Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungsausgleich: Ausschluss bei sehr kurzer Ehedauer und Anrechten aus Kindererziehungszeiten
Leitsatz (redaktionell)
1. Allein der Umstand, dass die Anwartschaften der Ehefrau auf Kindererziehungszeiten zurückzuführen sind, genügt für sich genommen nicht aus, um den Versorgungsausgleich auszuschließen.
2. Lebten die Eheleute von den 12 Monaten der Ehedauer nur ca. 2 Monate zusammen, ist die Zeit des Zusammenlebens sowohl absolut als auch relativ zur Ehezeit und zur Trennungszeit so kurz, dass die Versorgungsgemeinschaft als praktisch nicht entstanden anzusehen ist. Ein Versorgungsausgleich findet deshalb gemäß § 1587c Nr. 1 BGB nicht statt.
Normenkette
BGB § 1587c Nr. 1; SGB VI § 56
Verfahrensgang
AG Delmenhorst (Urteil vom 12.02.2008; Aktenzeichen 22 F 239/07 S) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Antragstellerin hin wird das Urteil des AG - FamG - Leer vom 12.2.2008 im Ausspruch zum Versorgungsausgleich aufgehoben und wie folgt neu gefasst: Der Versorgungsausgleich findet nicht statt.
II. Die Parteien tragen ihre außergerichtlichen Kosten jeweils ganz und die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens je zu ½.
III. Der Beschwerdewert wird auf 1.000 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Parteien, die durch das Urteil vom 12.2.20008 geschieden worden sind, streiten darum, ob der Versorgungsausgleich durchzuführen ist.
Die Parteien heirateten am 11.8.2006 und trennten sich bereits im Oktober 2006. Im Dezember 2006 wurde die gemeinsame Tochter geboren, die ausschließlich von der Mutter, der Antragstellerin, betreut wurde. Der Scheidungsantrag der Antragstellerin wurde am 10.8.2007 zugestellt. Als für den Versorgungsausgleich maßgebliche Ehezeit gilt daher die Zeit vom 1.8.2006 bis zum 31.7.2007. In der Ehezeit erwarb die Antragstellerin (aus Mutterschutz und Erziehungszeiten) Rentenanwartschaften i.H.v. 22,67 EUR monatlich, der Antragsgegner Anwartschaften i.H.v. 11,10 EUR monatlich. Dementsprechend hat das AG den Versorgungsausgleich durchgeführt und vom Konto der Antragstellerin Anwartschaften i.H.v. 5,79 EUR auf das Konto des Antragsgegners übertragen.
Die hiergegen eingelegte Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg. Der Versorgungsausgleich findet gem. § 1587c Nr. 1 BGB nicht statt, da die Inanspruchnahme der Antragstellerin unter Berücksichtigung der beiderseitigen Verhältnisse unbillig wäre. Zwar ist dem AG darin zuzustimmen, dass allein der Umstand, dass die Anwartschaften der Antragstellerin auf Kindererziehungszeiten beruhen, für sich genommen nicht genügt, um den Versorgungsausgleich auszuschließen (so auch OLG Köln OLGReport Köln 2004, 223). Besonders zu berücksichtigende Umstände können aber darin bestehen, dass eine eheliche Lebensgemeinschaft wegen der außergewöhnlichen Kürze des Zusammenlebens nicht entstanden ist. In diesen Fällen fehlt dem Versorgungsausgleich die eigentlich rechtfertigende Grundlage, denn jede Ehe ist infolge der auf Lebenszeit angelegten Gemeinschaft im Keim eine Versorgungsgemeinschaft, die der beiderseitigen Alterssicherung dienen soll (BGH FamRZ 2007, 1964; OLG Karlsruhe, FamRZ 1997, 567; OLG Saarbrücken MDR 2003, 510). Diese Versorgungsgemeinschaft ist schon während der Trennungszeit aufgehoben, so dass der Versorgungsausgleich um so eher auszuschließen ist, je länger die Trennungszeit im Verhältnis zum tatsächlichen Zusammenleben gewährt hat (BGH, a.a.O.). Nach Maßgabe dieser Grundsätze wäre die Durchführung des Versorgungsausgleichs hier unbillig. Bereits die Ehezeit ist die - unter Berücksichtigung des § 1565 Abs. 2 BGB - im Regelfall kürzest mögliche Ehezeit. Von diesen 12 Monaten der Ehedauer lebten die Eheleute nur ca. 2 Monate zusammen, ca. 10 Monate waren sie getrennt. Hier ist die Zeit des Zusammenlebens sowohl absolut als auch relativ zur Ehezeit und zur Trennungszeit so kurz, dass die Versorgungsgemeinschaft als praktisch nicht entstanden anzusehen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 93a ZPO, die Wertfestsetzung auf § 49 GKG.
Fundstellen
FamRZ 2008, 1866 |
OLGR-Nord 2009, 99 |