Leitsatz (amtlich)
Rezept- und Fahrtkosten als Behandlungskosten nach einem Verkehrsunfall unterfallen nicht dem Anwendungsbereich des § 197 Abs. 2 BGB.
Normenkette
BGB § 197 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Oldenburg (Entscheidung vom 04.05.2018; Aktenzeichen 4 O 2844/14) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg vom 04.05.2018 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Ersatzfähigkeit von Rezept- und Fahrtkosten nach einem Verkehrsunfall.
Der Kläger erlitt bei einem Verkehrsunfall im November 2003 Verletzungen, für welche die Beklagte als Versichererin dem Grunde nach einstandspflichtig ist. Zur Höhe der entstandenen Schäden führten die Parteien bei dem Landgericht Oldenburg einen Rechtsstreit, im Zuge dessen durch rechtskräftiges Teilanerkenntnisurteil vom 30.03.2006 festgestellt wurde, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtlichen materiellen und immateriellen Schaden aus dem Verkehrsunfall zu ersetzen (Anlage K 1 im Anlagenband Kläger).
Der Kläger befand sich seit dem Unfall in physiotherapeutischer Behandlung. Bis zum Jahr 2007 wurden die hierfür anfallenden Kosten von der Beklagten reguliert. Mit anwaltlichem Schreiben vom 22.05.2014 forderte der damalige Prozessbevollmächtigte des Klägers die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 06.06.2014 auf, u.a. die in den Jahren 2008 bis 2010 entstandenen Kosten auszugleichen (Anlage K 5 im Anlagenband Kläger). Einen solchen Anspruch des Klägers wies die Beklagte mit Schreiben vom 03.06.2014 mit Ausnahme eines Teilbetrages zurück (Anlage K 6). Für die genaue Darstellung der geltend gemachten Rezept- und Fahrtkosten wird auf die Anlage K 2 im Anlagenband Kläger verwiesen.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass die Beklagte aus dem Teilanerkenntnisurteils vom 30.03.2006 zur Zahlung der geltend gemachten Beträge verpflichtet sei.
Er hat beantragt,
1. an ihn 13.969,43 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 07.06.2014 zu zahlen,
2. an ihn vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 526,58 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 07.06.2014 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Einrede der Verjährung erhoben.
Das Landgericht hat mit Urteil vom 04.05.2018, auf das wegen der tatsächlichen Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, der Klage in Höhe eines Betrages von 11.923,09 EUR stattgegeben und dem Kläger u.a. für die Zeit zwischen 2008 bis 2010 Ansprüche auf Ersatz von Fahrt- und Rezeptkosten als erforderliche Behandlungskosten zuerkannt. Die von Beklagtenseite erhobene Einrede der Verjährung hat es unter Verweis auf die 30jährige Verjährungsfrist des § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass § 197 Abs. 2 BGB auf den Sachverhalt keine Anwendung fände. Zwar würden die Kosten auf ein Dauerleiden zurückgehen, jedoch fielen sie aufgrund einzelfallbezogener und am konkreten Gesundheitszustand orientierter Rezepte an.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie ist der Ansicht, dass es sich bei den streitgegenständlich geltend gemachten Forderungen um "regelmäßig wiederkehrende Leistungen" i.S.d. § 197 Abs. 2 BGB handele, so dass die regelmäßige dreijährige Verjährungsfrist gelte. Sämtliche eingeklagten Behandlungskosten würden auf demselben Dauerschaden beruhen und regelmäßig wiederkehren. Es habe von Anfang an festgestanden, dass die Leistungen wegen der fortlaufenden und mehrfach erforderlichen Behandlung des Klägers in regelmäßigen Abständen wiederkehren. Da der Kläger erstmals seit 2007 wieder im Jahre 2014 Schadensersatzansprüche geltend gemacht habe, seien die in den Jahren 2008 bis 2010 entstandenen Ansprüche zwischenzeitlich verjährt.
Die Beklagte beantragt,
auf ihre Berufung das am 04.05.2018 verkündete Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg - 4 O 2844/14 - abzuändern und insgesamt wie folgt neu zu fassen:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.258,16 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 07.06.2014 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger 337,07 EUR (vorgerichtliche Anwaltskosten) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 07.06.2014 zu zahlen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil und vertritt die Auffassung, dass die geltend gemachten Ansprüche § 197 Abs. 2 BGB nicht unterfielen.
II. Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Sie ist unbegründet.
A. Das Landgericht hat zu Recht entschieden, dass der Kläger gegenüber der Beklagten aus dem Unfallereignis auch einen Anspruch auf Zahlung von Fahrt- und Rezeptkosten für die Jahre 2008 bis 2010 hat. Diese Ansprüch...