Leitsatz (amtlich)
1. Auch die gezielt und planmäßig betriebene Abwerbung des bei einem Konkurrenten vertraglich gebundenen Mitarbeiters erfüllt nicht ohne Weiteres des Tatbestand der unzulässigen Behinderung i.S.d. § 4 Nr. 10 UWG.
2. Das Verleiten zum Vertragsbruch kann nur dann als unzulässige Behinderung eines Konkurrenten gewertet werden, wenn er eine spezifische und wettbewerbswidrige Eigenart aufweist, die im Wertungszusammenhang der Regelbeispiele unlauteren Wettbewerbs der §§ 4 und 5 UWG einen Gleichklang mit den gesetzlichen Tatbeständen aufweist.
3. Gegenüber einem Konkurrenten wird die Grenze zu einem nicht mehr lauteren Verhalten nach den grundlegenden Wertungen der §§ 4 und 5 UWG erst überschritten, wenn nicht mehr der eigenen Wettbewerbsvorteil, sondern die Schädigung des Konkurrenten im Vordergrund steht.
Verfahrensgang
LG Osnabrück (Urteil vom 06.10.2006; Aktenzeichen 15 O 478/06) |
Tenor
Auf die Berufungen beider Parteien wird das Urteil der 15. Zivilkamme - 3. Kammer für Handelssachen - des LG Osnabrück vom 6.10.2006 unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel teilweise geändert.
Der Verfügungsbeschluss des LG vom 8.8.2006 wird nach Maßgabe nachstehender Fassung des Tenors aufrechterhalten; im Übrigen wird der Verfügungsbeschluss aufgehoben und der Verfügungsantrag zurückgewiesen.
Der Verfügungsbeklagten wird untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Handelsvertretern der Antragstellerin Lebensmittel wie z.B. Wein zum Weiterverkauf an Endverbraucher durch schriftliche und/oder mündliche Ansprache, wie insbesondere durch das im Tenor des landgerichtlichen Urteils zitierte Schreiben vom 13.6.2006 in Verbindung mit weiteren nachfolgenden diesbezüglichen persönlichen Kontaktaufnahmen, bei denen weiter, namentlich durch die Zusage ergänzender Unterstützung bei der Verheimlichung des Geschäfts, auf den Handelvertreter eingewirkt wird, anzubieten und/oder ihnen die so angebotenen Lebensmittel zu verkaufen.
Die Kosten des Rechtsstreits haben zu ¾ die Verfügungsbeklagte und zu ¼ die Verfügungsklägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die deutschlandweit tätige Verfügungsklägerin ist nach der B. GmbH & Co KG größte Direktvermarkterin von Tiefkühlkost und sog. "Convenience-Produkten". Die Verfügungsbeklagte ist auf demselben Markt tätig und möchte mehr Marktanteile erlangen. Die Verfügungsklägerin geht davon aus, dass die Verfügungsbeklagte seit einiger Zeit damit befasst ist, einen wettbewerbswidrigen "Großangriff" gegen die Verfügungsklägerin zu unternehmen. Denn die Verfügungsbeklagte versuche, die von der Verfügungsklägerin sorgfältig und aufwendig ausgebildeten Mitarbeiter, insbesondere die mit ihr als selbständige Handelvertreter verbundenen und einem vertraglich vereinbarten Konkurrenz- bzw. Wettbewerbsverbot unterliegenden "Vertriebskräfte" mit unlauteren Mitteln abzuwerben und sich dadurch kostengünstig deren Marketing-Know-how zu verschaffen. Dieser Vorwurf einer umfassend angelegten, unzulässigen Marktverdrängungsstrategie ist Gegenstand des seit März 2005 anhängigen und derzeit noch nicht abgeschlossenen Hauptsacheverfahrens 15 O 154/05 LG Osnabrück.
Der hier zu entscheidende Streitfall betrifft gegenständlich beschränkte Einzelaktionen der Verfügungsbeklagten ggü. dem im Direktvertrieb der Verfügungsklägerin tätigen Handelsvertreter S. im Juni/Juli 2006. Auslöser und Grundlage für den Verfügungsantrag war das im Tenor des angefochtenen Urteils zitierte Schreiben der Verfügungsbeklagten vom 13.6.2006 an Herrn S. Zu den damaligen Vorgängen hat die Verfügungsklägerin folgenden Sachverhalt glaubhaft gemacht:
Dem vorgenannten Schreiben ging ein Anruf auf dem Mobiltelefon S.'s durch die früher bei der Verfügungsklägerin tätig gewesene Kundenbetreuerin Bettina L. der Verfügungsbeklagten voraus. Diese berichtete von einer Werbaktion und kündigte die Übersendung eines "kleinen Überraschungspakets" an. Das Paket kam einige Tage später an und enthielt neben dem Schreiben eine Flasche Wein, einen Produktkatalog und zwei aktuelle Monatsprospekte der Verfügungsbeklagten. Danach rief Frau L. noch einmal bei Herrn S. an und vereinbarte ein persönliches Treffen in dessen Wohnung. Dieses Treffen fand am Abend des 5.7.2006 statt. Frau L. pries die Produkte der Verfügungsbeklagten und bot die Übersendung eines Musterpakets an. Als Herr S. Interesse an einer Bestellung von 50 Kisten des angebotenen Weins zeigte, wies Frau L. darauf hin, dass er aufpassen müsse, weil es sich um nicht im Sortiment der Verfügungsklägerin befindliche Ware handele. Wie versprochen rief Frau L. am Folgetag bei Herrn Snjairic an und sagte die Übersendung von 50 Kisten Wein zu. Der Wein wurde vereinbarungsgemäß neutral verpackt geliefert.
Die Verfügungsklägerin hat in diesen Vorgängen einen wettbewerbswidrigen Versuch der Abwerbung und Beeinflussung des Herrn S. gesehen. Auf ihren Antrag hat das LG der Verfügungsbeklagten mit Beschlussverfügung vom 8.8.2006 untersagt,
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