Leitsatz (amtlich)
Über ein Ablehnungsgesuch gegen einen originären Einzelrichter hat dessen geschäftsplanmäßiger Vertreter und nicht die Zivilkammer in voller Besetzung zu entscheiden.
Verfahrensgang
LG Oldenburg (Beschluss vom 12.05.2005; Aktenzeichen 6 O 203/05) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Streitverkündeten zu 1) gegen den Beschluss des LG Oldenburg vom 12.5.2005 wird auf seine Kosten als unbegründet zurückgewiesen.
Gründe
In dem vor dem originären Einzelrichter des LG geführten Zivilrechtsstreit hat der Streitverkündete zu 1) den Richter wegen Befangenheit abgelehnt. Das Befangenheitsgesuch ist vom geschäftsplanmäßigen Vertreter des Einzelrichters als unbegründet abgelehnt worden.
Hiergegen wendet sich der Streitverkündete zu 1) mit der vorliegenden sofortigen Beschwerde, der das LG nicht abgeholfen hat. Der Beschwerdeführer rügt, über sein Ablehnungsgesuch habe die Zivilkammer in voller Besetzung entscheiden müssen. Das Rechtsmittel ist gem. § 46 Abs. 2 ZPO zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.
Der angefochtene Beschluss ist nicht von einem unzuständigen Richter erlassen worden. Der entscheidende Richter war als geschäftsplanmäßiger Vertreter des originären Einzelrichters für die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch zuständig.
Über ein Ablehnungsgesuch hat nach § 45 Abs. 1 ZPO das Gericht, dem der Abgelehnte angehört, ohne dessen Mitwirkung zu entscheiden. Gericht in diesem Sinne ist der mit der Sache befasste Spruchkörper. Das ist nach § 75 GVG die Zivilkammer, soweit nicht nach dem maßgeblichen Prozessgesetz an Stelle der Kammer der Einzelrichter zu entscheiden hat. Nach der im vorliegenden Zivilrechtsstreit maßgeblichen ZPO hat die Zivilkammer durch eines ihrer Mitglieder als Einzelrichter zu entscheiden (§ 348 Abs. 1 S. 1 ZPO); nur in bestimmten Ausnahmefällen, die in § 348 Abs. 1 S. 2 ZPO abschließend aufgezählt sind, ist statt des Einzelrichters die Zivilkammer in voller Besetzung zuständig. Der vorliegende Rechtsstreit gehört als solcher danach in den Zuständigkeitsbereich des originären Einzelrichters. Eine abweichende Zuständigkeit für die Entscheidung über ein Ablehnungsgesuch besteht nicht. Solche Entscheidungen sind in § 348 Abs. 1 S. 2 ZPO nicht als Ausnahmefall angeführt. Mithin verbleibt es insoweit bei der generellen Zuständigkeit des originären Einzelrichters. Da der abgelehnte Einzelrichter an der Entscheidung selbst nicht mitwirken darf, ist sein geschäftsplanmäßiger Vertreter hierzu berufen (so auch KG v. 12.4.2004 - 15 W 2/04, MDR 2004, 1377 = KGReport Berlin 2004, 391 = NJW 2004, 2104; OLG Karlsruhe OLGReport Karlsruhe 2003, 523).
Die teilweise vertretene abweichende Meinung (s. Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 45 Rz. 1, 2, m.w.N.), verkennt das Regel-Ausnahmeverhältnis der Zuständigkeit des originären Einzelrichters. Anders als bei dem obligatorischen Einzelrichter nach § 348a ZPO (s. hierzu die Entscheidung des OLG Oldenburg v. 12.4.2004, NdsRpfl 2005, 70) ist der originäre Einzelrichter grundsätzlich uneingeschränkt für alle Entscheidungen zuständig, die im Verlauf eines Zivilrechtsstreits zu treffen sind. Die Erwägung des OLG Schleswig (OLG Schleswig v. 14.9.2004 - 16 W 97/04, OLGReport Schleswig 2005, 10), beim LG entschieden stets nur Kammern, weshalb diese das "Gericht" i.S.v. § 45 Abs. 1 ZPO seien, führt nicht weiter. Maßgeblich ist allein, durch wen nach dem Gesetz die Zivilkammer zu entscheiden hat. Das ist hier der Einzelrichter. Entgegen OLG Schleswig (OLG Schleswig v. 14.9.2004 - 16 W 97/04, OLGReport Schleswig 2005, 10) ist durch die Zivilprozessreform auch nicht nur eine bloße Ausweitung des Zuständigkeitsbereiches des Einzelrichters vorgenommen worden, sondern dessen Zuständigkeit zum (nur ausnahmsweise durchbrochenen) Grundsatz erhoben worden.
Angesichts dieser gesetzlichen Zuständigkeitszuweisung kann für eine andere Sichtweise auch nicht darauf abgestellt werden, eine kollegialgerichtliche Entscheidung über ein Ablehnungsgesuch sei sachlich besser, so OLG Schleswig (OLG Schleswig v. 14.9.2004 - 16 W 97/04, OLGReport Schleswig 2005, 10). Das mag zutreffen, geht aber an der bindenden Gesetzeslage vorbei und dürfte auch der Intention des Gesetzgebers widersprechen, der die Zuständigkeit des Einzelrichters immer mehr ausgeweitet hat und offenbar einzelrichterliche Entscheidungen den von Kollegialgerichten getroffenen für ebenbürtig erachtet. Auch in der Sache ist die angefochtene Entscheidung nicht zu beanstanden.
Ihre Gründe treffen zu. Das Ablehnungsgesuch stützt sich auf juristische Wertungen und Verfahrensweisen des abgelehnten Richters, die der Streitverkündete für rechtlich falsch hält. Das LG hat bei dieser Sachlage zu Recht entschieden, dass eine Besorgnis der Befangenheit im Sinne von § 42 Abs. 2 ZPO nicht gegeben ist.
Die Kostenentscheidung entspricht § 97 Abs. 1 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 1374556 |
NJW-RR 2005, 931 |
MDR 2005, 1129 |
OLGR-Nord 2005, 592 |
www.judicialis.de 2005 |