Leitsatz (amtlich)
Die gerichtliche Geltendmachung zur Wahrung der Frist des § 12 Abs. 3 S. 1 VVG kann nicht nur durch Erhebung der Leistungsklage auf Zahlung der Entschädigung, sondern grundsätzlich auch durch eine Feststellungsklage erfolgen. Diese muss aber auf Feststellung der Verpflichtung des Versicherers zur Leistung aus dem Versicherungsvertrag gerichtet sein; die Erhebung einer Klage auf Feststellung des Fortbestandes des Vertragsverhältnisses reicht angesichts des eindeutigen Wortlauts des § 12 Abs. 3 VVG hierzu nicht aus.
Verfahrensgang
LG Neubrandenburg (Urteil vom 11.08.2006; Aktenzeichen 3 O 446/04) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 11.8.2006 verkündete Urteil des LG Neubrandenburg (Az.: 3 O 446/04) wird auf seine Kosten, mit Ausnahme der Kosten der Nebenintervention, die die Nebenintervenientin selbst zu tragen hat, zurückgewiesen.
Streitwert der Berufung: bis 80.000 EUR.
Gründe
I. Der Kläger verlangt ob eines Schadenfalles von der Beklagten Leistungen aus einem Unfallversicherungsvertragsverhältnis. Am 2.8.2002 erlitt er bei dem Versuch, Ratten in einem Hundezwinger mit einer Diabolo-Pistole zu bekämpfen, eine schwere Verletzung, nachdem sich ein Schuss aus der Pistole gelöst hatte. Infolge der Zerstörung des linken Auges erblindete er auf diesem Sehorgan.
Nachdem der Kläger den Schaden gemeldet hatte, lehnte die Beklagte - nach vorheriger teilweiser Leistungsgewährung (allerdings vorbehaltlich irgendwelcher Rückforderungsansprüche) - ihre Einstandspflicht unter Berufung auf eine vorsätzliche Obliegenheitsverletzung nach §§ 9, 17 AUB ab und wies auf die Rechtsfolgen nach § 12 Abs. 3 VVG hin.
Mit einer bereits am 5.3.2004 beim LG Neubrandenburg eingegangenen Klage, verbunden mit einem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe, begehrte der Kläger die Verurteilung der Beklagten zu einer monatlichen Rentenzahlung i.H.v. 1.560,60 EUR aus dem Schadensereignis. Das LG lehnte die Gewährung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 14.4.2004 ab und legte die Akte nach der Aktenordnung weg, nachdem der Kläger weder Rechtsmittel gegen die ablehnende Entscheidung eingelegt noch einen Gerichtskostenvorschuss zur Klagezustellung eingezahlt hatte. Der Kläger betrieb das Verfahren nicht weiter.
Stattdessen erhob er im vorliegenden Verfahren unter dem 30.7.2004 eine Feststellungsklage mit dem Antrag festzustellen, dass der zwischen den Parteien geschlossene Unfallversicherungsvertrag und der daraus resultierende Versicherungsschutz unverändert fortbestehe und nicht durch Rücktritt der Beklagten beendet sei. Die Beklagte wies in der Erwiderung darauf hin, dass ein Rücktritt vom Versicherungsvertrag nicht erfolgt sei und meinte, die Feststellungsklage sei als unzulässig bzw. unbegründet abzuweisen. Schon zuvor war der Kläger vom erstinstanzlichen Gericht mit Verfügung vom 23.8.2004 auf Zweifel zur Zulässigkeit der Klage hingewiesen worden, da er nach dem Klagevortrag die Fortzahlung von Versicherungsleistungen begehre, und außerdem darüber schon eine Leistungsklage beim LG Neubrandenburg angebracht sei. In der ersten mündlichen Verhandlung am 30.9.2004 erging abermals ein Hinweis des Gerichts, wonach die Feststellung des Bestehens des Versicherungsvertrages keinen Einfluss auf die Leistungspflicht der Beklagten wegen des streitgegenständlichen Vorfalls habe, da nicht das Bestehen des Versicherungsvertrages bestritten werde, sondern lediglich der Eintritt des Versicherungsfalles und das Vorliegen einer Obliegenheitsverletzung streitig sei. Daraufhin stellte der Kläger seinen Feststellungsantrag in einen Leistungsantrag um.
Das LG wies die Klage ab. Begründend führte es aus, für den nunmehr geltend gemachten Leistungsanspruch sei die Klagefrist des § 12 Abs. 3 VVG versäumt, da er seine erste Klage nicht weiter betrieben und den Anspruch im hiesigen Rechtsstreit auf Leistung nach Ablauf der Frist von 6 Monaten geltend gemacht habe. Nachdem die Beklagte die Leistung mit Schreiben vom 23.3.2004, zugegangen am 25.4.2004 abgelehnt habe, sei die Klagefrist am 25.9.2004 abgelaufen. Im ersten Verfahren habe der Kläger sein Leistungsverlangen, nachdem das Gericht die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt habe, sein Begehren nicht weiter verfolgt, so dass jener Prozess für das vorliegende Verfahren keine Rechtswirkungen zeitige. Mit der Feststellungsklage vom 30.7.2004 sei ein Anspruch auf Leistung aus der Unfallversicherung nicht geltend gemacht worden. Der Klageantrag betreffe lediglich die Frage, ob der Versicherungsvertrag aufgrund eines vom Kläger behaupteten Rücktritts fortbestehe, nicht aber, ob wegen des behaupteten Versicherungsfalles Anspruch auf Versicherungsleistungen bestehe. Für die Einhaltung der 6-Monats-Frist des § 12 Abs. 3 VVG sei es nicht ausreichend, dass der Kläger Feststellungsklage auf Fortbestehen des Vertragsverhältnisses ob eines behaupteten Rücktritts des Versicherers erhoben habe und sich aus der Klagebegründung ergebe, dass er sich (zugleich) gegen die Leistungsablehnung aus dem ge...