Leitsatz (amtlich)

Entsteht bei einem Fahrzeug mit einer Laufleistung von 70 km ein Unfallschaden, der 7,5 % des Neuwerts ausmacht, liegt ein Unfallschaden vor, der auf Neuwagenbasis abgerechnet werden kann.

 

Verfahrensgang

LG Oldenburg (Urteil vom 10.12.1996; Aktenzeichen 7 O 2171/96)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers wird das Urteil des LG Oldenburg vom 10.12.1996 unter Zurückweisung der Rechtsmittel i.Ü. abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 23.075,52 DM nebst 4 % Zinsen auf 22.744,34 DM seit dem 3.8.1996 und 4 % Zinsen auf 331,18 DM seit dem 27.4.1997 Zug um Zug gegen Rückgabe des Pkws F., …, zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme dieses Kraftwagens in Verzug befindet.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden dem Kläger zu 1/26 und der Beklagten zu 25/26 auferlegt; von den Kosten der Berufungsinstanz tragen der Kläger 1/25 und die Beklagte 24/25.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Wert der Beschwer übersteigt für beide Parteien nicht 60.000 DM.

 

Gründe

Von der Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen, § 543 Abs. 1 ZPO.

Die Berufung der Beklagten ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, mithin zulässig.

In der Sache hat sie – wie auch die Anschlussberufung – nur zum Teil Erfolg.

Das LG ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass der Kläger seinen Schaden auf Neuwagenbasis abrechnen darf.

Das Fahrzeug war angesichts der Fahrleistung von lediglich 70 km und der Nutzungsdauer von nur einem Tag neuwertig.

Auch die weitere Voraussetzung einer erheblichen Beschädigung des betroffenen Fahrzeugs ist gegeben (BGH v. 3.11.1981 – VI ZR 234/80, MDR 1982, 477 = NJW 1982, 433; OLG München v. 16.9.1980 – 5 U 1110/80, NJW 1982, 52; Berr, „Abrechnung auf Neuwagenbasis”, DAR 1990, 313 ff.).

Nach dem von den Parteien nicht in Frage gestellten Sachverständigengutachten waren auf Grund eines seitlichen Anstoßes hinten rechts der Radlauf der Seitenwand eingedrückt sowie die Radhausaußenschale leicht verformt worden. Das zum Zeitpunkt der Begutachtung ausgetauschte Hinterrad wies bei Drehbewegungen auf einem Auswuchtgerät einen Seitenschlag auf. Demzufolge mussten insb. eine Seitenwand und ein Radhaus instand gesetzt und ein Scheibenfenster (mit Rahmen) neu eingebaut werden. Zudem konnte der Sachverständige konkrete Aussagen über eine evtl. Veränderung der Hinterachsgeometrie nicht treffen; er hielt eine Achsvermessung für erforderlich. Diese hat der Kläger durchführen lassen. Die entspr. Meßwerte haben eine Abweichung für die hintere Spur und den Sturz ergeben.

Auch wenn einiges dafür spricht, dass der Unfall die Ursache hierfür war und unter Umständen jedenfalls der Achszapfen mit einem Kostenaufwand von 299 DM erneuert werden muss, kann diese Position bei der Entscheidung außer Betracht bleiben. Denn angesichts des vom Sachverständigen festgestellten Reparaturaufwandes von 1.968,63 DM (incl. Mehrwertsteuer) i.Ü. und des merkantilen Minderwerts von 1.100 DM liegt eine erhebliche Beschädigung vor, die eine Abrechnung auf Neuwagenbasis rechtfertigt. Bereits die Höhe der Reparaturkosten und ihr Verhältnis zum Neupreis des Fahrzeugs (nahezu 7,5 %) sprechen für eine Erheblichkeit der Beschädigung (OLG Karlsruhe v. 25.10.1993 – 1 U 137/92, DAR 1994, 26 f.). Der Zeitwert des instandgesetzten Kraftwagens gleicht hier auch unter Berücksichtigung des zudem nicht unerheblichen Minderwertes von 1.100 DM nicht den Betrag aus, den das unfallbeschädigte Fahrzeug als praktisch neues für den Kläger gehabt hätte, zumal der Unfallschaden auch Bereiche betrifft, die für den verkehrssicheren Zustand des Pkws von nicht unmaßgeblicher Bedeutung sind (OLG Celle ZFS 1992, 300).

Schließlich wäre der Kläger im Falle der Weiterveräußerung des Wagens auch bei ordnungsgemäß durchgeführter Reparatur ohne nähere Nachfragen seitens des Käufers verpflichtet gewesen, den Vorschaden anzugeben (OLG Karlsruhe v. 25.10.1993 – 1 U 137/92, DAR 1994, 26 f.). Es handelt sich nämlich nicht um einen nicht offenbarungspflichtigen Bagatellschaden, der den etwaigen Kaufentschluss eines Käufers bei vernünftiger Betrachtungsweise nicht beeinflussen konnte (BGH v. 3.3.1982 – VIII ZR 78/81, MDR 1982, 923 = NJW 1982, 1386; BGHZ 57, 137 ff.).

Der Höhe nach geht der Senat – wie das LG – von einem Neupreis des Kraftwagens i.H.v. 26.750,50 DM aus. Insoweit nimmt der Senat gem. § 543 Abs. 1 ZPO auf die Gründe des erstinstanzlichen Urteils, denen er beitritt, Bezug. Auch in der Berufungsinstanz hat der Kläger nicht nachvollziehbar dargelegt, wie sich der von ihm angegebene Gesamtpreis von 27.347,49 DM errechnet. Danach ergibt sich der Höhe nach der vom LG ausgeurteilte Betrag i.H.v. 22.888,02 DM. Der Kläger muss sich jedoch im Wege der Vorteilsausgleichung die von ihm nach dem Unfall gezogenen Gebrauchsvorteile anrechnen lassen. Zwar ist eine Abrechnung auf Neuwagenbasis jedenfalls grundsätzlich bis zu einer Kilometerleistung von ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?