Leitsatz (amtlich)

Ein Verstoß gegen die nach § 4 Nr. 3 VOB/B gebotene Hinweispflicht auf eine notwendige, aber fehlende Vorleistung führt zur Haftung des Auftragnehmers nach § 13 Nr. 3 VOB/B. Ob die notwendige Vorleistung eine nicht vergütungspflichtige Nebenleistung darstellt, ist unerheblich.

 

Verfahrensgang

LG Osnabrück (Urteil vom 12.02.2002; Aktenzeichen 7 O 2180/00)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 12.2.2002 verkündete Urteil des Einzelrichters der 7. Zivilkammer des LG Osnabrück geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Wert der Beschwer übersteigt nicht 20.000 Euro.

 

Gründe

I. Die Klägerin verlangt Schadensersatz wegen einer mangelhaften Werkleistung der Beklagten. Wegen des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das LG hat der Klage stattgegeben; wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

Mit ihrer zulässigen Berufung rügt die Beklagte, dass Gewährleistungsansprüche verjährt seien. Arglistig habe sie nicht gehandelt. Hilfsweise wendet sie sich gegen die Schadenshöhe.

Die Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

II. Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete, mithin zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg.

Eventuell bestehende Schadensersatzansprüche der Klägerin aus § 13 Nr. 7 VOB/B sind verjährt.

Der von den Parteien geschlossene Werkvertrag umfasst lediglich die Anstricharbeiten, nicht aber eine vorherige Grundierung des anzustreichenden Mauerwerks. Das folgt aus dem Angebot der Beklagten vom 19.10.1995, das eine Grundierung nicht vorsieht. Abgerechnet hat die Beklagte diese Leistung ebenfalls nicht. Weitere Anhaltspunkte dafür, dass die Parteien vereinbart haben, dass die Wandfläche vor dem Anstrich grundiert werden sollte, liegen nicht vor. Insbesondere kann entgegen der Auffassung des LG nicht davon ausgegangen werden, dass eine etwa notwendige Grundierung im Regelfall auch ohne ausdrückliche Erwähnung im Angebot Leistungsinhalt des Werkvertrags werden sollte. Die Parteien haben unstreitig die Geltung der Verdingungsordnung für Bauleistungen, Teile A, B und C, vereinbart. Ausweislich der VOB/C (ATV DIN 18 299) gehören jedoch lediglich sog. Nebenleistungen auch ohne Erwähnung im Vertrag zur vertragsgem.en Leistung. Nach der ATV DIN 18 363 Abschnitt 4.1.5 unterfällt bei Maler- und Anstricharbeiten das Ausbessern kleiner Putz- und Untergrundbeschädigungen den Nebenleistungen. Nach den Feststellungen des Sachverständigen H. war im hier zu entscheidenden Fall überhaupt keine tragfähige Grundlage für einen Anstrich auf der Fassadenfläche vorhanden. Es hätte mithin eine vollständige Grundierung erfolgen müssen. Diese fachlich notwendigen umfassenden Vorarbeiten hätten dann Gegenstand einer weiteren oder ergänzenden Vereinbarung über besondere Leistungen nach ATV DIN 18 363 Abschnitt 4.2.1 sein müssen. Entsprechende zusätzliche Leistungen der Beklagten wären zudem zu vergüten gewesen. gem. § 4 Nr. 3 VOB/B hätte die Beklagte zwar die Pflicht gehabt, die Klägerin darauf hinzuweisen, dass ein fachgerechter Anstrich ohne Grundierung nicht möglich ist (vgl. ATV DIN 18 363 Abschn. 3.3.1.2.2). Das ändert aber nichts daran, dass ohne eine ausdrückliche vertragliche Vereinbarung die Grundierung nicht zum vertraglichen Leistungssoll gehört.

Infolge des Verstoßes gegen die Hinweispflicht des § 4 Nr. 3 VOB/B ist die Beklagte allerdings nicht von der Gewährleistung frei geworden, § 13 Nr. 3 VOB/B. Sie muss sich auch vorhalten lassen, ein Werk erstellt zu haben, von dem sie hätte wissen müssen, dass es unter den vereinbarten Voraussetzungen (Anstrich ohne vorherige Grundierung) nicht fachgerecht erstellt werden konnte und daher untauglich für den gewöhnlichen Gebrauch war. Der daraus resultierende Schadensersatzanspruch der Klägerin ist jedoch gem. § 13 Nr. 4 VOB/B verjährt.

Die Anstricharbeiten der Beklagten waren spätestens im Mai 1996 abgeschlossen; ihre Leistungen hat sie mit Rechnungen vom 17.11.1995 und 20.5.1996 abgerechnet. Die Klägerin hat die Leistung sodann ersichtlich in Benutzung genommen. Es gilt deshalb die Abnahmefiktion des § 12 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B. Im Übrigen durfte die Beklagte mindestens aufgrund der Zahlung des Werklohns davon ausgehen, dass die Klägerin ihre Werkleistung als im Wesentlichen vertragsgem. billigte. Die Verjährung der Gewährleistungsansprüche der Klägerin trat damit spätestens im Juni 1998 ein. Zugunsten der Klägerin kann weiter unterstellt werden, dass die schriftliche Mängelanzeige gem. Schreiben vom 25.3.1997 – die Beklagte bestreitet den Zugang di...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge