Leitsatz (amtlich)
1. Auf Grund der Beschädigung eines im Erdreich verlegten Lichtwellenleiterkabels besteht keine Verpflichtung des Schädigers, zusätzlich zu den Kosten der Notreparatur des Kabels auch die Kosten zu ersetzen, die für einen Austausch der Regellänge erforderlich sind.
2. Gemäß § 251 Abs. 1 BGB hat der Geschädigte gegen den Schädiger auf Grund der technischen Verschlechterung, die er ohne einen Austausch der Regellänge hinnehmen muss, einen Ersatzanspruch wegen eines technischen Minderwertes.
3. Der Höhe nach bemisst sich der Minderwert nach dem Umfang der von dem Geschädigten hinzunehmenden nachteiligen Auswirkungen, die gem. § 287 ZPO geschätzt werden können. Ansatzpunkt hierfür sind die reparaturbedingte Dämpfungserhöhung und der das Betriebsrisiko erhöhenden Anteil für zusätzlich in das Netz eingeführte Kabelmuffen - auf eine adäquate Kabellänge umgerechnet und in Geld bewertet.
Normenkette
BGB § 251 Abs. 1; ZPO § 287
Verfahrensgang
LG Schwerin (Urteil vom 26.11.2009; Aktenzeichen 3 O 800/06) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird - unter Zurückweisung ihres weitergehenden Rechtsmittels - das Urteil des LG Schwerin vom 26.11.2009 - 3 O 800/06, abgeändert und wie folgt gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 29.773,38 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.9.2004 abzgl. am 28.12.2006 gezahlter 16.521,41 EUR, mithin 13.251,97 EUR zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Von den Kosten der I. Instanz tragen die Klägerin 1/4 und die Beklagte 3/4.
Die Kosten der Berufung werden der Klägerin zu 1/3 und der Beklagten zu 2/3 auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Wert der Berufung beträgt bis 21.000 EUR.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte, die am 9.12.2003 bei Ausschachtungsarbeiten an der ... in ... in Höhe des Hauses Nr ... eine von der Klägerin vermietete Kabelschutzrohranlage beschädigt hat, auf Schadensersatz in Anspruch. Die Einstandspflicht der Beklagten ist dem Grunde nach unstreitig. Die Klägerin ließ das zerstörte Lichtwellenleiterkabel noch am 9.12.2003 durch Einspleißen einer Teillänge von ca. 100 m unter Einsatz zweier sog. Reparaturmuffen reparieren. Die hierfür aufgewendeten Kosten i.H.v. 15.734,68 EUR zzgl. einer Verwaltungskostenpauschale i.H.v. 786,73 EUR hat die Haftpflichtversicherung der Beklagten nach Zustellung der Klage am 28.12.2006 bezahlt. Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin von der Beklagten darüber hinaus die Kosten ersetzt verlangen kann, die für einen Austausch des Kabels auf Regellänge erforderlich sind.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes nimmt der Senat Bezug auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung.
Das LG Schwerin hat gem. § 358a ZPO ein schriftliches Sachverständigengutachten des Dipl.-Ing ... vom 26.6.2009 eingeholt (Bd. II, Bl. 209 f.) und am 26.11.2009 durch Urteil im schriftlichen Verfahren entschieden. Es hat die Beklagten verurteilt, an die Klägerin 37.491,31 EUR nebst Zinsen abzgl. am 28.12.2006 gezahlter 16.521,41 EUR zu zahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass sich der Umfang des Schadensersatzes nach § 249 BGB richte. Danach könne die Klägerin von der Beklagten die Wiederherstellung des früheren Zustandes verlangen. Sie habe nicht nur einen Anspruch auf Schadensersatz wegen der für die provisorische Notreparatur aufgewendeten Kosten, sondern auch in Höhe der Kosten, die für die dann noch technisch notwendige vollständige Wiederherstellung des früheren Zustandes durch Austausch der Regellänge erforderlich seien. Aufgrund des Sachverständigengutachtens stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die am 9.12.2003 durchgeführte Reparatur in technischer Hinsicht nicht der erforderlichen Wiederherstellung des früheren Zustandes entspreche.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie ist der Ansicht, dass die Klägerin über den gezahlten Betrag hinaus weiteren Schadensersatz nicht beanspruchen könne. Die wirtschaftliche Brauchbarkeit und Nutzbarkeit des Kabels seien nach der Reparatur, die ihre Haftpflichtversicherung bezahlt habe, so wie vor dem Schadensereignis. Die Klägerin habe nach erfolgter Reparatur weder im vorliegenden Fall, noch in einem anderen Schadensfall einen Austausch der beschädigten Regellänge des Kabels beabsichtigt oder vorgenommen. Die vom Sachverständigen dargestellten Einschränkungen nach erfolgter Reparatur seien technische und theoretische Minderleistungen in Randbereichen, die in der Praxis keine Rolle spielten. Dementsprechend könne die Klägerin auch nicht darlegen, dass und wie die Leistung für die Endkunden konkret eingeschränkt sei. Nicht nachvollziehbar sei die Ansicht des LG, dass sie - die Beklagte - zur Frage der Wertminderung nicht ausreichend vorgetragen habe. Auch habe das LG ihren Vortrag unbeachtet gelassen, wonach bei bestehender Notwendigkeit des Austausches der Regellänge diese von Anfang an hätte ausgetauscht werden müssen. Dies sei keine F...