Leitsatz (amtlich)
Zur Auslegung von § 119 Abs. 1 Ziff. 1 b GVG.
Verfahrensgang
AG Westerstede (Beschluss vom 13.05.2003; Aktenzeichen 91 M 844/03) |
Tenor
Das OLG ist für die Entscheidung über die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluss des AG Westerstede vom 13.5.2003 nicht zuständig.
Gründe
I. Die Schuldnerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach englischem Recht. Sie unterhält in W. eine im Handelsregister eingetragene Zweigniederlassung. Als „Vorstand, persönlich haftende Gesellschafter, Geschäftsführer, Abwickler” ist im Handelsregister … B… eingetragen.
Die Gläubigerin betreibt die Vollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid.
Nach erfolglosem Pfändungsversuch ist Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung anberaumt worden. In diesem Termin hat.
B. der Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung mit der Begründung widersprochen, er sei lediglich Angestellter (nicht Geschäftsführer) der Firma B. und nach englischem Recht nicht bevollmächtigt, die eidesstattliche Versicherung abzugeben.
Das AG hat den Widerspruch zurückgewiesen und der sofortigen Beschwerde hiergegen nicht abgeholfen. Es hat die Akte zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde dem LG vorgelegt, das die Sache an das AG zurückgegeben hat. Das LG hat die Zuständigkeit des OLG zur Entscheidung über die Beschwerde gem. § 119 Abs. 1 Ziff. 1 b GVG als gegeben angesehen.
II. Das OLG ist zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde nicht berufen.
Zuständig ist das OLG gem. § 119 Abs. 1 Ziff. 1 b GVG in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten u.a. für die Verhandlung und Entscheidung über Beschwerden bei Streitigkeiten über Ansprüche, die von einer oder gegen eine Partei erhoben werden, die ihren allgemeinen Gerichtsstand im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit in erster Instanz außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes hatte. § 119 Abs. 1 Ziff. 1 b GVG begründet somit eine von den allgemeinen Vorschriften abweichende Zuständigkeitsregelung und ist deshalb als Ausnahmevorschrift eng auszulegen.
Vorliegend geht es nicht um eine Streitigkeit über einen Anspruch, der rechtshängig geworden ist. Die Gläubigerin begehrt vielmehr aufgrund eines vorliegenden Titels die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung, somit eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung.
Für den Gesetzgeber hat sich bei der Neufassung des § 119 Abs. 1 Ziff. 1 b GVG die Anknüpfung an den allgemeinen Gerichtsstand im Ausland daraus gerechtfertigt, dass das Gericht in diesen Fällen regelmäßig die Bestimmung des internationalen Privatrechts anzuwenden habe, um zu entscheiden, welches materielle Recht es seiner Entscheidung zugrunde zu legen habe. Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor, da es nicht darum geht zu ermitteln, welche Rechtsordnung anzuwenden ist.
Hätte der Gesetzgeber die Zuständigkeit das OLG für alle Beschwerdeentscheidungen begründen wollen, in denen eine der beteiligten Parteien den allgemeinen Gerichtsstand im Ausland hat, hätte er dies deutlich zum Ausdruck bringen müssen.
Das LG hat sich somit zu Unrecht als unzuständig angesehen.
Gleichwohl kommt eine direkte Rückgabe an das LG nicht in Betracht. Die Sache wird deshalb an das AG zurückgegeben, damit dieses die sofortige Beschwerde erneut dem LG zur Entscheidung vorlegt.
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Fundstellen
Haufe-Index 1109140 |
OLGR-CBO 2003, 374 |
www.judicialis.de 2003 |