsverbundverfahren nicht berücksichtigt worden, weil der Antragsgegner - bewusst oder unbewusst - eine unzutreffende Auskunft erteilt habe. Eine Änderung des Versorgungsausgleichs komme gleichwohl nur für solche Anrechte in Betracht, die auch im bisherigen Versorgungsausgleich einbezogen worden seien (§ 51 Abs. 1 VersAusglG). An dieser Voraussetzung fehle es vorliegend. Der Gesetzgeber habe an der bis zum 31.8.2009 geltenden Regelung...