Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen für den Anspruch auf Überlassung der gemeinsam genutzten Wohnung zur alleinigen Nutzung nach dem GewSchG
Leitsatz (redaktionell)
Ein Anspruch auf Überlassung der ehemals gemeinsam genutzten Wohnung zur alleinigen Nutzung nach dem GewSchG besteht nur dann, wenn der Antragsgegner vorsätzlich den Körper, die Gesundheit oder die Freiheit der Antragstellerin widerrechtlich verletzt hat.
Normenkette
GewSchG § 2 Abs. 1, § 1 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
AG Demmin (Beschluss vom 03.03.2006; Aktenzeichen 19 F 64/05) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des AG Demmin vom 3.3.2006 - 19 F 64/05, geändert und der Antrag der Antragstellerin auf Regelung der Benutzung der gemeinsamen Wohnung abgewiesen.
Die Gerichtskosten trägt die Antragstellerin; sie hat die dem Antragsgegner entstandenen Kosten zu erstatten.
Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei.
Gründe
A. Der Antragsgegner wendet sich mit der Beschwerde gegen die vom AG angeordneten Maßnahmen nach dem Gewaltschutzgesetz, hier Wohnungsüberlassung und Räumungsverpflichtung.
Die Parteien haben eine eheähnliche Lebensgemeinschaft geführt. Aus der Verbindung stammen die gemeinsamen minderjährigen Kinder, V., geb. ..., und A., geb. am ... Die Parteien bewohnten während ihrer Lebensgemeinschaft ein im Alleineigentum der Antragstellerin befindliches Haus. Dort leben auch in einer separaten Wohnung die Eltern der Antragstellerin.
Auf Antrag der Antragstellerin erließ das AG nach Anhörung der Parteien am 3.3.2006 einen Beschluss mit folgendem Tenor:
"... 1. Die im Anwesen ..., im Erdgeschoss befindliche Wohnung, bestehend aus einem Schlafzimmer, einem Wohnzimmer mit Küche und Wintergarten, zwei Kinderzimmern, einem Durchgangszimmer, einem Bad, einem Flur, einem Gäste-WC, einem Büroraum wird der Antragstellerin zur alleinigen Nutzung zugewiesen.
2. Der Antragsgegner hat den vorbezeichneten Wohnraum zu räumen und an die Antragstellerin herauszugeben.
3. Die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung wird angeordnet. ..."
Wegen der erstinstanzlichen Feststellungen und Entscheidungsgründe nimmt der Senat auf den angefochtenen Beschluss Bezug.
Gegen diesen Beschluss wendet sich der Antragsgegner mit seiner Beschwerde.
Er bestreitet, am 24.12.2005 ggü. der Antragstellerin ernsthaft am Telefon erklärt zu haben, das Haus mit einem Radlader zusammenschieben zu wollen. Im Übrigen habe er nie die Absicht gehabt, dauerhaft in der Wohnung zu verbleiben. Er habe diese zwischenzeitlich verlassen und geräumt. Er lebe derzeit im Hotel. Er sei lediglich zur Ausübung seiner Geschäfte auf den im Haus befindlichen Büroraum angewiesen.
Der Antragsgegner beantragt, den Beschluss des AG Demmin - FamG - vom 3.3.2006 - 19 F 64/05, zu ändern und den Antrag der Antragstellerin abzuweisen.
Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss und trägt vor, zwar wohne der Antragsgegner seit dem 3.3.2006 nicht mehr in ihrem Haus. Es sei jedoch keine Erfüllung bzw. Erledigung in Bezug auf die Verpflichtung zur Räumung und Herausgabe des Wohnraumes eingetreten. Der Antragsgegner habe nicht geräumt. Er habe noch persönliche Sachen in dem Büroraum gelassen. Er habe die in Ziff. 1 des angefochtenen Beschlusses bezeichneten Räumlichkeiten nicht an sie herausgegeben und auch die Schlüssel für Haus und Wohnung nicht übergeben. Der Antragsgegner könne nicht pauschal bestreiten, ihr am 24.12.2005 in Aussicht gestellt zu haben, ihr Haus mit einem Radlader zusammenzuschieben. In seiner eidesstattlichen Versicherung vom 19.1.2006 habe er eingestanden, nicht zu wissen, was er ihr am 24.12.2005 gesagt habe bzw. in welcher Weise er sie beschimpft habe, weil er eine Flasche Goldbrand ausgetrunken hatte.
B. Die gem. § 621e Abs. 1 ZPO statthafte Beschwerde ist zulässig. Zwar ist sie entgegen §§ 621e Abs. 3, 519 Abs. 1 ZPO nicht bei dem OLG, sondern bei dem AG eingelegt worden. Das AG hat die Weiterleitung der Beschwerdeschrift durch Verfügung vom 14.3.2006 veranlasst, so dass diese noch rechtzeitig vor Ablauf der Beschwerdefrist am 20.3.2006 bei dem OLG eingegangen ist (vgl. Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 25. Aufl., § 519 Rz. 14, m.w.N.).
Die Beschwerde ist auch begründet.
Gemäß § 2 Abs. 1 GewSchG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1GewSchG besteht ein Anspruch der Antragstellerin gegen den Antragsgegner, mit dem sie einen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt geführt hat, jedoch nicht verheiratet ist, ihr die gemeinsam genutzte Wohnung zur alleinigen Nutzung zu überlassen nur dann, wenn der Antragsgegner vorsätzlich den Körper, die Gesundheit oder die Freiheit der Antragstellerin widerrechtlich verletzt hat.
Unter Körperverletzung ist hier der Eingriff in die körperliche Unversehrtheit zu verstehen, also jede Störung der körperlichen, geistigen oder seelischen Lebensvorgänge. Auch psychische Gewalt kann zu einer Körperverletzung führen, wenn sie sich körperlich auswirkt, z.B. in Schlaflosigkeit, Zittern oder Appetitlosigkeit.
Eine Verletzu...