Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirtschaftlichkeitsgebot für das Gewerberaummietverhältnis

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das Wirtschaftlichkeitsgebot bedeutet, dass der Vermieter angehalten ist, im Rahmen eines gewissen Ermessensspielraums möglichst wirtschaftlich vorzugehen. Er muss bei allen Maßnahmen und Entscheidungen, die Einfluss auf die Höhe der Betriebskosten haben, auf ein angemessenes Kosten-Nutzen-Verhältnis Rücksicht nehmen.

2. Im Umfang der umgelegten Kosten, die dem Wirtschaftlichkeitsgebot entsprechen, wird der Mieter hingegen auch bei Verletzung des Wirtschaftlichkeitsgebotes im Übrigen nicht von der Zahlungsverpflichtung frei.

3. Macht der Mieter die Verletzung des Wirtschaftlichkeitsgebotes geltend, muss er Umstände vortragen und unter Beweis stellen, die den vielfältigen, je nach Region bzw. Kommune unterschiedlichen Bedingungen des Vermietungsmarkts sowie den unterschiedlichen tatsächlichen Gegebenheiten des jeweils in Rede stehenden Anwesens hinreichend Rechnung tragen.

4. Macht der Mieter geltend, der Vermieter habe die Leistung des Verwalters überteuert eingekauft, muss sich aus seinem Vortrag ergeben, dass die konkret in Anspruch genommene Leistung in der Region üblicherweise günstiger zu erhalten ist. Dabei sind an den Vortrag des Mieters, insbesondere dann, wenn es sich wie bei der Höhe eines Pauschalpreises für Leistungen des Vertragspartners des Vermieters um Umstände handelt, die der Mieter auch nach Belegeinsicht nicht auf ihre Angemessenheit überprüfen kann, keine übertriebenen Anforderungen zu stellen. Zumindest aber muss sein Vortrag erkennen lassen, dass er nachvollziehbar zu dem Schluss gelangt ist, der Vermieter habe einen überhöhten Preis für die zugrunde liegende Leistung bezahlt.

 

Verfahrensgang

LG Neubrandenburg (Urteil vom 25.08.2006; Aktenzeichen 2 O 179/05)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 17.12.2014; Aktenzeichen XII ZR 170/13)

 

Tenor

1. Das mit Urteil des Senats vom 10.4.2008 abgeänderte Urteil des LG Neubrandenburg vom 25.8.2006 - 2 O 179/05 - wird weiter abgeändert und die Beklagte verurteilt, weitere 3.898,62 EUR nebst Zinsen hierauf i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 8.9.2005 zu zahlen.

2. In Abänderung des Kostenausspruchs des Senatsurteils vom 10.4.2008 tragen von den Kosten erster Instanz die Klägerin 16 % und die Beklagte 84 % mit Ausnahme der Kosten der Säumnis der Klägerin im Termin vom 21.4.2006, die die Klägerin allein trägt. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 18 % und die Beklagte zu 82 %. Die Kosten der Revision fallen der Beklagten zur Last.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch die jeweils andere Partei durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die andere Partei Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

5. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird für die Zeit bis zur Zurückverweisung durch den BGH auf 6.000 EUR und hiernach auf 3.898,62 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt - soweit für die Entscheidung des Senats noch von Relevanz - von der Beklagten anteilige Betriebskostennachzahlungen für von der Klägerin berechnete Verwaltungskosten für die Jahre 2002, 2003, 2004 i.H.v. jeweils 1.299,54 EUR.

Wegen der erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen und der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils nimmt der Senat auf dieses gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug. Ergänzend nimmt der Senat Bezug auf sein Urteil vom 10.4.2008.

Mit Urteil vom 10.4.2008 hat der Senat die Berufung der Klägerin u.a. im Umfang der vorbezeichneten Verwaltungskosten zurückgewiesen, da er die entsprechende vertragliche Vereinbarung zur Umlegbarkeit der Verwaltungskosten als unwirksam erachtet hat. Allein betreffend die Verwaltungskosten hat die Klägerin Revision eingelegt, auf welche der BGH mit Urteil vom 24.2.2010 in diesem Umfang das Senatsurteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung über die Verwaltungskosten an den Senat zurückverwiesen hat.

Zur Begründung ihrer Berufung, mit welcher sie ihren Anspruch auf Nachzahlung von 3.898,62 EUR für Verwaltungskosten weiter verfolgt, trägt die Klägerin vor, die geltend gemachten Kosten seien angefallen, bezahlt und die Rechnungen hierfür vorgelegt worden. Das LG stelle übertrieben hohe Anforderungen an den anspruchsbegründenden Vortrag der Klägerin. Die Beklagte habe keinen Anspruch auf die Darlegung, welche Arbeiten die Klägerin an den Verwalter in Auftrag gebe und welche Vergütung sie vereinbare. Wegen der in dem Pauschalpreis für die Verwaltung enthaltenen Arbeiten verweist die Klägerin auf die Verwaltervollmacht, die sie als Anlage K 29 abgereicht hat.

Die Beklagte behauptet zunächst, die von der Klägerin geltend gemachten Kosten seien völlig unangemessen, so dass die Klägerin gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoße. In einem so kleinen Mietobjekt, in dem die Mieter konstant seien, ...

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