Leitsatz (amtlich)
Die deutsche Gerichtsbarkeit ist nicht eröffnet; der Zulässigkeit der Klage steht (1) der Einwand der Staatenimmunität der Beklagten - sowohl hinsichtlich der geltend gemachten vertraglichen Erfüllungsansprüche aus den Staatsanleihen als auch für die hilfsweise geltend gemachten Schadensersatzansprüche (wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung) - entgegen, und ferner (2) sind die deutschen Gerichte auch international und örtlich nicht zuständig.
Normenkette
EGV 44/2001 Art. 7, 17 Abs. 1, Art. 18 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Oldenburg (Urteil vom 06.12.2016; Aktenzeichen 3 O 3217/15) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 06.12.2016 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 3. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das angefochtene Urteil sowie das Urteil des Senats sind vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung (wegen der Kosten) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger macht gegen die Beklagte - die ... Republik - vertragliche Erfüllungs- und hilfsweise Schadensersatzansprüche aus ... Staatsanleihen geltend, die in der Schuldenkrise ... im März 2012 zwangsweise gegen neue Staatsanleihen mit einem niedrigeren Nennwert getauscht wurden.
Die Beklagte befand sich ab dem Jahre 2009 in einer schweren Schuldenkrise, die Teil einer größeren finanziellen Krise innerhalb und außerhalb der Eurozone war und von der Öffentlichkeit durch Medienberichte wahrgenommen wurde. Im Jahre 2010 und 2011 wurden zwei "Rettungspakete" aufgelegt, mit denen die Mitglieder der Eurozone sowie der Internationale Währungsfonds (= IWF) erhebliche Finanzhilfen gewährten. Die Staatsschulden ...lands wurden unter anderem durch Staatsanleihen finanziert.
Im Jahre 2012 wurde in Abstimmung mit den EU-Mitgliedstaaten, der europäischen Kommission, der Europäischen Zentralbank (= EZB), dem IWF und privaten Anlegern eine Umschuldung ihrer im Girosystem der ... Zentralbank registrierten Staatsanleihen (...-Anleihen) durchgeführt. Von der Umschuldung wurden auch die Anleihen des Klägers erfasst. Das Sicherungssystem der Zentralbank basiert auf Konten im Namen der jeweiligen Systemteilnehmer, die daran nur mit Zulassung der ... Zentralbank teilnehmen können. Gemäß Art. 6 Abs. 4 des ... Gesetzes 2198/1994 (Anlage K 20 - Ordner) werden Anleihen durch Gutschrift auf dem Konto des Teilnehmers übertragen.
Im Jahre 2011 und Anfang 2012 hatte der Kläger in unterschiedlichem Umfang Staatsanleihen erworben, die die beklagte Republik emittiert hatte. Insgesamt will er (nach seiner Ansicht abtretbare) Anleihen der Beklagten im Nominalwert von 181.000,- EUR erworben haben. Die allgemeine Emissionsbedingungen des ....Staates sind in den Beschlüssen des Staatssekretärs des Finanzministeriums festgelegt worden und enthielten keine "collective action clause", also (Umtausch-) Klauseln, die es im Falle eines Unvermögens des ...Staates zur Zahlung den Gläubigern gestattet hätten, über die Minderung ihrer Forderungen oder eine andere Form der Änderung ihrer Gläubigerstellung in einem Kollektivverfahren mit Mehrheit rechtsverbindlich für die Minderheit zu bestimmen. Zum Zeitpunkt des Schuldenschnitts (12.03.2012) befanden sich diese vom Kläger (über die deutsche Börse) erworbenen Anleihen - von der Beklagten bestritten - im Depot des Klägers bei der ...Bank und der .... S.A..
Die Umschuldung mit Schuldenschnitt zu Lasten der Privatanleger erfolgte in der Weise, dass das ... Parlament am 23.02.2012 das Gesetz 4050/2012 ("... Bondholder Act"/Anlage K 21 - Ordner) verabschiedete, das die Grundlage dafür schuf, dass im Rahmen eines "collective action" - Prozesses (Gläubigerbeschluss) auch Privatanleger zwangsweise in die geplante Umschuldung einbezogen werden konnten, die ein zuvor beschlossenes freiwilliges Umtauschangebot hinsichtlich der von ihnen gehaltenen Staatsanleihen nicht angenommen hatten. Auch dem Kläger wurde für die erworbenen Staatsanleihen, die von dem Umtausch formell erfasst sind, ein Umtauschangebot (zu einem um 53,5 % verringerten Nennwert der Staatsanleihen) unterbreitet, das er jedoch nicht angenommen hatte.
Am 09.03.2012 teilte die ... Regierung mit, dass nach der durchgeführten Abstimmung der Anleihegläubiger die nach dem Gesetz 4050/2012 vorgesehenen Voraussetzungen für den Zwangsumtausch erfüllt seien. Mit Beschluss vom 09.03.2012 billigte der ... Ministerrat die mehrheitliche Entscheidung der Gläubiger. Aufgrund dessen erging am gleichen Tag eine Anweisung an die ...Zentralbank, nach der der Zwangsumtausch ausgeführt werden sollte. Dies geschah in der Form, dass am 12.03.2012 die alten Anleihen aus dem bei der ... Zentralbank geführten System ausgebucht und gleichzeitig die neuen Anlagen eingebucht wurden. Das hatte zur Fo...