Entscheidungsstichwort (Thema)
Auskunftsanspruch
Leitsatz (amtlich)
Zum Auskunftsanspruch des Vermächtnisnehmers gegen den Vorerben
Leitsatz (redaktionell)
Zum Auskunftsanspruch des Vermächtnisnehmers gegen den Vorerben.
Normenkette
BGB §§ 2179, 160, 281, 242
Gründe
Es ist mit zum Teil unterschiedlichen Begründungen nahezu einhellige Auffassung, daß der durch ein Vermächtnis Beschwerte nach Treu und Glauben zur Auskunft über Bestand und Schicksal des Vermächtnisgegenstandes verpflichtet sein kann, wenn diese Auskunft für die Sicherstellung der Ansprüche des Bedachten erforderlich ist (vgl. nur Staudinger/Otte, BGB, 12. Aufl., § 2174 Rdnr. 6; BGB, RGRK, Johannsen, 12. Aufl., § 2174 Rdnr. 14; Münch.Komm. – Skibbe, BGB, 2. Aufl., § 2174 Rdnr. 8 jeweils m. w. N.).
Dieser Auskunftsanspruch richtet sich in dem Fall, daß, wie hier, der Erbfall bereits eingetreten und ein auf den Zeitpunkt des Eintritts des Nacherbfalls hinausgeschobenes Vermächtnis im Sinne des § 2177 BGB zur Entstehung gelangt ist, gegen den Vorerben.
Zwar ist das Vermächtnis noch nicht angefallen, § 2176 BGB, und die Herausgabe hat – sofern sie nicht freiwillig vorgezogen wird – erst der Nacherbe vorzunehmen. Das nimmt der Vorerbin aber nicht die Stellung als durch die Vermächtnisanordnung bereits Beschwerte, gegen die sich der Auskunftsanspruch richtet. Schon zwischen dem Eintritt von Vor- und Nacherbfall haben die Bedachten gemäß § 2179, 160 ff BGB eine geschützte Rechtsposition im Hinblick auf den Grundstückserwerb, die grundsätzlich übertragbar, pfändbar sowie im Konkurs oder durch einstweilige Verfügung sicherbar ist und die von der Vorerbin nicht mehr durch letztwillige Verfügung abgeändert und für deren Beeinträchtigung sie zur Haftung herangezogen werden kann (BGH LM Nr. 28 zu § 1 VHG = MDR 1963, 824). Diese Position – oft auch als Anwartschaft bezeichnet – beschwert die Vorerbin und begründet insoweit die Annahme einer Sonderbeziehung zu den Bedachten, aus der sich der Auskunftsanspruch ableiten läßt.
Dem entspricht es, daß bei Fehlen einer näheren Kennzeichnung darüber, wer Beschwerter ist, insoweit zunächst der Vorerbe als beschwert angesehen wird, daß die Erbschaft als solche damit belastet ist. Er ist befugt, das Vermächtnis aus der Erbschaft zu leisten. Soweit dies nicht geschieht – wozu keine Verpflichtung besteht –, geht die Verpflichtung als Nachlaßverbindlichkeit auf den Nacherben über (vgl. schon Planck/Flad, BGB, 4. Aufl., § 2147 Anm. 2 a; Staudinger/Otte, a.a.O., § 2147 Rdnr. 2; Münch.Komm. – Skibbe, a.a.O., § 2147 Rdnr. 2).
Der Auskunftsanspruch war – unabhängig von der Frage, wann ein eventueller Zahlungsanspruch entsteht – auch fällig. Mit der von der Erblasserin beabsichtigten – und später auch durchgeführten – Grundstücksveräußerung, schickte sie sich an, den Vermächtnisanspruch zu vereiteln und gefährdete die Position der Kläger so, daß ihnen zur Sicherung ihrer Rechte ein Auskunftsanspruch zuerkannt werden mußte. Entgegen der Berufung wird damit nicht bloß eine nur „angeblich theoretische Möglichkeit eines Schadensersatzanspruchs” dargetan. Im Hinblick auf die Sicherung ihrer Primär- oder Sekundäransprüche, §§ 160 Abs. 1, 281 BGB, waren sie berechtigt, von der Vorerbin das Schicksal des Vermächtnisgegenstandes bzw. seines Surrogates zu erfahren. Ob die Beklagte geglaubt hat, gute Gründe für die Veräußerung zu haben, und ob sie dabei werterhaltend oder sogar werterhöhend tätig geworden ist, ändert daran nichts. Der auf den Zeitpunkt des Eintritts der Nacherbschaft herausschiebend berechtigte Vermächtnisnehmer hat jedenfalls dann ein rechtlich zu schützendes Auskunftsinteresse, wenn der befristet mit dem Vermächtnis Beschwerte den Vermächtnisgegenstand veräußern will. Die Befreiung gegenüber der Nacherbin ist im Verhältnis zu den Vermächtnisnehmern insoweit ebenso ohne Bedeutung, wie die von der Berufung reklamierte Schadensersatzfreiheit der Nacherbin. Im Rahmen ihrer Befreiung darf die Vorerbin über den Nachlaß im Verhältnis zur Nacherbin verfügen. Der durch das Vermächtnis gebundene Gegenstand gehört aber nur noch zeitlich befristet zu dem Nachlaß und ist – zunächst von der Vorerbin – für die Vermächtnisnehmer zu bewahren.
Fundstellen