Verfahrensgang
LG Osnabrück (Aktenzeichen 10 O 1964/20) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 09.11.2020 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils gegen ihn vollstreckbaren Betrags, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Gründe
I. Der Kläger begehrt von der Beklagten im Wege deliktischen Schadensersatzes die Rückabwicklung eines Kaufvertrages über ein von der Beklagten produziertes Kraftfahrzeug.
Der Kläger erwarb am 3.2.2018 bei dem Autohaus DD ein Fahrzeug Pkw1 mit der Fahrzeugidentifikationsnummer (...) als Neuwagen zum Kaufpreis von 39.055,00 EUR.
Der Kaufpreis wurde bei der EE Bank finanziert. Als Sicherheit wurde das Eigentum an dem streitgegenständlichen Fahrzeug auf die Bank übertragen (siehe Anlagenband, Anlage K1a).
Die Beklagte ist Herstellerin des in dem Fahrzeug eingebauten Dieselmotor des Typs1, Abgasnorm EU 6. Das Fahrzeug ist mit AdBlue-Einspritzung/SCR-Katalysator ausgerüstet.
Bei dem Motortyp Typ1 handelt es sich um den Nachfolgemotor des Motor-Typs Typ2, welcher im Zentrum des sogenannten "Abgasskandals" stand, da der Motortyp Typ2 über eine Software verfügte, die erkennt, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand befindet und daraufhin so auf die Motorsteuerung in diesem Modus (1) einwirkt, dass geringere Stickoxide erreicht werden als im normalen Fahrbetrieb (Modus 0). Die entsprechende Software wurde vom Kraftfahrtbundesamt (KBA) als unzulässige Abschalteinrichtung eingestuft.
Ein Rückruf des streitgegenständlichen Fahrzeugs durch das KBA ist - unstreitig - nicht erfolgt.
Der Kläger hat behauptet, sein Fahrzeug sei ebenfalls von dem sogenannten "Abgasskandal" betroffen. Genauso wie der Motorentyp Typ2 sei der Motorentyp Typ1 erheblich mangelhaft, da auch hier die sogenannte Manipulationssoftware verwendet worden sei.
Der streitgegenständliche Motor verfüge über eine sogenannte Zykluserkennung. Dies sei eine Software, die erkenne, ob gerade ein Abgastest durchgeführt würde. Eine entsprechende Software sei auch bei den Fahrzeugen mit dem Motor Typ Typ2, welche Gegenstand des "Abgasskandals" gewesen seien, verbaut worden.
Es verfüge darüber hinaus über eine unzulässige Abschalteinrichtung in Gestalt eines sogenannten thermischen Fensters. Eine Funktion, die durch Aufwärmen des Abgassystems die Schadstoffe verringern solle springe war zwar während der genormten Prüfstandmessung an, im realen Verkehr sei die Funktion dagegen überwiegend aufgrund der unzulässigen Abschalteinrichtung ausgeschaltet.
Zudem sei bei dem Fahrzeug, welches über eine SCR Anlage verfüge, die eigentlich die Abgase von giftigen Stickoxiden bereinigen solle, deren Wirksamkeit unzulässig außer Kraft gesetzt worden. Das Fahrzeug erkenne, ob es auf einem Prüfstand stehe und nur dann würde ausreichend AdBlue eingespritzt. Dagegen würde im normalen Fahrbetrieb auf der Straße deutlich weniger AdBlue verwendet. Es handele sich dabei um eine Manipulation bei der Abgasnachbehandlung in Form einer unzulässigen Dosierstrategie.
Darüber hinaus habe die Beklagte über das On-Board-Diagnosesystem getäuscht. Dieses sei so programmiert, dass es bei der Inspektion fälschlicherweise melden würde, dass die Abgassysteme der Automobile ordnungsgemäß funktionieren. Ohne diesen weiteren Betrug hätte das OBD-System einen Fehler melden müssen.
Der Kläger hat behauptet, die streitgegenständliche Programmierung der Motorsteuerungssoftware sei gesetzeswidrig. Darüber hinaus wichen die tatsächlichen NOx-Werte des Fahrzeugs von den gesetzlichen Vorgaben und den Angaben des Herstellers im technischen Datenblatt derart ab, dass die angegebene EU-Schadstoffklasse nicht erreicht würde.
Aus all dem folge die Gefahr der Stilllegung und des Wertverlusts des Fahrzeugs.
Er ist der Ansicht, die Beklagte sei vor dem Hintergrund einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung zur Leistung von Schadensersatz verpflichtet. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, das Inverkehrbringen des Kfz mit den unerlaubten Manipulationen sei als vorsätzliche sittenwidrige Schädigung im Sinne des § 826 BGB zu bewerten. In dem Abschluss des ihm nachteiligen Kaufvertrages liege ein Schaden.
Der Kläger hat beantragt,
- 1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 32.884,31 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Abtretung des Herausgabe- und Übereignungsanspruchs bezüglich des Fahrzeugs der Marke BB vom Typ Pkw1 mit der Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN) (...) nebst zwei Fahrzeugschlüsseln, Kfz-Schein, Kfz-Brief und Serviceheft gegenüber der EE Bank GmbH aus dem Darlehensvertrag vom 3.2.2018, welchen der Kläger mit der EE Bank GmbH hinsichtlich des vorgenannten Fahrzeugs geschlossen ...