Leitsatz (amtlich)
Bei einem Vertrag über die Abnahme von Abfällen - hier: Gülle - handelt es sich auch dann um einen Werkvertrag, wenn der Abnehmer die Abfälle wirtschaftlich verwerten will.
Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbarte feste Laufzeit schließt das gesetzliche bestehende Kündigungsrecht aus § 649 Satz 1 BGB nur aus, wenn ein entsprechender Parteiwille für den Besteller unmissverständlich zu erkennen ist.
Verfahrensgang
LG Oldenburg (Urteil vom 14.08.2009; Aktenzeichen 1 O 1473/09) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das am 14.8.2009 verkündete Urteil der Einzelrichterin des LG Oldenburg wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Gründe
I. Die Parteien streiten im Wesentlichen über die Wirksamkeit der Kündigung eines "Vertrags über die Lieferung von Wirtschaftsgütern".
Der Kläger betreibt ein Unternehmen mit der Bezeichnung "xxx". Aufgabe dieses Betriebes ist die Annahme von Kuh- und/oder Schweinegülle von Landwirten mit dem Ziel, diese ordnungsgemäß zu entsorgen. Der Beklagte ist Landwirt und hat mit dem Kläger unter dem Datum vom 5.4.2004 einen Vertrag über die Lieferung von Wirtschaftsdünger geschlossen.
Unter § 4 des Vertrages ist folgende Regelung getroffen worden:
§ 4
Vertragsdauer
1. Der Vertrag wird für die Dauer von 10 Jahren geschlossen. Die Laufzeit des Vertrages beginnt am 1.1.2005 und endet am 31.12.2014.
2. Der Vertrag verlängert sich automatisch um jeweils ein Jahr, wenn er nicht mit einer Frist von sechs Monaten vor Ablauf von einem der Vertragspartner gekündigt worden ist.
3. Landwirt und Güllebank sind sich bewusst, das der Vertrag während der Laufzeit ggü. den zuständigen Behörden allenfalls dann aufgelöst werden kann, wenn der Landwirt ab dem Zeitpunkt der Vertragsauflösung eine anderweitige anerkannte Entsorgung seines Wirtschaftsdüngers nachgewiesen hat.
Der Vertrag sieht eine zu liefernde Jahresmenge von 2.400 m3 Kuhgülle vor. Von dieser Menge sind mindestens 75 % im Frühjahr eines jeden Kalenderjahres zu liefern (mithin bis zum 21.06. eines jeden Jahres). Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Vertrag vom 5.4.2004 Bezug genommen.
Es ist unstreitig, dass der Beklagte die Lieferungen erst nach Fertigstellung der bei Vertragsschluss noch in der Planung befindlichen Stallanlagen aufnehmen sollte. Der Beklagte lieferte in der Folgezeit keine Kuhgülle an den Kläger. Recherchen des Klägers ergaben, dass die Stallanlage des Beklagten im Mai 2009 zumindest teilweise fertig gestellt und betrieben worden ist.
Der Beklagte kündigte erstmalig mit Schreiben vom 5.5.2009 und danach nochmals mit den weiteren Schreiben vom 26.6.2009 und 3.8.2009 den Vertrag fristlos.
Der Kläger hält die Kündigungen für unberechtigt und hat erstinstanzlich die Verurteilung des Beklagten zur Lieferung der vertragsmäßig ausbedungenen Milchkuhgülle beantragt und daneben die Feststellung, dass die fristlose Kündigung des Beklagten vom 5.5.2009 unbegründet sei, hilfsweise, dass die weiteren fristlosen Kündigungen vom 26.6.2009 und 3.8.2009 unbegründet seien.
Das LG hat die Klage mit Urteil vom 14.8.2009 insgesamt abgewiesen, da der Vertrag als Werksvertrag jederzeit nach § 649 BGB kündbar sei.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner fristgerecht eingelegten und rechtzeitig begründeten Berufung.
Unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens erstrebt er die Abänderung des landgerichtlichen Urteils und beantragt unter Beschränkung seines ursprünglichen Begehrens,
1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn für das Jahr 2009 ab dem 22.7.2009 540 m3 Gülle von Milchkühen aus der Stallanlage xxx zu liefern und
2. festzustellen, dass die fristlose Kündigung des Beklagten vom 5.5.2009 betreffend den "Vertrag über die Lieferung von Wirtschaftsdünger" vom 5.4.2004 unbegründet ist sowie
3. hilfsweise festzustellen, dass auch die weiteren fristlosen Kündigungen des Beklagten vom 26.6.2009 und vom 3.8.2009 betreffend den "Vertrag über die Lieferung von Wirtschaftsdünger" unbegründet ist.
Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand des Urteils des LG Oldenburg vom 14.8.2009 Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Das LG hat die Klage zu Recht abgewiesen: Das Vorbringen in der Berufungsbegründung rechtfertigt im Ergebnis keine andere Entscheidung.
a) Zutreffend hat das LG den Vertrag vom 5.4.2009 als Werkvertrag i.S.v. § 631 BGB angesehen (vgl. BGH DB 1977, 2230; OLG Oldenburg NJW-RR 1999, 1575; OLG Oldenburg Urt. v. 28.1.2009 - 3 U 7/08n. v.). Dieses stellt der Kläger auch nicht in Frage. Auch als auf eine längere Geschäftsbeziehung angelegter Werkvertrag ist der Ve...