Entscheidungsstichwort (Thema)
Obhut über einen anvertrauten Fahrzeugschlüssel
Leitsatz (amtlich)
Der Versicherungsnehmer, der einen Fahrzeugschlüssel in einem Kleidungsstück (Jacke) verstaut, und diese unbeaufsichtigt in einer Discothek belässt, handelt grob fahrlässig bei der Obhut über ein ihm anvertrautes Fahrzeug, so dass der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung aus dem eingetretenen Versicherungsfall frei wird.
Normenkette
VVG § 67; AKB § 15 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Rostock (Urteil vom 30.10.2003; Aktenzeichen 9 O 249/03) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des LG Rostock vom 30.10.2003 - Az.: 9 O 249/03 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Der Streitwert wird auf 28.706,89 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Berufung war gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Sie hat keine Aussicht auf Erfolg.
I. Der Senat hat bereits mit Beschluss vom 14.9.2004 folgende Hinweise erteilt:
Zu Recht hat das LG der Klage auf Zahlung von 28.706,89 EUR aus §§ 280, 823 BGB i.V.m. § 67 VVG stattgegeben. Zutreffend rügt der Beklagte allerdings, dass die Haftung des Beklagten nach § 15 Abs. 2 AKB auf grobe Fahrlässigkeit beschränkt war. Der Berufung bleibt gleichwohl der Erfolg versagt, weil das LG mit zutreffender Begründung - der sich der Senat vollen Umfangs anschließt und die er sich zu Eigen macht - eine grobe Fahrlässigkeit des Beklagten bei der Obhut über das ihm anvertraute Fahrzeug bejaht hat.
1. Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders hohem Maße außer Acht lässt und schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht anstellt und das nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss. Dabei ist das Verstauen des Schlüssels in der Jacke als solche nicht zu beanstanden. Vorzuwerfen ist dem Beklagten vielmehr, dass er die Jacke unbeaufsichtigt in der Diskothek hat liegen lassen. Soweit der Beklagte behauptet, die Jacke "versteckt" zu haben, genügt dies den Anforderungen nicht.
Zutreffend hat das LG ausgeführt, dass insb. in Diskotheken aufgrund der einfachen Zugriffsmöglichkeiten, der Anonymität der Besucher und der fehlenden Übersichtlichkeit regelmäßig mit Diebstählen von herumliegenden Kleidungsgegenständen gerechnet werden muss; auch ist damit zu rechnen, dass die Räumlichkeiten unauffällig abgesucht werden; ein Verstauen von Kleidungsstücken unter oder in einer Sitzecke ist nicht geeignet, diese Möglichkeit zu unterbinden, da die Jacke auch dann dem Zugriff unberechtigter Dritter ausgesetzt ist (OLG Düsseldorf NZV 2004, 411, zu einem abgestellten Rucksack). Der Beklagte geht in seiner Auffassung fehl, wenn er meint, dass sich Diebstähle allein auf die Kleidungsgegenstände und Wertgegenstände, nicht aber auf Schlüssel beziehen. Insbesondere werden Diskotheken, weil sie regelmäßig spätabends aufgesucht werden, mit Fahrzeugen angefahren. Dementsprechend liegt es für - potentielle - Diebe nahe, in aufgefundenen Kleidungsstücken nach Schlüsseln zu suchen (OLG Hamburg v. 11.11.1994 - 14 U 129/94, VersR 1995, 1347, Belassen einer Lederjacke im Umkleideraum eines Fitnessstudios; OLG Karlsruhe Schaden-Praxis 2002, 394, m.w.N.). Nachdem die Schlüssel aufgrund der technischen Entwicklung bei neueren Fahrzeugen regelmäßig mit elektronischen Schließmechanismen - wie auch vorliegend - ausgestattet sind, ist auch das Auffinden dieser Fahrzeuge für den Dieb erheblich erleichtert, da ein umständliches und auffälliges Aufschließen mehrerer möglicher Fahrzeuge entfällt, das konkrete Fahrzeug vielmehr durch bloßes Abgehen unter unauffälligem Bedienen des Türöffnungsmechanismusses am Schlüssel leicht gefunden werden kann. Auch ist es nicht unüblich, dass bei dem Auffinden von Schlüsseln hochwertiger Fahrzeuge nach diesen gesucht wird. Dieses Umstandes hätte sich der Beklagte bewusst sein müssen (vgl. LG Offenburg, Urt. v. 28.5.2003, NJOZ 2003, 2357, m.w.N.).
Es kann dementsprechend dahinstehen, ob der Beklagte tatsächlich damit rechnen musste, von einem zu einem Diebstahl bereiten Täter bereits beim Abstellen des Fahrzeuges beobachtet worden zu sein; der Senat teilt aber auch insoweit die Auffassung des LG, dass dies angesichts des hochwertigen Fahrzeuges in die Sicherungsüberlegungen des Beklagten hätte einbezogen werden müssen.
2. Zu Recht auch hat das LG den Vortrag des Beklagten, er habe den Zeugen B. mit der Aufsicht über die Jacke betraut, wegen der Widersprüchlichkeit seiner einzelnen Darstellungen unberücksichtigt gelassen; dementsprechend war eine Beweiserhebung nicht veranlasst. Vielmehr ist anzunehmen, dass der Beklagte die Jacke tatsächlich unbeaufsichtigt gelassen hat. Hinsichtlich der Einzelheiten der Würdigung des Vortrages nimmt der Senat ausdrücklich Bezug auf die Ausführungen in den Entscheidungsgründen des landgerichtlichen Urteils. Nach der Lebenserfahrung ist nicht nachvollziehbar, dass der Beklagte der Versicherung nicht mitgeteilt hätte, einen Dritten mit der Aufsicht betraut zu haben, sondern sich stattdessen darauf beschränkte zu erklären, er habe d...