Verfahrensgang
AG Papenburg (Beschluss vom 22.01.2016; Aktenzeichen 3 F 185/14 RI) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Papenburg vom 22.1.2016 unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels teilweise geändert und der Antragsgegner verpflichtet, an die Antragstellerin 3.423,09 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von 2.340 EUR seit dem 30.05.2014 sowie aus weiteren 83,09 EUR seit dem 28.11.2014 und aus weiteren 1.000 EUR seit dem 27.03.2015 zu zahlen.
Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Verfahrenswert: 8.123 EUR.
Gründe
I. Die im Jahr 1936 geborene Antragstellerin nimmt den 1924 geborenen Antragsgegner auf Ersatz materieller und - hilfsweise - immaterieller Schäden nach Rücktritt aus einem Verlöbnis in Anspruch.
Die Beteiligten lernten sich im Juni/Juli 2013 über eine Partnerbörse im Internet kennen. Der Antragsgegner gab an, verwitwet zu sein. Tatsächlich war er seit Oktober 2012 wieder verheiratet, was er der Antragstellerin verschwieg. Als sich die Beteiligten kennen lernten, lebte der Antragsgegner von seiner Ehefrau, einer jüngeren Frau aus Lettland, getrennt. Die Antragstellerin besuchte den Antragsgegner im Sommer 2013 in seinem Haus in S Nach diesem Besuch löste die Antragstellerin ihre Wohnung in Oberbayern auf und zog zum Antragsgegner. Die Antragstellerin behauptet, die Beteiligten hätten sich bereits vor ihrem Umzug verlobt. Der Antragsgegner klärte die Antragstellerin über das Bestehen der Ehe mit seiner lettischen Frau auch nach ihrem Einzug in sein Haus nicht auf. Die Antragstellerin drängte den Antragsgegner mehrfach, die Heirat vorzunehmen. Nachdem sie von Dritten von der lettischen Ehefrau des Antragsgegners erfahren hatte, verließ sie den Antragsgegner und zog in ihre Heimat zurück. Ohne das Eheversprechen hätte sie ihre Wohnung in Oberbayern nicht aufgelöst und wäre nicht zu dem Antragsgegner nach S gezogen. Sie begehrt Ersatz der damit verbundenen Kosten, wobei wegen der einzelnen Schadensposten auf den Beschluss des AG - Familiengericht Papenburg vom 22.1.2016 Bezug genommen wird.
Der Antragsgegner behauptet, die Verlobung mit der Antragstellerin habe erst nach ihrem Einzug stattgefunden. Er sei auch nach ihrem Auszug noch bereit gewesen, die Antragstellerin zu ehelichen, sobald das von ihm eingeleitete Scheidungsverfahren beendet und er von seiner lettischen Frau geschieden wäre. Er habe der Antragstellerin das Bestehen der Ehe nicht mitgeteilt, weil er befürchtet habe, dass sie ihn dann sofort wieder verlasse.
Das AG hat die Beteiligten persönlich angehört und im Wege der Rechtshilfe Frau M M als Zeugin zum Zeitpunkt der Verlobung vernommen. Nach Durchführung der Beweisaufnahme hat es den Antrag abgewiesen. Die Antragstellerin habe nicht beweisen können, dass ihr der Antragsgegner bereits die Ehe versprochen hatte, als sie ihren Haushalt in Oberbayern auflöste und nach S umzog. Die Zeugin M habe zum Zeitpunkt der Verlobung keine verwertbaren Angaben gemacht. Auch ein immaterieller Schadenersatzanspruch sei nicht gegeben. Ein Ansehens- oder Ehrverlust der Antragstellerin aufgrund eines Zusammenlebens mit einem verheirateten, aber getrennt lebenden Mann sei nach heutigen Maßstäben nicht erkennbar.
Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren erstinstanzlichen Antrag weiter. Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Senat hat weiter Beweis erhoben und die Tochter der Antragstellerin sowie deren Ehemann im Wege der Rechtshilfe zum Zeitpunkt der Verlobung vernehmen lassen. Entsprechend der durch Beschluss vom 24.6.2016 mitgeteilten Absicht entscheidet der Senat nach Ablauf der den Beteiligten bis zum 22.7.2016 eingeräumten Frist zur Stellungnahme im schriftlichen Verfahren gemäß §§ 117 Abs. 3, 68 Abs. 3 FamFG.
II. Die Beschwerde ist zulässig und zum Teil begründet.
Der Antragsgegner hat der Antragstellerin Ersatz der Schäden zu leisten, die daraus entstanden sind, dass sie in Erwartung einer Eheschließung mit ihm Aufwendungen getätigt und Vermögensdispositionen vorgenommen hat. Ob der Anspruch aus §§ 1298f BGB folgt, kann dahin gestellt bleiben. Nach derzeit noch herrschender Meinung werden Verlöbnisse mit einem noch Verheirateten als sittenwidrig und nichtig angesehen (Staudinger/Löhning, BGB, Bearb. 2015, Rn. 25 mwN). Die Frage bedarf aber keiner Vertiefung, weil der Partner, der - wie unstreitig die Antragstellerin - den Mangel nicht kannte, nach allgemeiner Meinung Schadenersatz beanspruchen kann, wobei der Anspruch teils aus analoger Anwendung der §§ 1298 ff. BGB, teils aus Deliktsrecht oder §§ 311a 11 BGB hergeleitet wird (Staudinger/Löhning aaO; Gernhuber/Coester-Waltjen, § 8 Rn. 24).
Nach Durchführung der weiteren Beweisaufnahme ist der Senat davon überzeugt, dass die Verlobung im Sommer 2013 vor dem Umzug der Antragstellerin nach S stattgefunden hat, so dass die mit dem Umzug der Antragstellerin verbundenen Maßnahmen auf d...