Leitsatz (amtlich)

1. Der Geschäftspartner einer GmbH, der zwar weiß, dass deren im Handelsregister eingetragener Geschäftsführer abberufen wurde, sich jedoch gerichtlich gegen die Abberufung wehrt, darf gem. § 15 Abs. 1 HGB grds. so lange auf die Vertretungsberechtigung dieses Geschäftsführers vertrauen, bis ihm positiv bekannt ist, dass die Abberufung wirksam ist bzw. diese im Handelsregister eingetragen wurde.

2. Gemäß § 242 BGB ist dies nur dann nicht der Fall, wenn der Geschäftspartner von einem Missbrauchs der Vertretungsmacht durch den eingetragenen Geschäftsführer Kenntnis hat oder sich ihm wegen der Begleitumstände ein entsprechender Verdacht aufdrängen muss.

 

Verfahrensgang

LG Oldenburg (Urteil vom 24.04.2009; Aktenzeichen 2 O 291/09)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 24.4.2009 verkündete Urteil des LG Oldenburg wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Rückzahlung derjenigen Beträge, die der frühere Geschäftsführer der Klägerin, R., in der Zeit von Februar 2004 bis September 2004 zu Lasten des bei der Beklagten geführten Girokontos Nr ... der Klägerin verfügt hat.

Gesellschafter der im Bauträgergeschäft tätigen Klägerin waren mit einem Anteil von je 50 % Herr G. R. und die V. GmbH. Ersterer war ursprünglich der alleinige Geschäftsführer der GmbH. Dies war auch im Handelsregister eingetragen.

Auf einer Gesellschafterversammlung vom 9.9.2003 erging auf Veranlassung der V. GmbH ein Beschluss dahin, dass der Geschäftsführer R. von seiner Funktion abberufen und die Geschäftsführerin der V. GmbH, Frau J. V., zur alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführerin der Klägerin bestellt wurde. Gleichzeitig wurde Herr R. aus wichtigem Grund als Gesellschafter ausgeschlossen.

Mit Beschluss vom 24.10.2003 wurde sodann im Gegenzug auf Veranlassung des Herrn R. die V. GmbH aus wichtigem Grund als Gesellschafterin ausgeschlossen.

Bereits mit Schreiben vom 19.9.2003 hatte Frau V. die Beklagte über die Abberufung des Herrn R. als Geschäftsführer unterrichtet. Am 1.10.2003 erhob Herr R. vor dem LG Oldenburg Klage gegen die Klägerin und die V. GmbH mit dem Antrag festzustellen, dass die in der Gesellschafterversammlung vom 9.9.2003 gefassten Beschlüsse nichtig sind. Am 3.11.2003 setzte das AG - Registergericht - Oldenburg die Entscheidung über die Eintragung von Frau J. V. als neue Geschäftsführerin anstelle von Herrn G. R., aus. Mit Schreiben vom 18.2.2004 hat Frau V. für die Klägerin die Kontovollmacht des Herrn R. ggü. der Beklagten gekündigt. Im Zeitraum vom 25.2.2004 bis zum 17.9.2004 nahm Herr R. sodann die in Rede stehenden Verfügungen über das GmbH-Konto i.H.v. insgesamt 137.646,94 EUR vor. Am 28.3.2004 hat Frau V. die Beklagte schriftlich darüber informiert, dass das LG Oldenburg am 6.5.2004 über die Anfechtungs-/Nichtigkeitsklage des Herrn R. gegen die Klägerin entscheiden werde. Sie hat zudem angekündigt, die Beklagte weiter zu unterrichten. Das nächste Schreiben von V. an die Beklagte datiert vom 8.12.2004. In diesem informiert sie die Beklagte unter Beifügung des Urteils im Verfahren 15 O 3274/03 LG Oldenburg nebst Rechtskraftzeugnis darüber, dass die "Beschlüsse der Gesellschafterversammlung vom 9.9.2003 betreffend die Abberufung und Ausschluss von Herrn G. R., sowie die Bestellung der Unterzeichnerin als neue Geschäftsführerin wirksam" seien. Zuvor war die Anfechtungs-/Nichtigkeitsklage des Herrn R. gegen die Klägerin mit Urteil vom 6.5.2004 rechtskräftig abgewiesen worden. Am 14.4.2005 wurde die Abberufung des Herrn R. als Geschäftsführer schließlich im Handelsregister eingetragen.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Beklagte die durch Herrn R. im Zeitraum von Februar 2004 bis zum 17.9.2004 vom Konto der Klägerin bei der Beklagten verfügten Gelder i.H.v. insgesamt 137.646,97 EUR zurück zu erstatten habe, da die Beklagte seit dem 9.9.2003 Kenntnis von der Abberufung des Geschäftsführers R. gehabt habe und daher die Verfügungen nicht mehr habe zulassen dürfen.

Die Klägerin hat dementsprechend beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 137.646,94 EUR nebst 8 % Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.9.2004 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie weist darauf hin, dass bis zur rechtskräftigen Entscheidung des LG Oldenburg im Verfahren 15 O 3274/03 unklar gewesen sei, ob die Abberufung des Geschäftsführers R. wirksam war. Dementsprechend habe sie sich bis zur Kenntnis von diesem Urteil darauf verlassen dürfen, dass Herr R. entsprechend der Eintragung im Handelsregister weiterhin als Geschäftsführer zu Kontoverfügungen befugt war.

Das LG hat die Klage durch Urt. v. 24.4.2009 - auf das hiermit zur näheren S...

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