Leitsatz (amtlich)
1. Die Einführung des § 15a RVG stellt eine Gesetzesänderung i.S.v. § 60 Abs. 1 RVG dar.
2. Wird in einem Verfahren der gerichtsnahen Mediation eine Einigung auch über nicht rechtshängige Ansprüche erzielt und insoweit Prozesskostenhilfe für den Vergleichsabschluss bewilligt, kann bezogen auf den höheren Streitwert lediglich eine Einigungsgebühr, nicht aber eine Verfahrens- oder Terminsgebühr festgesetzt werden.
Verfahrensgang
LG Osnabrück (Beschluss vom 08.09.2009; Aktenzeichen 12 O 693/07) |
Tenor
Die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Klägerin gegen den Beschluss der 12. Zivilkammer des LG Osnabrück vom 8.9.2009 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Klägerin verlangte von dem Beklagten Zahlung von 6000 EUR. Hierfür wurde ihr Prozesskostenhilfe bewilligt. In einem gerichtlichen Mediationsverfahren schlossen die Parteien am 8.5.2009 einen Vergleich, der neben dem bereits rechtshängigen Zahlungsanspruch die Auseinandersetzung einer gemeinsamen Immobilie zum Gegenstand hatte. Der Streitwert wurde mit Beschluss vom 13.5.2009 für das Verfahren auf bis zu 6000 EUR und für den Vergleich auf bis zu 35.000 EUR festgesetzt. Mit Beschluss vom 10.7.2009 bewilligte das LG Osnabrück der Klägerin nachträglich Prozesskostenhilfe für den (Mehr-) Vergleich. Wegen des Sachverhalts wird im Übrigen auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 6.8.2009 setzte das LG Osnabrück die Vergütung des Rechtsanwalts auf 1.303,51 EUR fest. Dabei rechnete es auf die Verfahrensgebühr die hälftige außergerichtliche Geschäftsgebühr an und ging für die Verfahrens- und Terminsgebühr nur von dem Verfahrensstreitwert von 6000 EUR, für die Einigungsgebühr dagegen von 35.000 EUR aus. Die dagegen gerichtete Erinnerung wies die 12. Zivilkammer des LG Osnabrück mit dem angefochtenen Beschluss zurück.
Hiergegen wendet sich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit seiner Beschwerde. Er errechnet einen Vergütungsanspruch von 1979,19 EUR und hält daran fest, dass eine Anrechnung der hälftigen Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr nach der am 5.8.2009 in Kraft getretenen Bestimmung des § 15a RVG nicht mehr zulässig sei. Diese Vorschrift sei auch auf Verfahren anzuwenden, bei denen die Beauftragung des Anwalts bereits vor dem 5.8.2009 erfolgt sei. Sowohl die (ungekürzte) Verfahrens- als auch die Terminsgebühr seien nach einem Streitwert von 35.000 EUR zu bemessen.
Der Bezirksrevisor bei dem LG Osnabrück hat zu der Beschwerde Stellung genommen.
II. Die Beschwerde ist gem. §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 und 4 RVG zulässig. Insbesondere ist der Beschwerdewert von 200 EUR erreicht. Sie ist jedoch unbegründet. Die Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr ist zu Recht erfolgt (1.). Für die nicht rechtshängigen Ansprüche fällt nur eine Einigungsgebühr an (2.).
I. Die teilweise Anrechnung der vorgerichtlichen Geschäftsgebühr auf die gerichtliche Verfahrensgebühr gemäß Teil 3 Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV zum RVG entspricht für die Zeit vor dem 5.8.2009 der herrschenden Rechtsprechung, der auch der Senat folgt (vgl. im Einzelnen BGH Beschl. v. 22.1.2008 - VIII ZB 57/07, NJW 2008, 1323 ff.). Eine solche Geschäftsgebühr ist aufgrund der außergerichtlichen Aufforderung vom 24.11.2006 auch entstanden und ihr Ersatz mit dem Klageantrag zu Ziff. 2 verlangt worden. Auf die Begründung in dem angefochtenen Beschluss wird insoweit Bezug genommen.
An der Anrechnung ändert auch die Einführung des § 15a RVG für sog. "Altfälle" nichts, weil insoweit § 60 Abs. 1 RVG Anwendung findet, wonach die Vergütung nach bisherigem Recht zu berechnen ist, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit i.S.d. § 15 RVG vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung erteilt worden ist. Der Senat hat bereits für das Kostenfestsetzungsverfahren entschieden, dass die Einführung des § 15a RVG durch das am 23.4.2009 beschlossene Gesetz zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen Berufsrecht eine Gesetzesänderung i.S.d. § 60 Abs. 1 RVG darstellt (Beschluss des Senats vom 7.10.2009 - 13 W 43/09; vgl. auch OLG Celle OLGReport Celle 2009, 749; OLG Frankfurt, Beschl. v. 10.8.2009 - 12 W 91/09; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 6.8.2009 - 20 W 62/09; OLG Hamm, Beschl. v. 22.6.2009 - 6 WF 154/09), und hält hieran auch für das Verfahren der Vergütungsfestsetzung gem. § 55 RVG fest.
II. Für die nicht rechtshängigen Ansprüche, die Gegenstand des geschlossenen Vergleichs waren, hat das LG zu Recht nur die Einigungsgebühr festgesetzt. Gemäß § 48 Abs. 1 RVG ist der Beschluss über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe maßgeblich für den Vergütungsanspruch. Die Bewilligung ist nach dem Beschluss vom 10.7.2009 ausdrücklich nur auf den Abschluss des (Mehr-) Vergleichs bezogen und erfasst damit nur die Einigungsgebühr. Vergleichbar ist die Sachlage mit dem Abschluss eines Vergleichs im Verfahren der Bewilligung von Prozesskostenhilfe gem. § 118 Abs. 1 S. 3 ZPO. Insoweit hat der Senat bereits entschieden, dass dann, wenn die Bewilligung nur für den Abschl...