Leitsatz (amtlich)

Verlängert die Genehmigungsbehörde die Frist gem. § 6 Abs. 1 GrdstVG sogleich um zwei auf drei Monate, obwohl zu der Zeit ein erwerbswilliger Landwirt (noch) nicht vorhanden ist, wird die Frist nur um einen Monat auf insgesamt zwei Monate verlängert.

 

Verfahrensgang

LG Osnabrück (Urteil vom 17.07.2014; Aktenzeichen 4 O 793/14)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 17.7.2014 verkündete Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des LG Osnabrück abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leisten.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt die Feststellung der Haftung der Beklagten aufgrund eines Unfalls bei der Anlieferung von Schweinen.

Der Kläger ist Landwirt; für sein Unternehmen ist die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft als Unfallversicherer zuständig. Am 24.7.2013 sollte die Firma ... GmbH & Co. KG dem Kläger Schweine anliefern. Dazu fuhr der Beklagte zu 1), der bei der Firma ... GmbH & Co. KG beschäftigt ist, mit einem Lkw, für den bei dem Beklagten zu 2) die Haftpflichtversicherung nach § 1 PflVG besteht, auf das Betriebsgelände des Klägers.

Der Beklagte zu 1) fuhr den Lkw rückwärts mit heruntergelassener Ladeklappe an den Schweinestall des Klägers heran. Die Stalltür, durch welche die Schweine in den Stall gelangen sollten, ist nur von innen zu öffnen. Der Kläger öffnete die Stalltür leicht (ungefähr bis zu einem Winkel von 45 bis 50 Grad). Durch die Ladeklappe des rückwärtsfahrenden Lkw wurde die Stalltür wieder zugedrückt, wobei die Einzelheiten des Geschehensablaufs streitig sind. Der linke Oberarm des Klägers wurde zwischen Tür und Türrahmen eingequetscht. Der Kläger ist seit dem Unfall arbeitsunfähig krankgeschrieben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

Das LG hat in seinem am 17.7.2014 verkündeten Urteil festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet seien, die materiellen und immateriellen Ansprüche des Klägers aus dem Unfallereignis vom 24.7.2013 zu 75 % zu tragen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass keine gemeinsame Betriebsstätte i.S.d. § 106 Abs. 3 SGB VII vorliege, so dass die Haftung der Beklagten nicht ausgeschlossen sei. Die Abwägung der wechselseitigen Verursachungsbeiträge ergebe ein Mitverschulden des Klägers i.H.v. 25 %.

Dagegen richten sich die Berufungen des Klägers und der Beklagten.

Die Beklagten sind der Ansicht, ihre Haftung sei ausgeschlossen, da eine gemeinsame Betriebsstätte vorliege. Im Übrigen sei, da der Kläger sich erheblich selbst gefährdet habe, ein Mitverschulden i.H.v. 50 % anzunehmen.

Die Beklagten beantragen, das am 17.7.2014 verkündete Urteil des LG Osnabrück abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil insoweit, als dass keine gemeinsame Betriebsstätte vorliege. Außerdem macht er geltend, dass ihn kein Mitverschulden treffe, zumal der Beklagte zu 1) gegen § 9 Abs. 5 StVO verstoßen habe.

Er beantragt, das am 17.7.2014 verkündete Urteil des LG Osnabrück abzuändern und festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, die materiellen und immateriellen Ansprüche des Klägers aus dem Verkehrsunfallereignis vom 24.7.2013 in vollem Umfang zu ersetzen.

Die Beklagten beantragen, die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

II. Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet und führt zur vollständigen Abweisung der Klage. Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet.

1. Berufung der Beklagten

a) Der Kläger hat gegen den Beklagten zu 1) keinen Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld. Zwar liegen die Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 StVG vor, da der Kläger bei dem Betrieb des vom Beklagten zu 1) gefahrenen Lkw verletzt worden ist. Zudem liegen die Voraussetzungen des § 823 Abs. 1 BGB vor, da der Beklagte zu 1) durch das Rückwärtsfahren den Körper des Klägers fahrlässig (§ 9 Abs. 5 StVO) verletzt hat. Aber die Haftung des Beklagten zu 1) ist - hinsichtlich aller Anspruchsgrundlagen (vgl. BGH, Urt. v. 18.12.2007 - VI ZR 235/06, MDR 2008, 384) - nach den §§ 105 Abs. 1 Satz 1, 106 Abs. 3 SGB VII ausgeschlossen.

aa) Die §§ 105 Abs. 1 Satz 1, 106 Abs. 3 SGB VII sind anwendbar, da sowohl der Kläger als auch der Beklagte zu 1) kraft Gesetzes unfallversichert sind. Der Kläger ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a) SGB VII unfallversichert, da er Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens ist, und für sein Unternehmen die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zuständig ist, was sich aus der Arbe...

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