Leitsatz (amtlich)

1. Haben alle Prozessparteien einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO zugestimmt, ist diese Zustimmung nicht mehr frei widerruflich.

2. Hinweise des Gerichts nach § 139 Abs. 2 ZPO können im Einzelfall zu einer wesentlichen Änderung der Prozesslage führen.

3. Im laufenden Mietverhältnis stellt § 536a BGB gegenüber §§ 280 ff. BGB lex speciales dar.

4. Die anfängliche Garantiehaftung des § 536a Abs. 1 erste Fallgruppe BGB können die Parteien vertraglich abbedingen.

5. Ein baulicher Mangel kann auch dann schon einen mietrechtlichen Mangel darstellen, wenn aufgrund des Baumangels eine Gebrauchsbeeinträchtigung ernsthaft droht, die Mietsache also nur in begründeter Gefahrbesorgnis benutzt werden kann.

Hat der Vermieter die Beseitigung nicht unverzüglich beauftragt, endet sein Verzug jedenfalls mit der Beseitigung des Mangels. Dabei ist nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen, ob dies nur die Beseitigung der Mangelsymptome oder auch eine Erforschung und Beseitigung der Ursachen erfordert. Treten wiederholt gleichartige Mängel auf, kann der Vermieter gehalten sein, die Ursachen in der Weise zu beseitigen, dass er durch eine Sanierung die beeinträchtigungslose Nutzungsmöglichkeit herstellt. Ist nach den Umständen des Einzelfalles nach Beseitigung der Symptome nicht mit einem wiederholten Auftreten des Mangels zu rechnen, kann sich der Vermieter hierauf beschränken.

 

Verfahrensgang

LG Schwerin (Aktenzeichen 3 O 380/13)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Schwerin vom 20.09.2018 - 3 O 380/13 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das in Ziffer 1. genannte Urteil und dieses Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem jeweiligen Titel vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 57.064,89 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt - soweit für das Berufungsverfahren noch von Interesse - von der Beklagten Schadensersatz im Zusammenhang mit einem Gewerberaummietvertrag.

Die Parteien schlossen unter dem 31.03.2009 einen Mietvertrag über eine Ladenfläche mit Lagerraum zum Betrieb eines Modegeschäftes, welche der Kläger bereits seit 1994 nutzte. Das Mietverhältnis endete am 31.05.2011. In § 27 des Mietvertrages heißt es:

"Der Vermieter haftet bei einer Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, des Eigentums oder des Vermögens des Mieters, die ein bei Abschluss des Mietvertrags vorhandener oder angelegter Sachmangel des Mietobjektes verursacht, nicht, es sei denn,

a) Ihn trifft ein Verschulden

b) Er beseitigt den Mangel nach Kenntnis nicht unverzüglich und dem Mieter entsteht hierdurch ein Schaden."

Im Januar 2010 kam es im Bereich der Decke des Lagerraums zu einem Wasserschaden, der einen Durchbruch einiger Deckenplatten zur Folge hatte. Am 21.12.2010 und 30.12.2010 kam es im Bereich der Decke des Lagerraums zu erneuten Wasserschäden, wobei wiederum Deckenplatten durchbrachen. Die Deckenplatten fielen auf die eingelagerte Textilware und durch die Öffnung in der Decke trat Wasser in den Lagerraum ein, welches die Textilware durchnässte.

Der Kläger beauftragte seine Prozessbevollmächtigten mit der außergerichtlichen Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegenüber der Beklagten. Hierdurch entstanden Kosten in Höhe von 1.479,90 EUR netto.

Der Kläger hat behauptet, die Ursache für alle Schadensereignisse sei ein und derselbe Konstruktionsfehler, nämlich eine sogenannte innenliegende Entwässerung von Regen- und Schmelzwasser. Diesen Fehler habe die Beklagte nach dem Schadensfall im Januar 2010 nicht beseitigt, sondern nur eine Notreparatur durchführen lassen, bei welcher nur die beschädigten durch neue Deckenplatten ersetzt worden seien.

Durch das Schadensereignis vom 21.12.2010 und 30.12.2010 sei Ware beschädigt worden, was zur Folge gehabt habe, dass sie nur zu einem geringeren Preis habe verkauft werden können. Der erzielte Verkaufserlös liege 51.116,09 EUR (ohne Umsatzsteuer) unter dem Verkaufserlös, der erzielbar gewesen wäre, wenn die Ware nicht beschädigt worden wäre.

Für die Aufnahme der Schäden und die Sicherung der Ware vor weiteren Schäden habe er eine Drittfirma und eine Aushilfskraft heranziehen müssen. Dadurch seien zusätzliche Kosten von 3.213,00 EUR bzw. 386,50 EUR entstanden.

Die Beklagte hat behauptet, das Schadensereignis im Dezember 2010 habe eine andere Ursache gehabt als das Schadensereignis im Januar 2010. Im Dezember 2010 habe sich der Anschluss des Fallrohres an den Dachablauf oberhalb der Lagerfläche aufgrund starken Frostes gelöst und sei eine Rohraufhängung durchgebrochen, wodurch Wasser in den Bereich oberhalb der Decke des Lagerraums eingetreten und von dort auf die eingelagerte Ware getropft sei. Der Mindererlös aus dem Verkauf der beschädigte...

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