Leitsatz (amtlich)

1. Die Einholung eines Rechtsgutachtens zur Ermittlung ausländischen Rechts ist entbehrlich, wenn eigene Erkenntnismöglichkeiten durch verfügbare Literatur und Gesetzestexte bestehen und eine dem deutschen Recht verwandte Rechtsordnung anzuwenden ist.

2. Zur Haftung für einen auf einem privaten Flugplatz in Dänemark entstandenen Personenschaden nach dänischem Luftverkehrsrecht und allgemeinem Deliktsrecht.

 

Verfahrensgang

LG Aurich (Urteil vom 27.03.2007; Aktenzeichen 5 O 996/06)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 27.3.2007 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des LG Aurich wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin verlangt von dem Beklagten Schadensersatz aufgrund eines Unfalls am 22.5.2005, bei dem sie durch den Motorsegler des in Deutschland wohnhaften Beklagten auf einer privaten Start- und Landebahn in Dänemark schwer verletzt worden ist.

Die 1950 geborene Klägerin ist britische Staatsangehörige und war bis zu dem Unfall als Lehrerin tätig. Am Wochenende des 20. bis 22.5.2005 nahmen die Parteien an einem privaten Freundschaftstreffen in Dänemark teil. Am 22.5.2005 traf sich die Gruppe zum Frühstück auf dem Anwesen des Eigentümers S., das über eine ca. 600m lange und ca. 18 bis 20m breite Start- und Landebahn verfügt. Im Anschluss wollte der Beklagte gegen 11.25 Uhr mit seinem Motorsegler (Typ SF 25 C Falke), der über eine Spannweite von ca. 15,30m verfügt, in Begleitung einer weiteren Person den Rückflug nach Deutschland antreten.

Von den Teilnehmern des Freundschaftstreffens begleiteten etwa 20 Personen den Beklagten zur Startbahn, um sich zu verabschieden. Wegen der Örtlichkeit wird Bezug genommen auf Bild 1 (Bl. 3 d.A.). Das Bild zeigt die Start- und Landebahn, an deren Ende sich das Anwesen des Herrn S. befindet. Der Beklagte rollte mit seinem Motorsegler von diesem Anwesen aus zu dem etwa 500m entfernten Startplatz (ersichtlich am unteren Rand von Bild 1, Bl. 3 d.A.). Die übrigen Personen blieben in Höhe des Hangars am Rande der Bahn zurück, um den Start des Motorseglers zu beobachten. Die Klägerin stand neben dem Eigentümer des Geländes, Herrn S., direkt am Rande der Startbahn und unterhielt sich mit diesem. Bei ihnen standen weitere Personen, deren Anzahl streitig ist. Die Klägerin befand sich an einem Standort, der auf Bild Nr. 4 (Bl. 6 d.A.) etwa ½ m vor der Flügelspitze des dort abgebildeten Flugzeugs des Herrn S. anzusiedeln wäre, allerdings weiter hinten in Höhe des Hauses mit der weißen Mauer. Der Beklagte entschloss sich vor dem Start zu einem Überflug in geringer Höhe, um sich zu verabschieden. Die Zuschauer konnte er von dem Startplatz aus nicht sehen. Er nahm vor Startbeginn allerdings eine Person, Herrn C., auf der Startbahn wahr. Während des Startvorgangs fertigte Herr C. das auf Bild 5 und 6 (Bl. 7/8 d.A.) ersichtliche Foto. Beim Start stieg das Flugzeug nicht sofort auf. Der Beklagte flog mit den Tragflächen in Kopfhöhe an den am Rand der Startbahn stehenden Personen vorbei. Dabei wurde die Klägerin von der rechten Tragfläche erfasst und am rechten Arm erheblich verletzt. Die Verletzungen im Einzelnen und deren Ausmaß sind streitig.

Die Klägerin hat behauptet, der Beklagte habe den Unfall allein verschuldet. Er sei absichtlich tief geflogen, denn er habe unmittelbar nach dem Unfall ggü. dem Herrn S. angegeben, er habe einen "low fly over" geplant. Ihr sei der Blick auf das Flugzeug durch andere Personen verstellt gewesen. Aufgrund der erlittenen Verletzungen werde ihr rechter Arm vollständig gelähmt bleiben, was zu ihrer Erwerbsunfähigkeit geführt habe. Sie verlangt Ersatz von materiellen und immateriellen Schäden, Zukunftsschäden und Dauerschäden. Wegen der Schadenspositionen im Einzelnen wird auf die Klageschrift Bl. 21 ff. und 70 f. Bezug genommen.

Der Beklagte hat den Unfall auf ein überwiegendes Eigenverschulden der Klägerin zurückgeführt, die sich zu dicht an der Startbahn aufgehalten habe. Er habe beabsichtigt, eine Höhe von mindestens 10m zu erreichen. Dass er die Personengruppe in einer Höhe von etwa 2m überflogen habe, habe an Windverwirbelungen aufgrund der Bebauung und des links neben dem Gebäude befindlichen Windrads gelegen. Er habe nicht damit rechnen müssen, dass sich Zuschauer ohne ausreichenden Sicherheitsabstand auf der Startbahn aufhielten. Als er zum Beginn der Startbahn gerollt sei, habe die gesamte Gruppe weiter hinten zwischen Hangar und Wohnhaus gestanden. Er sei erst gestartet, als sich die Person auf der Startbahn seiner Wahrnehmung zufolge entfernt habe.

Das LG hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Gefährdungshaftung nach dem maßgeblichen dänischen Luftverkehrsgesetzes greife nicht ein, wenn die geschädigte ...

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