Entscheidungsstichwort (Thema)
Familiensache: Zuweisung einer Ehewohnung bei Unzumutbarkeit des weiteren Zusammenlebens
Leitsatz (amtlich)
Die Zuweisung der gemeinsamen Ehewohnung an einen Ehegatten kommt zur Verhinderung einer "unbilligen Härte" i.S.v. § 1361b Abs. 1 Satz 1 BGB in Betracht, wenn der Ehefrau ein weiteres Zusammenleben mit dem Ehemann nicht zugemutet werden kann. Dies ist dann der Fall, wenn der Ehemann die Ehefrau erheblich bedroht und sich bereits gewaltsam Zugang zur Wohnung verschafft hat.
Normenkette
BGB § 1361b Abs. 1 S. 1, § 1631b Abs. 2 S. 1
Verfahrensgang
AG Oldenburg (Oldenburg) (Entscheidung vom 16.01.2017; Aktenzeichen 92 F 47/16 EAGS) |
Tenor
Der Antrag des Antragsgegners auf Aussetzung der Vollziehung des Beschlusses des Amtsgerichts - Familiengericht - Oldenburg vom 16. Januar 2017 wird zurückgewiesen.
Gründe
Die Beschwerde des Antragsgegners richtet sich den gegen hiermit in allen Einzelheiten in Bezug genommenen Beschluss des Amtsgerichts vom 16. Januar 2017, durch welchen dieses im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren dem Antragsgegner auferlegt hat, der Antragstellerin die aus einem Einfamilienhaus bestehende Wohnung H..., 2... Oldenburg, zur alleinigen Benutzung zu überlassen. Ferner hat es, befristet bis zum 15. Juli 2017, begleitende Unterlassungsanordnungen getroffen.
Hiergegen wendet sich der Antragsgegner mit seiner zulässigen, insbesondere form- und fristgerecht eingelegten Beschwerde, wobei er zunächst die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Beschlusses begehrt. Zur Begründung trägt er unter anderem vor, das Amtsgericht habe zu Unrecht der Antragstellerin die Wohnung nach § 2 Abs. 1 GewSchG vorläufig zugewiesen. Zunächst hätten die Beteiligten auch nach dem 06. Januar 2017, dem erneuten Einzug des Antragsgegners in die Ehewohnung, keinen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt geführt, sondern dort getrennt gelebt. Auch habe das Amtsgericht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht beachtet und dem Antragsgegner keine angemessene Räumungsfrist zugebilligt, obwohl die Gefahr bestehe, dass er wohnungslos werde. Zu den vom Antragsgegner am 07. September 2016 und am 07. Oktober 2016 getätigten Nachrichten sei er durch die Antragstellerin provoziert worden, namentlich deren Anruf auf der Wache des PK M...am 23. September 2016. Ferner seien die beiden Unterbringungsbeschlüsse des Amtsgerichts Osnabrück jeweils durch das Landgericht Osnabrück aufgehoben worden. Die wahrheitswidrigen Äußerungen der Antragstellerin, der Antragsgegner hebe viel Geld von ihren Konten ab, sei durch die von ihr selbst mit Schriftsatz vom 09. November 2016 eingereichten Kontoauszüge widerlegt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Beschwerdevorbringens wird auf den Schriftsatz vom 20. Januar 2017 Bezug genommen.
Das Begehren des Antragsgegners auf Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Beschlusses nach § 64 Abs. 3 FamFG hat keinen Erfolg.
Das Amtsgericht hat die einstweilige Anordnung, soweit es dem Antragsgegner auferlegt hat, der Antragstellerin die aus einem Einfamilienhaus bestehende Wohnung H..., 2... Oldenburg, zur alleinigen Benutzung zu überlassen, auf § 2 Abs. 1 GewSchG gestützt.
Ob das Amtsgericht die Entscheidung insofern wegen der beantragten Schutzanordnungen nach § 1 GewSchG auf § 2 Abs. 1 GewSchG stützen konnte, kann im Ergebnis offenbleiben, da auch die Voraussetzungen des § 1361b Abs. 1 und 2 BGB vorliegen. Denn für die Antragstellerin würde nach der im Anordnungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung ein weiteres Zusammenleben mit dem Antragsgegner eine unbillige Härte i.S.v. § 1361b Abs. 1 Satz 1 BGB darstellen. Dies folgt bereits aus der am 07. September 2016 auf dem Anrufbeantworter der Antragstellerin hinterlassenen und vom Antragsteller eingeräumten Drohung. Entsprechendes gilt hinsichtlich des Anrufs bei der Antragstellerin am 15. Oktober 2016, den er ebenfalls eingeräumt hat. Ferner hat sich der Antragsgegner am 06. Januar 2017 eigenmächtig und unter Zerbrechen der Terrassentür, mithin gewaltsam, Zugang zur (früheren) Ehewohnung verschafft. Zudem hat der Antragsgegner im Termin vom 16. Januar 2017 auf seine frühere berufliche Stellung als Leiter des MEK hingewiesen, so dass das Amtsgericht auch vor dem Hintergrund seiner psychischen Erkrankung zutreffend angenommen hat, er könne seine Drohungen auch umsetzen.
Da der Antragsgegner der Antragsgegnerin durch die obengenannten Nachrichten auch widerrechtlich und vorsätzlich mit einer Verletzung der Gesundheit und der Freiheit gedroht hat, ist nach § 1361b Abs. 2 Satz 1 BGB auch die Anordnung, der Antragstellerin die gesamte Wohnung zu überlassen, nicht zu beanstanden. Gründe, von diesem Regelfall abzuweichen, sind aufgrund der gravierenden Gefährdungslage für die Antragstellerin nicht ersichtlich. Denn vor diesem Hintergrund muss auch die Frage dahinstehen, ob dem Antragsgegner tatsächlich Wohnungslosigkeit droht oder ihm zuzumuten ist, zumindest übergangsweise w...