Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung eines Versicherungsagenten „wie ein Versicherungsmakler”
Normenkette
HGB § 93; VVG § 43
Gründe
Der Beklagte hat dem Kläger nach Art eines Versicherungsmaklers aus dem Gesichtspunkt einer positiven Vertragsverletzung (§ 276 BGB analog) dafür einzustehen, daß er den Auftrag, für den PKW des Klägers Vollkaskoversicherungsschutz bei der V zu beantragen, nicht ausgeführt hat, so daß diese – abgesehen vom Glasschaden – nicht verpflichtet ist, den Unfallschaden am Fahrzeug des Klägers zu regulieren.
1. Der Beklagte haftet (persönlich), weil er dem Kläger erkennbar wie ein Versicherungsmakler gegenübergetreten ist und ihm als solcher auftragswidrig nur unvollständigen Versicherungsschutz vermittelt hat.
a) Versicherungsmakler ist, wer durch Maklervertrag als treuhänderischer Sachwalter des Versicherungsnehmers verpflichtet ist, umfassend und vorrangig die Interessen des Versicherungsnehmers wahrzunehmen, während er dem Versicherer gegenüber nicht vertraglich zur ständigen Vermittlung verpflichtet (§ 93 HGB), also unabhängig ist.
b) Dafür, daß der Beklagte entsprechend aufgetreten ist – und gegen die Annahme, er sei als Versicherungsagent für die V tätig geworden – spricht, daß der Beklagte dem Kläger und dessen Familie schon früher verschiedene Versicherungen vermittelt hatte und vorliegend aus mehreren – ihm bekannten – Tarifen verschiedener Kfz-Versicherer die für den Kläger günstigste Versicherung (bei der V) herausgesucht hat. Schließlich ergibt sich mittelbar auch aus dem Briefbogen, den der Beklagte für sein Schreiben vom 22.05.1997 verwendet hat, daß er als Makler tätig worden ist; darin bezeichnet er sich nämlich als Versicherungsfachmann, der ein „Fachgeschäft für preiswerten Versicherungs-schutz” betreibe und „Versicherungen aller Art” vermittele; auch in seinem Bürostempel verwendet er den Zusatz „Fachgeschäft für preiswerten Versicherungsschutz”.
Er behauptet auch selbst nicht, im Geschäftsverkehr anders aufzutreten oder im vorliegenden Fall anders aufgetreten zu sein. Einem verständigen Verbraucher, auf den es hier ankommt, drängt sich damit der Eindruck auf, der Beklagte handele nicht für eine oder mehrere – bestimmte – Versicherungsgesellschaften als deren Agent, sondern sei ohne eine solche Bindung tätig, also Makler. Er muß sich daher zumindest so behandeln lassen, als wäre er als Makler tätig geworden (so grds. auch OLG Hamm VersR 1995, 167 (168); OLG Köln r+s 1991, 32), es sei denn, er hätte deutlich gemacht, daß er nicht Makler sei (vgl. Prölss-Martin, Kommentar z. VVG, 26. Aufl. ≫1998 Anh. zu §§ 43 bis 48 Rdnr. 61).
c) Daran ändert nichts, was unterstellt werden kann, daß der Beklagte im Verhältnis zur X. und zu anderen Versicherern als sogenannter Mehrfachagent tätig sein durfte. Denn der Vermittler kann gleichwohl im Einzelfall als Makler für einen VN tätig werden. Der dem Zivilrecht zugrundeliegende Grundsatz der Vertragsfreiheit kennt insoweit keine rechtliche Beschränkung. Ob der Versicherungsvermittler dies mit seinen weiteren Pflichten gegenüber einem Versicherer, mit dem er einen Agenturvertrag abgeschlossen hat, vereinbaren kann, ist unerheblich. Maßgebend ist insoweit nämlich, ob der Versicherungsvermittler die vertragliche Pflicht im Sinne eines Geschäftsbesorgungsvertrags übernommen hat, in erster Linie als Sachwalter des VN tätig zu werden. Das ist hier nach den gesamten Umständen anzunehmen.
d) Dem Kläger mußte sich aus den äußeren Umständen nicht aufdrängen, daß der Beklagte Versicherungsagent -; und nicht Makler -; sei. Daß der Beklagte (offenbar) von der X. berechtigt worden war, eine Versicherungsbestätigung zu erteilen, macht ihn nicht zum Versicherungsagenten. Ein solches Verhalten kann zwar unter Umständen ausnahmsweise unter dem Gesichtspunkt der Anscheinsvollmacht eine Haftung des Versicherers herbeiführen. Die Stellung als Makler wird dadurch jedoch nicht entscheidend berührt (Prölss/Martin aaO zu § 43 Rdnr. 4). Gegen die Maklerstellung spricht auch nicht, daß der Kläger den Versicherungsantrag selbst unterschrieben hat. Denn es ist auch bei solchen unter Vermittlung eines Maklers zustandegekommenen Versicherungsverträgen nicht zwingend, daß der Makler den Antragsteller in der Erklärung -; als Bevollmächtigter -; vertritt.
e) Die eigene Haftung des Beklagten wird damit nicht ausgeschlossen. Denn außerhalb des Rahmens der Maklerklausel und der Maklervollmacht steht der Makler einem Versicherungsagenten nicht gleich (Prölss/Martin aaO); seine Stellung in einem solchen sogenannten Doppelrechtsverhältnis darf seine Pflichten gegenüber dem VN aus dem Maklervertrag nämlich nicht beeinträchtigen, und es besteht ein Vorrang der Interessen des VN (Prölss/Martin aaO Anh. zu §§ 43 bis 47 Rdnr. 20 ff. m. w. N.).
2. Der Senat ist wie das LG davon überzeugt, daß der Kläger dem Beklagten den verbindlichen Auftrag auf Abschluß einer Vollkaskoversicherung erteilt hat. Dafür sprechen die von der Zeugin A. -; vom Beklagten nicht in Abrede gestellten -; angegeb...