Leitsatz (amtlich)
Eine unlautere Behinderung von Mitbewerbern i.S.v. § 4 Nr. 10 UWG durch Abwerben von Kunden setzt das Vorliegen besonderer Umstände voraus. Sie sind in der Regel gegeben, wenn sich der Wettbewerber des von einem Dritten begangenen Vertragsbruchs bewusst ist oder mit einem solchen rechnet und in Kauf nimmt, diesen geschäftlich auszunutzen.
Normenkette
UWG 2004 § 4 Nr. 10
Verfahrensgang
LG Bremen (Beschluss vom 23.12.2004; Aktenzeichen 9 O 2516/04) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Verfügungsklägerin gegen den Beschluss des LG Bremen - 9. Zivilkammer - v. 23.12.2004 wird zurückgewiesen.
Die Verfügungsklägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 10.467,60 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Verfügungsklägerin ist ein Sanitätsunternehmen, das Kunden mit Inkontinenz- und Stomaartikeln sowie Produkten der Wundversorgung beliefert. Die Verfügungsbeklagte ist auf demselben Markt tätig. Herr W. war aufgrund eines Vertrages aus dem September 2002 als Teamleiter für die Verfügungsklägerin tätig und u.a. für die Akquisition von Kunden zuständig. Das Anstellungsverhältnis wurde mit Vertrag v. 13./18.10.2004 zum 30.11.2004 aufgehoben, wobei auch das vereinbarte nachvertragliche Wettbewerbsverbot einvernehmlich und entschädigungslos zu diesem Zeitpunkt aufgehoben wurde. Herr W. ist seit dem 1.12.2004 für die Verfügungsbeklagte tätig. Bereits im Oktober 2004 übersandte die Verfügungsbeklagte Schreiben an mindestens zwei Kunden der Verfügungsklägerin, in denen sie darauf hinwies, dass Herr W. ab dem 1.12.2004 für sie tätig sein werde.
Die Verfügungsklägerin hat die Ansicht vertreten, dass dieses Vorgehen wettbewerbswidrig sei, weil es ein unlauteres Abwerben ihrer Patienten darstelle, wobei die Verfügungsbeklagte rechtswidrig durch Vertragsbruch des Herrn W. verschaffte Patientendaten verwende. Im Übrigen läge auch ein Fall des § 4 Nr. 10 UWG vor, weil Kunden erst nach dem Vertragsende des Herrn W. zu einem Wechsel zu der Verfügungsbeklagten hätten veranlasst werden dürfen.
Das LG Bremen hat durch Beschluss v. 17.11.2004 der Verfügungsbeklagten im Wege der einstweiligen Verfügung untersagt, bis zum 1.12.2004 im geschäftlichen Verkehr zum Zwecke des Wettbewerbs Patienten der Verfügungsklägerin abzuwerben und/oder abwerben zu lassen, wie durch die im Beschluss wiedergegebenen Kundenschreiben geschehen.
Die Verfügungsbeklagte hat Widerspruch eingelegt. Die Parteien haben im Termin zur mündlichen Verhandlung v. 16.12.2004 das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt.
Mit am 29.12.2004 zugestellten Beschluss v. 23.12.2004 hat das LG Bremen durch den Einzelrichter die Kosten des Verfahrens der Verfügungsklägerin auferlegt und zur Begründung ausgeführt, dass ein Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 UWG nicht bestanden habe, weil weder ein wettbewerbswidriges Verhalten der Verfügungsbeklagten nach den §§ 3, 4 Nr. 11, 17 Abs. 1 UWG noch nach den §§ 3, 4 Nr. 10 UWG vorgelegen habe.
Hiergegen wendet sich die Verfügungsklägerin mit ihrer am 12.1.2005 eingelegten sofortigen Beschwerde und führt zur Begründung aus, dass das Verhalten der Verfügungsbeklagten bereits deshalb wettbewerbswidrig gewesen sei, weil die Verfügungsbeklagte sich die Kenntnis ihres Kundenkreises unredlich und gegen ihren Willen verschafft habe, wobei es unerheblich sei, ob die Verfügungsbeklagte im konkreten Fall zusätzlich auch einen fremden Vertragsbruch ausgenutzt habe.
II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§§ 91a Abs. 2, 569 ZPO), jedoch nicht begründet.
Ohne das erledigende Ereignis wäre die Verfügungsklägerin in dem Verfahren mangels eines Verfügungsanspruchs unterlegen gewesen, so dass es angemessen und billig ist, ihr gem. § 91a Abs. 1 ZPO die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
1. Ein Unterlassungsanspruch der Verfügungsklägerin gegen die Verfügungsbeklagte aus §§ 8 Abs. 1, §§ 3, 4 Nr. 11, § 17 Abs. 1 UWG hat das LG Bremen mit Recht verneint. Täter i.S.v. § 17 Abs. 1 UWG kann nur Herr W. sein. Eine Beteiligung an einer Tat des Herrn W. etwa in Form der Anstiftung oder Beihilfe hat die Verfügungsbeklagte weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht.
2. Der Senat teilt ebenfalls die Auffassung des LG, soweit es auch einen Unterlassungsanspruch der Verfügungsklägerin gegen die Verfügungsbeklagte aus den §§ 8 Abs. 1, §§ 3, 4 Nr. 10 UWG verneint hat. Nach Ansicht des Senats ist eine gezielte Behinderung der Verfügungsklägerin als Mitbewerberin i.S.v. § 4 Nr. 10 UWG nicht ausreichend glaubhaft gemacht. Das Verhalten der Verfügungsbeklagten war zwar planmäßig darauf gerichtet, Kunden der Verfügungsklägerin abzuwerben. Das Abwerben von Kunden des Mitbewerbers ist für sich betrachtet jedoch nicht schon unlauter (BGH GRUR 1963, 197 [200]; Baumbach/Hefermehl/Köhler, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl., Rz. 10. 24, m.w.N.). Denn es gehört zu den unabdingbaren Elementen eines Systems hinreichend freien und fairen, d.h. unverfälschten Wettbewerbs, dass kein Unternehmen Anspruch auf dauernde Behauptun...