Leitsatz (amtlich)
Bei Prüfung der Erfolgsaussicht der Berufung befasst sich das Berufungsgericht nicht mit der in der Berufungsinstanz durch den erstinstanzlich unterlegenen Kläger erweiterten Klage; es prüft insb. nicht deren Erfolgsaussicht. Mit Zurückweisung der Berufung durch Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO wird die Klageerweiterung wirkungslos.
Normenkette
ZPO § 522 Abs. 2, § 533
Verfahrensgang
LG Rostock (Urteil vom 10.01.2003; Aktenzeichen 4 O 289/99) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 10.1.2003 verkündete Urteil des LG Rostock (Az.: 4 O 289/99) wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die mit der Berufungsbegründung hilfsweise erhobene Widerklage ist wirkungslos.
Der Streitwert der Berufung beträgt 7.980,99 Euro.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt den Beklagten als Mieter eines in einem Einkaufszentrum gelegenen Ladenlokals auf Mietzahlung für die Monate Oktober 1997 bis August 1999 sowie auf Nachzahlung von Betriebskosten in Anspruch. Der Beklagte wandte Mietminderung wegen Sachmängel (Geräuschbelästigung sowie Herabfallen von Schnee und Eis vom Vordach über der Ladentür) ein und erhob Widerklage auf Beseitigung dieser Mängel. Das LG ließ die Minderung wegen eines mietvertraglich vereinbarten Ausschlusses nicht durchgreifen; es verurteilte den Beklagten zur Mietzahlung i.H.v. 7.980,99 Euro nebst Zinsen und zur Nachzahlung von Betriebskosten i.H.v. 349,00 Euro. Auf die Widerklage hin verurteilte es die Klägerin, dafür zu sorgen, dass von dem Vordach nicht Schnee und Eis vor die Eingangstür des von dem Beklagten gemieteten Ladenlokals fallen sowie eine Schalldämmung zu einem benachbarten Raum, in dem Billard gespielt wird, herzustellen.
Die Verurteilung zur Nachzahlung der Betriebskosten nimmt der Beklagte hin. Gegen die Verurteilung zur Mietzahlung wendet sich der Beklagte mit seiner zulässigen Berufung, zu deren Begründung er im wesentlichen vorträgt, das LG habe wegen Verstoßes gegen die Hinweispflicht die Verurteilung zur Mietzahlung nicht auf den vertraglichen Minderungsausschluss stützen dürfe. Hilfsweise erhebt er Widerklage mit dem Antrag, festzustellen, dass er berechtigt ist, aufgrund der bestehenden Mängel (Geräuschbelästigung sowie Herabfallen von Schnee und Eis vom Vordach über der Ladentür) für die Zeit von Oktober 1997 bis August 1999 die Miete i.H.v. 7.980,99 Euro zu mindern.
Mit Hinweis vom 10.4.2002 teilte der Senatsvorsitzende dem Beklagten mit, dass die Zurückweisung der Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO erwogen werde. Hier nahm der Beklagte mit Schriftsatz vom 14.5.2003 Stellung.
II. Die Berufung des Beklagten ist gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
1. Sie hat keine Aussicht auf Erfolg.
Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf einer Rechtsverletzung beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Da beides nicht ersichtlich ist, hält das Urteil den Berufungsangriffen stand.
a) Mit zutreffender Begründung lehnt das LG Mietminderung wegen Sachmängel ab. Minderung ist nach Teil II, § 14 Abs. 1 des schriftlichen Mietvertrages der Parteien ausgeschlossen. Dieser Ausschluss greift auch dann, wenn das Gericht den Sachmangel als erwiesen erachtet. Sinn des Minderungsausschlusses, der dem Mieter die Rückforderung überzahlter Miete belässt, ist es nämlich, den regelmäßigen Eingang der Mietzahlungen, auf die der Vermieter zur Abdeckung seiner Kosten angewiesen ist, zu gewährleisten.
Die Klägerin wäre allenfalls dann gehindert, sich auf diese Klausel zu berufen, wenn sie den Minderungseinwand anerkannt hätte. Hierzu genügt nicht, dass der Sachmangel unstreitig ist, vielmehr muss auch Einvernehmen der Vertragsparteien über den Umfang der Mietminderung herrschen. Dies ist nicht der Fall. Das von dem Beklagten erwähnte Schreiben der Vermieterin vom 13.11.1995 (Anlage B 1) enthält weder die Anerkennung von konkreter Sachmängel noch das Anerkenntnis der Mietminderung.
b) Aus prozessualen Gründen war das LG nicht gehindert, den Beklagten zur Zahlung der ungeminderten Miete zu verurteilen. Gegen seine Hinweispflicht gem. § 139 ZPO hat es nicht verstoßen.
Der Beklagte trägt in der Berufungsbegründung selbst vor, dass der zuerst mit dem Rechtsstreit befasste Einzelrichter am 16.2.2000 die Problematik der Minderungs- und Aufrechnungsbeschränkung erörtert habe, ohne seine Auffassung hierzu erkennen zu geben. Schon aufgrund dieses ersten richterlichen Hinweises musste der Beklagte damit rechnen, dass der Minderungseinwand nicht durchgreifen könne; gleichwohl sah er keinen Anlass, den nunmehr mit der Berufungsbegründung angekündigten Antrag auf Feststellung der Minderung zu stellen.
Den ersten richterlichen Hinweis hat das LG nicht zurückgenommen. In ihrer dienstlichen Äußerung, zu deren Einholung sich der Senat aufgrund des Schriftsatzes des Beklagten vom 14.5.2003 veranlasst sah, erklärt die Einzelrichterin, dass sie in der Verhandlung am 12.6.2002 den vertraglichen Minderungsausschluss und dessen Zulässigkeit erörtert habe...